VP-Chef Josef Pröll und Minister Michael Spindelegger basteln an der „ÖVP neu“. Die Schwarzen wollen im roten Wähler-Revier wildern.
Er ist pragmatisch und unauffällig. Und doch ist Michael Spindelegger zum mächtigsten VP-Minister nach Vizekanzler Josef Pröll aufgerückt. Der Außenminister ist ÖAAB-Chef und damit Herr über den schwarzen Arbeitnehmerflügel. Ein Bereich, der Pröll besonders wichtig ist. Der ÖVP-Chef will der SPÖ just in ihrem Kernbereich – Soziales – Wähler abspenstig machen. Und dafür seine Partei öffnen.
In Michael Spindelegger hat er den passenden Mitstreiter gefunden. Denn auch der Außenminister will die ÖVP „öffnen“, wie er im ÖSTERREICH-Gespräch sagt. In den kommenden Wochen wollen Pröll und Spindelegger gemeinsam an der „ÖVP neu“ arbeiten:
- Die Volkspartei arbeitet bereits an einem eigenen Bildungskonzept. Spindelegger: „Wir werden neue Ideen forcieren.“
- Zudem will die ÖVP dem neoliberalen Kurs, der unter Schüssel und Grasser dominiert hatte, jetzt endgültig adieu sagen.
ÖSTERREICH: Ist für Sie als Außenminister Benita Ferrero-Waldner
eine mögliche EU-Kommissarin?
Michael Spindelegger: Aus
meiner Sicht bleibt sie natürlich eine Kandidatin. Sie war fünf Jahre
Kommissarin und hat das gut gemacht. Wichtig ist jetzt, dass Österreich ein
wichtiges Ressort erhält.
ÖSTERREICH: Als ÖAAB-Chef
sind Sie für die Arbeitnehmer zuständig. Wie wollen Sie sich positionieren?
Spindelegger:
Mir geht es um leistungsorientierte Arbeitnehmer. Wir brauchen auch eine
Diskussion in den eigenen Reihen: Wie sichert man die sozialen Systeme und
Beschäftigung.
ÖSTERREICH: Da ist auch die
Bildungspolitik entscheidend, oder?
Spindelegger: Natürlich. Die
Ausbildung ist eine Schlüsselfrage. Da muss man an die Zukunft denken. Da
darf man nicht stehen bleiben. Man muss auch eine Offenheit zeigen.
Allerdings muss auch klar sein: Eine Reform wird es nur mit den Lehrern
geben. Wer glaubt, er könne alleine mit Druck etwas gegen die Lehrer
erreichen, wird scheitern.
ÖSTERREICH: Aber Sie sind für
eine Öffnung der ÖVP?
Spindelegger: Wir werden neue
Ideen und alle Reformvorschläge forcieren. Aber wir müssen die Lehrer dabei
mitnehmen.
ÖSTERREICH: Am 2. Oktober veranstalten Sie ein
Sozialforum. Wozu?
Spindelegger: Ich möchte beim Sozialforum mit
internationaler Beteiligung Reformideen erarbeiten: Etwa eine
Mitarbeiterbeteiligung statt nur Boni für Manager, oder das Zeitwertkonto,
wo Arbeitnehmer Überstunden ansparen, die nicht in Geld ausbezahlt werden,
sondern durch einen längeren Urlaub.
ÖSTERREICH:
Derzeit werden aber vor allem Banken und Manager von der Regierung
gefördert, nicht?
Spindelegger: Nach der Krise muss es eine
menschlichere Marktwirtschaft geben, wo sich Arbeitnehmer mit Arbeitgebern
auf Augenhöhe befinden. Der bisherige Zahlenfetischismus der Finanzer, der
wie eine Religion zelebriert wurde, muss vorbei sein. Wenn es brennt, muss
man trotzdem löschen, auch wenn die Brandstifter in diesem Bereich tätig
waren. Das System war fehlgeleitet. Wir, auch als ÖAAB, wollen dieses System
jetzt neu gestalten.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu den
Krankheitsüberprüfungen in der ÖBB?
Spindelegger:
Ich bin wirklich entsetzt. Auch darüber, dass die Personalvertreter mit
eingebunden waren. Wenn es ein Problem gibt, muss man Lösungen erarbeiten,
nicht Gesetze brechen wie bei der ÖBB. Detektive einzusetzen, um
Arbeitnehmer einzuschüchtern, ist indiskutabel.