U-Ausschuss
Spitzel-Verdacht gegen Heeresabwehramt
26.11.2009
Währenddessen zeigte sich die SPÖ leicht uneins bezüglich der Minister-Ladungen.
Hat das Heeresabwehramt den Auftrag, Bundesheerkritiker ohne gesetzliche Grundlage zu bespitzeln? Nach Angaben des Grünen Sicherheitssprechers Peter Pilz existiert eine derartige Weisung der "Führungsabteilung" des Amtes. Dem Parlament habe Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) das Dokument aber vorenthalten, kritisierte Pilz am Donnerstag im U-Ausschuss bei der Befragung von Abwehramts-Mitarbeiter Manfred Gößl. Der brachte diesbezüglich vorest keine Aufklärung - Gößl wollte über besagte Weisung erst nach Ausschluss der Öffentlichkeit am Nachmittag sprechen.
Ewald Iby, Vizechef des Heeresabwehramtes, hätte ebenfalls aussagen sollen. Wegen eines Maulkorbs seiner Vorgesetzten verweigerte er auch nur geringste Einblicke in seine Tätigkeit. Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz holte sich in der teils aggressiven Debatte den ersten Ordnungsruf des U-Ausschusses: Er warf dem Abwehramt "Stasi-Methoden" vor.
Überwachung
Aufhänger der Debatte im Untersuchungsausschuss
war die Überwachung einer Podiumsdiskussion in Knittelfeld durch den
Heeresgeheimdienst am 19. Juni 2009. Weil das Heer eine mögliche Gefährdung
der eine Woche später anlaufenden "Airpower 09"-Flugshow mit
250.000 Besuchern witterte, waren neben einer Reihe von linken
Bundesheer-Kritikern und dem Grünen Abgeordneten Peter Pilz auch der Leiter
der Grazer Außenstelle des Abwehramts Gößl sowie eine Reihe von
Heeresagenten vor Ort, die rund um den Veranstaltungsort Autokennzeichen
notierten und überprüften.
Auftrag erhalten
Gößl selbst betonte im Ausschuss, er habe
lediglich den Auftrag gehabt, der Podiumsdiskussion zu folgen, um sich ein "Stimmungsbild"
zu verschaffen und abzuklären, ob eine Störung der Flugshow durch "Aktionisten"
drohte. Letzteres war nach Einschätzung Gößls nicht der Fall (tatsächlich
beschäftigten sich die Teilnehmer offenbar mehr mit der Lage im Iran, als
mit den Eurofightern), weshalb er dem Einsatzleiter Entwarnung gab und auf
einen schriftlichen Bericht über die Veranstaltung verzichtete.
Umfangreiche Überwachung
Warum die Kollegen Gößls vor dem
Veranstaltungssaal dann trotzdem umfangreiche Überwachungen durchführten,
blieb unklar. Gößl betonte, er habe das nicht in Auftrag gegeben und verwies
auf die später angesetzte Aussage von Brigadier Ewald Iby, der jegliche
Aussagen aber verweigerte. Wie Pilz mit Verweis auf die dem Ausschuss
vorliegenden Akten sagte, wurden 31 Autokennzeichen notiert, die Identität
von 27 Fahrzeughaltern ausgeforscht und ihr Verhalten notiert. Damit finden
sich in den Akten des Heeresgeheimdienstes Beobachtungen wie diese: "Paar
im alternativen Outfit Richtung Kulturhaus gehend."
Weisung
Keine Auskunft wollte Gößl in der öffentlichen Befragung
zu einer angeblichen Weisung der Führungsabteilung des Abwehramts vom 8.
April 2009 geben, die laut Pilz die Überwachung von Bundesheerkritikern
regelt. "In dieser (dem Ausschuss nicht übermittelten, Anm.) Weisung
werden detaillierte Aufträge gegeben, wie ohne gesetzliche Grundlage
Menschen, die der militärischen Landesverteidigung kritisch gegenüberstehen,
bespitzelt werden sollen", behauptete Pilz.
Gößl wollte dazu allerdings nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit Stellung nehmen und verweigerte im Verlauf seiner rund zweistündigen Befragung wiederholt die Auskunft. "Organisatorisches, Namen und Details" über das Abwehramt dürfe er in der öffentlichen Sitzung nicht besprechen, so der Beamte.
Fronten verhärtet
Die Fronten zwischen Regierungsparteien
und Opposition sind auch am Donnerstag verhärtet, was die Ladung von
Ministern in den Untersuchungsausschuss zu diversen Spitzel-Vorwürfen
betrifft: SPÖ und ÖVP wollen eine "Polit-Show"
verhindern; Grüne, FPÖ und BZÖ pochen auf die Klärung der politischen
Verantwortung. SP-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter indes könnte sich
vorstellen, künftig Ressortverantwortliche zu laden. ÖVP-Fraktionsführer
Werner Amon forderte hierzu eine "Aufklärung" von der SPÖ
über deren Position.
Kräuter schert aus
Allerdings dürfte es innerhalb der SPÖ
unterschiedliche Meinungen geben. So stellte SPÖ-Bundesgeschäftsführer
Kräuter zuletzt fest, dass niemand verstehen würde, dass ein Minister nicht
im U-Ausschuss aussagen muss. Für die Zukunft schlägt er einen Pakt vor:
Wenn die Opposition neue Verhaltensregeln akzeptiere, soll die
Geschäftsordnung die Ladung von Ministern erleichtern. Amon meinte dazu vor
dem Ausschuss, Kräuter solle keine Ratschläge von außen geben. Er lud den
SP-Geschäftsführer ein, sich im Ausschuss ein Bild zu machen. Amon forderte
weiters "Aufklärung" von der SPÖ: "Handelt es sich
dabei um eine Einzelmeinung oder ist das die Linie der SPÖ?"
Sollte dies der Fall sein, müsse man sich über die Minister-Ladungen
unterhalten, so der ÖVP-Fraktionsführer. Laut Pendl beziehen sich Kräuters
Aussagen auf zukünftige Ausschüsse. Grünen-Fraktionsführer Peter Pilz zeigte
sich erfreut über Kräuters Aussagen: "Es gibt wichtige
Abgeordnete in den Regierungsparteien, denen es reicht."