Griechen-Hilfe und Euro-Schutzschirm wurden am Nachmittag beschlossen.
Der Nationalrat hat am frühen Mittwochnachmittag die Griechenland-Hilfe und den Euro-Schutzschirm beschlossen. Zugestimmt haben neben den Abgeordneten von SPÖ und ÖVP auch die Grünen Abgeordneten Alexander Van der Bellen und Gabriela Moser. Der Rest der Fraktion stimmte zwar in zweiter Lesung für, in der entscheidenden dritten Lesung aber mit FPÖ und BZÖ gegen das Gesetz. Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen wurde die Absenkung des staatlichen Haftungsrahmens im Bankenpaket um jene 15 Mrd. Euro, die nun für den Euro-Schutzschirm vorgesehen sind.
Wiewohl Van der Bellen für die Griechenland-Hilfe stimmte, rechnet er weiterhin mit einer Staatspleite des Euro-Landes. Griechenland habe mit dem Hilfspaket "eine Atempause gewonnen, mehr nicht", so der Abgeordnete im Nationalrat.
Oppositionsanträge abgelehnt
Schärfere Regeln gegen
Hedgefonds forderte SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder. Die nun von
den EU-Finanzministern auf den Weg gebrachten Maßnahmen gehen ihm nicht weit
genug. Es brauche auch strenge Eigenkapitalvorschriften und eine
Beschränkung der eingesetzten Hebel (also des Fremdkapitals, mit denen
Hedgefonds arbeiten dürfen, Anm.). Insgesamt sieht Schieder die europäische
Ebene nach der Wirtschaftskrise "mehr denn je zuvor" gefordert. Es dürfe
kein Zurück in Protektionismus und Nationalismus geben.
Eine Reihe von Oppositions-Anträgen wurden bei der Abstimmung abgelehnt. Unter anderem hatte die FPÖ eine Volksabstimmung über das Hilfspaket gefordert, die Grünen drängten auf die raschere Einführung der Bankenabgabe und das BZÖ plädierte einmal mehr für eine "Schuldenbremse". Angenommen wurde am Mittwoch dagegen ein Entschließungsantrag von SPÖ, ÖVP und Grünen mit der Forderung nach geringeren Hürden für die geplanten EU-Bürgerinitiativen. Demnach soll z.B. die Mindestzahl der beteiligten Mitgliedsländer nur sechs statt bis zu zehn betragen.
Griechenland-Hilfe verteidigt
Bundeskanzler Werner Faymann (S)
und Vizekanzler Josef Pröll (V) haben am Mittwoch im Nationalrat das
Engagement Österreichs bei der Griechenland-Hilfe
und dem Euro-Schutzschirm verteidigt. Pröll sah Grund zum Optimismus. "Wir
sind handlungsfähig in Europa", sagte er angesichts des zum
Beschluss anstehenden Maßnahmenpakets. Faymann wünschte sich einen ähnlich
konsequenten Einsatz, um künftige Krisen zu verhindern.
"Steuergeld nach Griechenland"
Die FPÖ nahm gleich zu
Beginn den staatstragenden Habitus der Regierungsfraktionen aufs Korn. "Was
kümmert uns das eigene Land? Steuergeld nach Griechenland", war
auf einem Transparent zu lesen. Pröll hielt dagegen, dass man nicht in
parteipolitischem Gezänk untergehen solle. "Wer kümmert sich um
Österreich? Die sitzen hier auf der Regierungsbank und in
verantwortungsvollen Fraktionen. In einer der schwierigsten Lagen, die das
Land seit 1945 gesehen hat, halten wir Kurs", betonte er. Man habe
richtig gehandelt, auch für Europa und Österreich.
Griechenland sei stabilisiert worden, noch mehr sei aber mit dem gemeinsam aufgespannten Haftungsschirm getan worden. Wichtig sei dabei, dass dafür kein zusätzliches Geld in die Hand genommen, sondern der Haftungsrahmen für heimische Banken entsprechend um 15 Mrd. Euro reduziert werde.
Transaktionssteuer wieder Thema
Nährboden für die Angriffe der
Spekulanten waren für Pröll überbordende Ausgaben, ohne an die nächste
Generation zu denken. Einem solchen Handeln müsse etwa durch eine
Schuldenbremse und generell durch bessere Koordinations- und
Eingriffsmöglichkeiten in Europa die Grundlage entzogen werden.
Einmal mehr war auch die Finanztransaktionssteuer ein Thema. "Ja, ich bin dafür, dass wir die Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene massiv vorantreiben", sagt Pröll. Mit dieser sollte auch für mehr Transparenz gesorgt werden.
Faymann forderte Lehren aus der Krise. "Die Frage in den nächsten Monaten, die die europäische Bevölkerung sehr zu interessieren hat: Wird das, was wir Haftungsschirm nennen, an Krediten zur Verfügung stellen, auch mit demselben Einsatz abgesichert, indem wir dafür sorgen, dass derartige Krisenerscheinungen der Vergangenheit angehören?"
