Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beruft nach der Festnahme des früheren Verfassungsschützers Egisto Ott wegen Spionageverdachts für den 9. April den Nationalen Sicherheitsrat (NSR) ein.
Die Grünen hatten am Freitag das Zusammentreten des Gremiums gefordert - dafür reicht das Verlangen einer Parlamentsfraktion. Für die Einberufung formal zuständig ist der Bundeskanzler.
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Schwere Vorwürfe
"Es stehen Vorwürfe der Spionage gegen Egisto Ott, ehemaliger Mitarbeiter im BVT, im Raum", so Nehammer in einer Aussendung am Montag. "Diese Vorwürfe sind schwerwiegend. Zum einen müssen diese Vorwürfe nun von der Justiz aufgeklärt werden. Zum anderen bedarf es einer Beurteilung und Klärung der Sicherheitslage der Republik. Wir müssen verhindern, dass russische Spionagenetzwerke unser Land bedrohen, indem sie politische Parteien oder Netzwerke unterwandern oder instrumentalisieren." Der NSR sei jenes Gremium, in dem diese Fragen diskutiert werden könnten.
Entscheidung über U-Haft
Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Sonntag gegen den am Freitag festgenommenen Ott die Verhängung der U-Haft beantragt. Darüber muss innerhalb von 48 Stunden entschieden werden. Gegen den Ex-Verfassungsschützer wird seit 2017 von der Anklagebehörde unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Der Festnahme vorangegangen waren jüngste Informationen, denen zufolge Ott Handyinhalte von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben soll. Sein Ex-Schwiegersohn, der als Beitragstäter gilt, wurde ebenfalls festgenommen.
Ott war Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Zuletzt war er im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten, dem er beim Aufbau einer Spionage-Zelle für Russland innerhalb des BVT behilflich gewesen sein soll. Ott soll - gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss - für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben, wobei er auf seine früheren Tätigkeiten als Verfassungsschützer und Polizeiattaché zurückgreifen konnte. Dem deutschen Nachrichtenmagazin "Spiegel" zufolge soll es sich um Informationen über in Europa lebende Journalisten und einen kasachischen Oppositionspolitiker gehandelt haben.
Zur Festnahme geführt hatten Hinweise aus Großbritannien, Ott habe im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste - mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB - übermittelt. Bei den gestohlenen Smartphones soll es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, den nunmehrigen Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, handeln. Für Ott gilt die Unschuldsvermutung.
Die drei Handys waren 2017 "Opfer" eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren. Der fertigte offenbar Kopien der Geräte an und gab sie an Ott und andere weiter. Chats aus dem Smartphone von Kloibmüller gelangten auch an die Staatsanwaltschaft und an Medien. Sie führten wegen des Verdachts der Postenkorruption zu Ermittlungen gegen Kloibmüller und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, wobei das Verfahren gegen letzteren bereits eingestellt wurde.