ÖSTERREICH-Interview

Spindelegger "Ich habe ein reines Gewissen"

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Mit einem Paukenschlag meldet sich Michael Spindelegger diese Woche zurück.

Mehr als sechs Monate lang hat er geschwiegen. Jetzt spricht Michael Spindelegger (55) im Interview mit ÖSTERREICH am SONNTAG über sein neues Leben. Seit drei Wochen hat der ehemalige ÖVP-Chef und Finanzminister einen neuen Job: Er soll mit internationalen Partnern einen Plan für die Ukraine aufstellen. Spindelegger fühlt sich sichtlich wohl, wieder im Chor internationaler Per­sönlichkeiten zu arbeiten. Und er hat auch keine Scheu davor, dass Oligarch Dimitri Firtasch Mitfinanzier ist. Wie Spindelegger nun lebt, was am Tag seines Rücktritts geschah und wie er seine Hypo-Arbeit sieht, das legt er hier dar und sagt: „Ich habe ein reines Gewissen.“

Spindelegger im Interview: "Ich habe mir bei der Hypo nichts vorzuwerfen"

ÖSTERREICH: Wie geht es Ihnen nun – nach sechs Monaten zurück im Rampenlicht?
Michael Spindelegger: Es ist jetzt eine vollkommen andere Tätigkeit. Ich stelle für die Ukraine mit inter­nationalen Partnern einen Plan auf. Das ist sehr herausfordernd, weil es das größte Problem ist, in der Ukraine Frieden zu schaffen – und gleichzeitig wieder eine ­Perspektive für die Bevölkerung zu bekommen.

ÖSTERREICH: Wie kommt man zu so einem Job?
Spindelegger: Bei solchen Jobs kann man sich natürlich nicht bewerben. Ich wurde gefragt, gemeinsam mit anderen europäischen Experten ein Programm für die Ukraine aufzusetzen. Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy, ein deutscher Bundestagsabgeordneter und ein britischer Lord im Oberhaus haben mich gefragt, ob ich die Funktion in der Agentur übernehmen würde.

ÖSTERREICH: Was ist Ihr Ziel?
Spindelegger: Ich wurde geholt, um einen Prozess zu organisieren, bei dem die Zivilgesellschaft in der Ukraine und europäische Expertenteams miteinander arbeiten. Ziel ist es, ein Programm auszuarbeiten, das dafür sorgt, dass wieder investiert werden kann. Es geht darum, die Ukraine zu modernisieren. Dafür wird ein Fonds geschaffen, der mit vielen Milliarden Euro dotiert ist und der helfen soll, Perspektiven für die Ukraine zu schaffen.

ÖSTERREICH: Finanziell im Hintergrund steht dabei der Oligarch Dimitri Firtasch. Wie gehen Sie damit um, das Sie in seinem Sold stehen?
Spindelegger: Ich stehe nicht in seinem Sold, sondern arbeite für die Agentur. Diese wird von Arbeitgeberverbänden, deren Vorsitzender Herr Firtasch ist, ebenso getragen wie von Arbeitnehmerverbänden. Darüber hinaus gibt es internationale Beteiligungen, die sich sehen lassen können – von meinem ehemaligen französischen Außenministerkollegen Bernard Kouchner bis hin zu Ex-EU-Kommissar Günter Verheugen. Das sind alles keine Leute, die sich verkaufen. Die Agentur ist völlig unabhängig. Ich weiß, was ich tue, und ich lasse mich garantiert auf nichts ein, das unehrenhaft ist.

ÖSTERREICH: Wie sehr haben Sie mit der Politik abgeschlossen?
Spindelegger: Vollkommen, denn ich bin nicht mehr aktiv und habe in der Partei keine Funktion mehr. Aber die ÖVP ist immer noch meine politische Heimat. Schließlich bin ich ja nicht im Bösen geschieden, sondern habe von mir aus gesagt: Ich will nicht mehr.

ÖSTERREICH: Enttäuscht, dass die ÖVP sich in Sachen neuer Job nicht für Sie starkgemacht hat?
Spindelegger: Diesen Anspruch habe ich nie gestellt, und ich hatte auch keine Erwartungen in diese Richtung. Ich bin zurückgetreten und wusste: Ab dem nächsten Tag gibt es einerseits viel Freiheit, andererseits wird es die Notwendigkeit geben, wieder etwas zu tun. Ich habe mir das jetzt lange genug überlegt und mich für die Agentur entschieden. Ich sehe es als große Herausforderung, binnen sechs Monaten einen Aufbauplan für die Ukraine zu erstellen. Die Ukraine ist ein riesiger Markt, wo noch viel Aufholbedarf herrscht. Das heißt, dieser Markt kann für Europa und Österreich eine wirkliche Per­spektive sein. Ein Teil unserer Wirtschaftsflaute in Österreich ist sicherlich auf die Situation rund um die Ukraine zurückzuführen.

ÖSTERREICH: Wenn Sie an den Tag Ihres Rückzugs aus der Politik denken: Wie sind Sie hinein- und wie herausgegangen?
Spindelegger: Hineingegangen bin ich gut vorbe­reitet. Ich habe es mir gut überlegt am Wochenende davor …

ÖSTERREICH: Warum aus­gerechnet an diesem Wochenende?
Spindelegger: Hier sind einige Dinge zusammengekommen. Mein Vater wurde zu dieser Zeit gerade begraben. Es war also auch eine emotionale Geschichte. Und ich habe gesehen: So, wie ich glaube, dass es richtig ist, wird es schwer sein, die Dinge in Österreich durchzusetzen. Und ich will nicht, dass ich zu etwas gezwungen werde, rein aus Parteiräson oder weil die Regierung das so will. Wenn ich etwas nicht mittragen kann, dann gehe ich lieber. Und das habe ich gemacht.

ÖSTERREICH: Und wie war es, als Sie den Rücktritt ausgesprochen hatten?
Spindelegger: Eines habe ich sofort gemerkt: Es gab kein einziges Telefonat mehr. Außer ein paar Freunden, die mich angerufen haben, waren alle in Schockstarre. Das war eine interessante Erfahrung.

ÖSTERREICH: Wie gelingt es dann, sich völlig neu zu orientieren?
Spindelegger: Man muss diese Kraft schon wieder finden. Man ist ausgelaugt, wenn man einen politischen Job hat, wie ich ihn hatte. Es war sehr belastend. Aber das Leben geht weiter. Meine Zeit in der ­Politik war gut, aber jetzt ist sie vorbei.

ÖSTERREICH: Ganz lässt Sie die Politik aber nicht los: Der Hypo-U-Ausschuss ist gestartet …
Spindelegger: Ja. Ich werde hingehen, wenn ich ge­laden werde, und ich werde aussagen, wenn ich gefragt werde.

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