Faymann weiter für Alleingang
Faymann will weiterhin nicht
unbedingt auf Europa warten, sondern auch nationale Möglichkeiten
ausschöpfen. "Man soll nicht sagen, was auf europäischer Ebene
nicht funktioniert, braucht man im eigenen Land gar nicht ausprobieren",
erklärte er.
Man müsse aus der Krise lernen und die Automatik stoppen, dass man von einer Krise in die andere schlittere und immer dafür haften müsse. Auch die Bürger seien einzubinden und bei der Budgetkonsolidierung nicht mit neuen Massensteuern zur Kasse zu bitten, so der Kanzler zur angekündigten SP-Bürgerinitiative auf EU-Ebene. Er sprach sich für Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation aus und verlangte einmal mehr die Finanztransaktionssteuer, eine gemeinsame Finanzmarktaufsicht und Ratingagentur.
Der zum Beschluss anstehende "Schutzschirm" soll in Turbulenzen geratene Euro-Länder mit Krediten von bis zu 750 Mrd. Euro unterstützen. Ein Teil der Mittel kommt von EU und IWF, für bis zu 440 Mrd. Euro müssen die Euro-Länder garantieren. Österreich übernimmt dazu Haftungen von bis zu 15 Mrd. Euro. An der Griechenland-Hilfe beteiligt sich Österreich mit 2,3 Mrd. Euro Kreditvolumen.
Auch Grüne gegen Hilfe
Neben FPÖ und BZÖ werden auch die
Grünen mehrheitlich gegen die Griechenland-Hilfe und den Euro-Schutzschirm
stimmen. Parteichefin Eva Glawischnig bezeichnete die
Unterstützungsmaßnahmen bei der Nationalratsdebatte am Mittwoch zwar als "notwendig,
um einen Euro-Flächenbrand zu vermeiden". Gleichzeitig kritisierte
sie aber das Fehlen von "Begleitmaßnahmen" zur Eindämmung von
Spekulation. SPÖ und ÖVP sind indessen weiter uneins über die Ursachen der
Krise.
FP-Klubchef Heinz-Christian Strache lehnt die Beteiligung an der Griechenland-Hilfe ab: "Das erinnert ein wenig an die Titanic, wo die Politiker von Rot und Schwarz zwar am Oberdeck tanzen und sich als Retter feiern lassen, während das Medienorchester ein paar flotte Melodien spielt, aber unten steht den Passagieren das Wasser bis zum Hals." Es handle sich lediglich um "ein weiteres Bankenhilfspaket" von dem die Griechen nicht profitieren würden, kritisierte Strache und forderte neuerlich eine eigene Währungsunion für die Mittelmeer-Länder.
Bucher kritisiert Belastung
Auch sein BZÖ-Kollege Josef Bucher
kritisierte, dass nun auf EU-Ebene mit Milliarden herumgeworfen werde, "als
hätte man das Geld abgeschafft". Das sei weiteres Futter für die
Spekulanten, so der BZÖ-Politiker. Nach den Landtagswahlen würden diese
Milliarden ein massives Steuerbelastungspaket auslösen, befürchtet Bucher
mit Blick auf die Budgetpläne der Regierung. Er fordert statt
Steuererhöhungen Einschnitte im Pensionssystem sowie Einsparungen bei den
Krankenhäusern.
Für Grünen-Chefin Glawischnig ist der Euro-Schutzschirm zwar "unverzichtbar", um einen Flächenbrand abzuwehren. Gleichermaßen unverzichtbar wären aber Begleitmaßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte gewesen, so die Grüne. Diese Maßnahmen sind ihr aber nicht konkret genug. "Es bröckelt zwar der Widerstand", sagte Glawischnig, aber "das reicht uns einfach nicht." Dem Vernehmen nach werden die Grünen daher bis auf zwei Abgeordnete (Alexander Van der Bellen und Gabriela Moser) gegen das Paket stimmen.
SPÖ und ÖVP uneins
Weiterhin uneins über die Ursachen
der Krise sind SPÖ und ÖVP: SP-Klubchef Josef Cap warnte vor einer "Wiederauferstehung
des Neoliberalismus", der nach der Krise dem Sozialstaat die Schuld an
den Turbulenzen geben werde. Schon jetzt sei wieder zu hören, dass man über
die Verhältnisse gelebt habe und dies Schuld an der Krise sei, kritisierte
Cap. Dabei gehe es nun darum, den Spekulanten, "die sich aus der
Verantwortung stehlen wollen", das Handwerk zu legen. Dazu zählte der
SP-Klubchef neuerlich auch Schweizer Banken.
VP-Klubchef Karlheinz Kopf konterte, es sei nicht seriös, zu glauben, man könne "mit ein paar Maßnahmen gegen Spekulanten, gegen G'stopfte das Auslangen finden". Ursache der Krise sei vielmehr "das ständige über die Verhältnisse Leben". Auch Österreich habe strukturelle Probleme im Gesundheits- und Pensionssystem, in der Verwaltung und im Förderwesen. Die müsse man nun korrigieren. Natürlich seien die Spekulanten als Verstärker der Krise aufgetreten, die Ursache liege aber in den Staatsschulden, so Kopf, der die Schweiz neuerlich in Schutz nahm und auf ihren hohen Beitrag zum Internationalen Währungsfonds verwies.
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