Hartinger-Klein:

Sozialversicherungs-Fusion noch heuer

03.01.2018

Bauern & Gewerbetreibende mit 1.1. 2019 zusammen.

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Die neue Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) drückt bei der Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger aufs Tempo. Noch heuer sollen die Anstalten der Bauern und der Gewerbetreibenden fusioniert werden. Mit 1. Jänner 2019 soll die Zusammenlegung wirksam werden, kündigte Hartinger-Klein im APA-Interview an.
 
Die Fusion der Sozialversicherungsanstalten der Bauern (SVB) und der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) war schon vor einigen Jahren fix und fertig ausverhandelt. Gescheitert sei sie damals an der Diskussion, wer wie viel zu sagen hat. Hartinger-Klein ist aber überzeugt, dass diesmal die Patienten in den Mittelpunkt gestellt werden, und nicht die Machtpositionen.

Regierungsprogramm: Maximal 5 Sozialversicherungsträger

Insgesamt ist im Regierungsprogramm vorgesehen, dass es künftig maximal fünf Sozialversicherungsträger geben soll. Hartinger-Klein hofft, das in dieser Legislaturperiode über die Bühne zu bringen. Es könnte aber auch zwei Perioden dauern, schränkt sie ein. Sie will für diesen Prozess jedenfalls alle Systempartner einladen. Ihr geht es dabei weniger um Einsparungen - Hartinger-Klein rechnet mit zehn bis 20 Prozent - sondern vor allem um eine Harmonisierung der Leistungen für die Patienten und um die Abschaffung der Mehrfachversicherungen.
 
Dass es sich bei der geplanten Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen um einen Etikettenschwindel handeln könnte, weil die Budgetautonomie und die Rücklagen bei den Ländern bleiben sollen, weist die Ministerin zurück. Es werde in allen Bundesländern Landesstellen geben, weil man etwa die Arztstellen nur dezentral planen könne. Die derzeit fünf Rechenzentren oder die Personalverrechnung sollen aber künftig zentral gemacht werden.

Arzttarife können unterschiedlich bleiben

Für die Versicherten müssten die Leistungen harmonisiert werden, die Tarife der Ärzte könnten unterschiedlich bleiben. Es soll zwar einen österreichweiten Gesamtvertrag mit der Bundes-Ärztekammer geben, aber für die Zu- und Abschläge und für die Stellenpläne brauche es auch die Landes-Ärztekammern weiter.
 
Geplant ist auch die Schaffung eines Verwaltungsrates mit Bundesvertreter. Damit werde die Selbstverwaltung aber nicht zurückgedrängt, versicherte die Ministerin. Es gehe um mehr Effizienz. Ein solcher Verwaltungsrat war schon unter der ersten schwarz-blauen Regierung geplant, ist dann aber nicht zustandegekommen. Hartinger-Klein will das jetzt "auf neue Beine stellen".
 
Dass von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) bis Ende 2018 ein Reformkonzept mit Einsparungen von 500 Mio. Euro verlangt wird, sonst droht deren Auflösung, verteidigt die Ministerin. Das Know-how der Unfallspitäler und der Rehab-Zentren werde "auf keinen Fall" verloren gehen, versucht sie entsprechende Befürchtungen der AUVA zu zerstreuen. Die Unfallspitäler und die Rehab-Zentren würden auch im Falle einer Auflösung der AUVA nicht wegfallen, sondern in die Landesversorgung eingebracht werden.
 
Die Finanzierung des Gesundheitswesens aus einer Hand ist zwar nicht im Regierungsprogramm enthalten, Hartinger-Klein hat dieses Ziel jedoch noch nicht aufgegeben. Sie könne aber "nicht alles auf einmal lösen". Sie wolle die Länder vermehrt einbinden und damit in diese Richtung gehen.
 

Keine Freude mit Aus für Rauchverbot

Keine Freude hat Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) mit dem von ihrer Partei in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzten Aus für das Rauchverbot in der Gastronomie. "Als Gesundheitsministerin kann ich mich natürlich nicht so identifizieren mit diesem Vorschlag", sagte Hartinger-Klein im APA-Interview.
 
"Aber ich habe Respekt vor der Mehrheit, und wenn diese das im Parlament beschließt, dann habe ich das als Gesundheitsministerin zur Kenntnis zu nehmen. Das ist die Demokratie", erklärte die Ministerin. Sie werde aber demnächst ein Konzept für mehr Prävention und für die Nichtraucher präsentieren.
 
Für die Reform der Pflege soll die Sozialministerin bis zum Ende der Legislaturperiode ein Modell vorlegen. Im Regierungsprogramm ist dabei die Steuerfinanzierung angesprochen. Für Hartinger-Klein ist das aber nur "einmal ein Vorschlag". Sie schließt auch nicht aus, dass man am Ende zu einer Versicherungslösung kommen könnte. Das sei derzeit noch "in der Schwebe".
 
Bei der Reform der 24-Stunden-Betreuung geht es der Ministerin um die Qualität der Betreuung. Dass das Pflegegeld nur ab der Stufe vier erhöht werden soll und damit rund zwei Drittel nicht davon profitieren, verteidigt Hartinger-Klein damit, dass die Belastung ab der Stufe vier sehr groß werde. Ab dieser Stufe sei professionelle Hilfe nötig. Zur Forderung der Länder nach mehr Geld als die zugesagten 100 Millionen Euro für die seit 1. Jänner gültige Abschaffung des Pflegeregresses wollte sich Hartinger-Klein noch nicht festlegen. Das werde man sich ansehen, konkrete Zahlen lägen noch nicht vor.
 
Bei der Reform der Mindestsicherung setzt die Sozialministerin angesichts der Pläne, die dem derzeit beim Verfassungsgerichtshof liegenden niederösterreichischen Konzept sehr ähnlich sind, einerseits auf eine Grundsatzgesetzgebung, "die verfassungsrechtlich abgesichert ist". Andererseits richtet sie auch einen Appell an die Bundesländer, doch noch eine gemeinsame Lösung zustande zu bringen. Sie würde sich dabei als Vermittlerin gerne zur Verfügung stellen. In der vorigen rot-schwarzen Regierung ist eine solche gemeinsame Lösung der Bundesländer gescheitert.
 
Mit welchen Maßnahmen die im Regierungsprogramm angekündigte Angleichung des faktischen an das gesetzliche Pensionsalter erfolgen soll, lässt die Sozialministerin vorerst noch offen. Dazu müsse erst mit den Systempartnern diskutiert und ein Konzept erarbeitet werden. Klar ist aber, dass alle Pensionen künftig von der Pensionsversicherungsanstalt verwaltet werden sollen, wie das im Koalitionsprogramm festgehalten ist. Derzeit haben manche Träger wie etwa jene für Eisenbahn und Bergbau sowie manche Beamte noch eine eigene Pensionsversicherung.
 
Angesichts der bevorstehenden Budgeterstellung ist es Hartinger-Klein auch sehr wichtig festzuhalten, dass es im Sozialbudget "sicher keine Einsparungen geben wird". In ihrem Ressort gebe es viele Bereiche, wo mehr Geld nötig sein werde, kündigte die Sozialministerin bereits an, dass sie mit dem Finanzminister kämpfen werde.
 
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