ÖSTERREICH-Interview
SPÖ-Bures gegen Grasser als Finanzminister
24.11.2006
SPÖ-Geschäftsführerin Doris Bures kritisiert Bundeskanzler Schüssel scharf und spricht sich gegen Grasser als Finanzminister aus.
ÖSTERREICH: Frau Bures, ist das Vertrauen zwischen SPÖ und ÖVP am Streit um den Banken-Untersuchungsausschuss zerbrochen?
Doris Bures: Das Verhalten der ÖVP hat nicht dazu geführt, dass man zusammenwächst. Wir können durch den Zeitablauf nachvollziehen, dass wir in Zusammenhang mit dem Gutachten des Bundeskanzleramtes offensichtlich getäuscht wurden. Das ist kein redlicher Stil, den die ÖVP da an den Tag legt. Allerdings muss man auch sagen, dass die Stimmung in den Koalitionsverhandlungen nicht ganz so schlecht ist.
ÖSTERREICH: Fühlt sich die SPÖ von der ÖVP über den Tisch gezogen?
Bures: Das sehe ich nicht so, weil wir uns nicht über den Tisch ziehen lassen, da gehören ja bekanntlich immer zwei dazu. Daher habe ich in dieser Verhandlungsrunde auch an den Bundeskanzler appelliert in Zukunft einen anderen Stil miteinander zu pflegen, was Informationen, was Vorgangsweisen und Abklärungen betrifft.
ÖSTERREICH: Kann der Zeitplan für die Verhandlungen noch halten, wenn es jetzt einen Rechtsstreit um den Bankenausschuss gibt?
Bures: Nein. Die ÖVP ist dafür verantwortlich, dass wir nicht seriös und zügig diesen Ausschuss Jahresende abschließen können, wenn sie versucht, das Parlament in seinen Kontrollrechten einzuschränken.
ÖSTERREICH: Wie hat Schüssel reagiert?
Bures: Er hat geschwiegen.
ÖSTERREICH: Soll Schüssel nach den jüngsten Vorfällen Vizekanzler werden?
Bures: Es ist seine eigene Entscheidung und die der ÖVP, ob er weiter in der Politik sein wird oder nicht.
ÖSTERREICH: Die SPÖ hat Kompromissbereitschaft signalisiert bei Eurofightern und Studiengebühren. Gibt man nicht zu viele der Wahlkampfforderungen auf?
Bures: Wenn man in Verhandlungen geht, soll man auch kompromissbereit sein. Das bedeutet aber nicht, dass wir das aufgeben was wir vor der Wahl gesagt haben. Das gilt für den Eurofighterankauf genauso wie für die Bildung. Wir sollten aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen, wenn das möglich ist.
ÖSTERREICH: Können sie sich Karl-Heinz Grasser als Finanzminister vorstellen?
Bures: Ich halte ihn für einen schlechten Finanzminister. Er macht Politik so wie er lebt. Er ist ein Vertreter der Reichen.
ÖSTERREICH: Könnte eine Regierungsbildung an dieser Personalie scheitern?
Bures: Das wichtigste ist, dass man die großen Themen voranbringt. Dazu braucht es eine Vertrauensebene in den zentralen Ressorts. Es ist undenkbar, dass ein Bundeskanzler von einem Finanzminister in allen politischen Maßnahmen nur konterkariert wird.