Die Abstimmung findet heute im Parlament statt. Die Grünen appellieren an die Abgeordneten, FPÖ-Kandidat Graf nicht zu wählen.
Der neue Nationalrat tritt am Dienstag erstmals in dieser Besetzung zusammen. Nach der Angelobung der Abgeordneten und der Wahl der Parlamentspräsidenten ist die erste "echte" Aufgabe des Plenums der Beschluss des Konjunkturpakets. Hier mehr dazu. |
Der FPÖ-Parlamentsklub hat in seiner konstituierenden Sitzung Montagnachmittag Martin Graf offiziell zum Dritten Nationalratspräsidenten nominiert. Damit wird die Wahl zum 3. Nationalratspräsident am Dienstag besonders spannend, zumal es viele kritische Stimmen zum Kandidaten der FPÖ gibt.
"Schmutzkübelkampagne" gegen Graf
Die Diskussion
um Graf bezeichnete Strache als "Schmutzkübelkampagne", mit
der man den FPÖ-Abgeordneten "madig" machen wolle. "Ausgesprochen
traurig" ist Strache darüber, dass ausgerechnet der bisherige
Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen gegen Graf antreten will.
Strache hat zuletzt öfter eine gewissen Sympathie für Van der Bellen
erkennen lassen. Bei dessen Rücktritt als Parteichef hat sich Strache noch "gefreut,
dass uns" Van der Bellen "im Parlament erhalten bleibt". Er
ortete insgesamt eine Hetze gegen Graf und sprach wörtlich von "miesen
Lügen" und "Dreck" und verwies auf die politischen
Vorfahren der FPÖ, die für die Demokratie sogar ihr Leben gelassen hätten.
Über eine Abschaffung der Frist für Anträge auf NS-Entschädigung, wie sie
Graf vorgeschlagen hat, würde Strache diskutieren.
Glawischnig appelliert an Gewissen der Abgeordneten
Neo-Grünen-Chefin
Eva Glawischnig hat im Zusammenhang mit der FPÖ-Kandidatur von Martin Graf
(F) als Dritter Nationalratspräsident an das Gewissen der Abgeordneten
appelliert. Einen Tag vor der Plenarsitzung und der Wahl des Präsidiums rief
sie die Parlamentarier auf, sich die Frage zu stellen, ob sie "70 Jahre
nach dem Anschluss jemanden wählen wollen, der sich nicht eindeutig von der
NS-Zeit abgrenzen kann". Graf ist Mitglied bei der deutsch-nationalen
Burschenschaft "Olympia", die vom Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstands (DÖW) als "rechtsextrem"
eingestuft wurde.
Es gehe bei der anstehenden Wahl nicht um eine formale sondern um eine politische Frage, betonte Glawischnig. So warnte sie vor der "extrem problematischen Kombination", dass jemand, der "jegliche Aufarbeitungsarbeit verweigert", als Nationalratspräsident im Antragskomitee des Entschädigungsfonds sitzen soll. Um die Vorwürfe gegen Graf und die Olympia noch einmal zu untermauern, verwies sie darauf, dass auf der Bude der Olympia Rechtsextremisten, wie der rechte deutsche Liedermacher Michael Müller zu Gast gewesen seien. In dessen Repertoire findet sich unter anderem ein Lied mit den Textzeilen: "Mit 6 Millionen Juden da fängt der Spaß erst an, bis 6 Millionen Juden da bleibt der Ofen an".
Die Grüne appellierte an die Abgeordneten, das "krasse Gegenprogramm", Ex-Parteichef Alexander Van der Bellen, zu wählen. Die Partei hat den Professor als Gegenkandidaten nominiert. Signale von Mandataren aus ÖVP oder SPÖ bezüglich deren Wahlverhaltens will Glawischnig keine erhalten haben.
SPÖ gibt Stimmverhalten bei Präsidentenwahl frei
Die
SPÖ überlässt es ihren Abgeordneten, ob sie bei der Wahl des
Nationalratspräsidiums FPÖ-Kandidat Martin Graf unterstützt. Das teilte
Klubchef Josef Cap nach der konstituierenden Fraktionssitzung mit. Es habe
eine "große Anzahl" von Mandataren in der Klubsitzung
gegeben, die sich gegenüber dem freiheitlichen Bewerber für den Posten des
Dritten Präsidenten "sehr kritisch geäußert hat".
Einige SPÖ-Abgeordnete wie Umweltsprecherin Petra Bayr, Jugendsprecherin
Laura Rudas und die Neo-Abgeordnete Elisabeth Hakel bekräftigten deshalb am
Montag ein weiteres Mal, dem FPÖ-Kandidaten ihre Stimme verweigern zu
wollen.
Cap selbst wollte sich nicht festlegen, ob er für Graf stimmen wird. Der wieder gewählte Klubchef betonte jedoch das Recht der FPÖ, als drittstärkste Fraktion den Posten zu beanspruchen und hob die Verdienste des Freiheitlichen als Vorsitzender des Banken-Untersuchungsausschusses sowie als Chefverhandler bei der Abschaffung der Studiengebühren hervor. Ferner verwies er darauf, dass Graf eine öffentliche Erklärung zu seiner Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus gegeben habe. Freilich hielt Cap auch fest, dass ihm bei dieser noch manches gefehlt habe. Was genau will er am Dienstag im Plenum des Nationalrats kundtun.
Pröll gibt Linie für Unterstützung Grafs vor
Die
ÖVP-Spitze gibt ihren Abgeordneten bezüglich der Kandidatur von Martin Graf
als Dritten Nationalratspräsidenten eine eindeutige Linie vor: Gemäß den
parlamentarischen Usancen habe die drittstärkste Partei das entsprechende
Vorschlagsrecht, betonte der frisch gewählte VP-Klubobmann Josef Pröll
Montagabend auf einer Pressekonferenz nach der konstituierenden Klubsitzung.
Dementsprechend werde man bei der morgigen Wahl in der Plenarsitzung Graf
unterstützen, so Pröll.
Auf die Frage, was mit jenen Parlamentariern geschehe, die möglicherweise gegen den FPÖ-Kandidaten stimmen werden, räumte der Klubobmann ein, dass er den Wert des freien Mandats schätze. Man habe diese Frage aber in Arbeitsgruppen diskutiert und das Meinungsbild sei "eindeutig" für die Wahl des FPÖ-Politikers, so Pröll. Die Tatsache, dass die FPÖ das Nominierungsrecht habe, sei eine Entscheidung des Wählers gewesen, meinte er mit Verweis auf das Ergebnis der Nationalratswahl.
BZÖ stimmt für Graf
Die Wahl des FP-Abgeordneten
Martin Graf zum Dritten Nationalratspräsidenten scheint gesichert. Neben den
FP-Abgeordneten und der ÖVP will nämlich auch das BZÖ für den Freiheitlichen
stimmen, wie Interims-Parteichef Stefan Petzner ankündigt. Bei der
Klubsitzung haben sich die 21 orangen Abgeordneten demnach geschlossen dafür
ausgesprochen, Graf zu wählen. Kritik übt Petzner am Vorgehen der Grünen,
die gegen Graf mobilisieren