Graf lehnte auch jegliche Entschuldigung für seine Aussagen ab. Eine Gesetzesänderung zur Abwahl des Präsidiums scheiterte an ÖVP, BZÖ und FPÖ.
Die von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) anlässlich der Causa Martin Graf am Donnerstag einberufenen Sonderpräsidiale ist am Abend ergebnislos zu Ende gegangen. Die fünf Parlamentsfraktionen konnten sich auf kein gemeinsames Vorgehen rund um den wegen seiner Attacken auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, heftig kritisierten Dritten Nationalratspräsidenten einigen. Damit kommt es weder zu einer Änderung der Geschäftsordnung, die eine Abwahl des Präsidiums ermöglichen könnte, noch wird Prammer Graf im Alleingang vom Vorsitz entlassen. Auch gab es von Graf keine Entschuldigung.
"Wir haben alles diskutiert und versucht, haben aber keine Mehrheit in der Präsidiale gefunden", sagte Prammer im Anschluss an die Sitzung. Die Präsidentin räumte zwar ein, dass sie im Alleingang Graf vom Vorsitz entlassen könnte. Sie werde dies aber nicht tun: "Ich verstehe dieses Haus als Haus der Demokratie", ein Alleingang ohne entsprechende Mehrheit wäre daher ein "inadäquates Mittel".
An ÖVP, BZÖ und FPÖ gescheitert
Gescheitert sei
eine Einigung an ÖVP, BZÖ und FPÖ. Die Verantwortung liege nun nicht mehr
bei ihr, sie habe alles getan, so Prammer. Man habe Graf auch aufgefordert,
sich "mit dem Ausdruck des Bedauerns" zu entschuldigen, dies sei
von ihm aber "definitiv in Abrede gestellt worden". Erledigt wäre
die Sache für Prammer aber auch nach einer Entschuldigung Grafs nicht,
vielmehr bedürfe es auch einer anderen Grundhaltung.
Keine Entschuldigung
Graf selbst erklärte nach der Sitzung, eine
Entschuldigung hätte niemand in der Präsidiale gefordert, "einige
Mitglieder" hätten gemeint, er solle seine Worte zurück nehmen. Er gehe
nun weg, "in dem Bestreben, darüber nachzudenken". Er gehe
aber nicht davon aus, dass er sich für etwas, "was inhaltlich
richtig ist", zu entschuldigen bereit sei. Einer Abwahl-Möglichkeit des
Präsidiums erteilte er erneut grundsätzlich eine Absage: Mit ihm könne man
hier nicht rechnen. "Das ist wohlweislich in der Geschäftsordnung so
verankert wie es ist."
"Eure Schande heißt Graf"
Der Dritte
Nationalratspräsident Martin Graf (F) und nicht - wie vorgesehen - das
Budget hat auch am dritten Plenartag dieser Woche viel Staub im Hohen Haus
aufgewirbelt. Klubobfrau Eva Glawischnig stellte im Nationalrat einen Antrag
vor, der die Möglichkeit zur Absetzung von Nationalratspräsidenten bei
Zwei-Drittel-Mehrheit und Anwesenheit von mindestens der Hälfte der
Abgeordneten vorsieht. Vorgetragen wurde der Antrag just zu dem Zeitpunkt,
als Graf den Vorsitz in der Budgetsitzung übernommen hatte. Gekleidet hatten
sich die Grün-Abgeordneten mit den bekannten T-Shirts "Eure
Schande heißt Martin Graf".
"Opfer einer bewussten Hetze"
In die Presche für Graf
sprang sein Parteichef Heinz-Christian Strache der den Dritten
Nationalratspräsidenten als "Opfer" bezeichnete. Er sprach
auch von "unglaublichen Entgleisungen", "unfassbaren
Unglaublichkeiten" und einer "bewussten methodischen Hetze gegen
uns Freiheitliche". Muzicant geriere sich zudem wie ein
Parteipolitiker. Dabei habe gerade er, Strache, immer den Dialog mit allen
anderen gesucht.
Muzicant meldet sich zu Wort
Aber der eigentliche Betroffene,
Muzicant, meldete sich zu Wort. Er stand weiter zu seinen Vergleich von
FP-Generalsekretär Herbert Kickl mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels -
auch wenn dieser "überzogen" gewesen sei: "Kickl ist
einer der Haupttäter beim Hetzen." Zur diskutierten Abwahl Grafs
wollte er "keine Ratschläge erteilen", die Verantwortung
liege bei der Politik. Muzicant glaubt aber, dass Grafs Ansehen so
beschädigt sei, dass dieser im Inland und im Ausland Schwierigkeiten haben
werde, "als Funktionsträger anerkannt zu werden".
Fischer warnt vor "Grenzüberschreitungen"
Bundespräsident
Heinz Fischer hat sich am Donnerstagabend indirekt in der Causa Graf zu Wort
gemeldet. Er wolle keine "billige Anklage und keine pauschale Schelte"
üben, betonte der Präsident im Rahmen einer Journalistenpreisverleihung. Die
Meinungsfreiheit der Kritik sei schließlich eines der kostbarsten Güter der
Demokratie, andererseits gebe es eine Grenze zwischen scharfer und
pointierter Kritik und einer Ausdrucksweise die "von betroffenen
Menschen als in der Nähe der Verhetzung angesiedelt empfunden wird und ihnen
Angst macht". Diese Grenze dürfe nicht überschritten werden, auch wenn
sie "nicht leicht zu definieren ist".