Die Koalition hat ein nächstes Konfliktfeld: Die Gruppenklagen stehen vor dem Aus. Buchinger sprach vom "Primat der Wirtschaft" in der ÖVP.
Die SPÖ macht die ÖVP für das Scheitern der Verhandlungen über die Gruppenklagen verantwortlich. Sozialminister Erwin Buchinger (S) warf der Volkspartei vor, eine leichtere Rechtsdurchsetzung für Konsumenten zu verhindern. Die Grüne Konsumentenschutzsprecherin Bettina Hradecsni sprach von einem "schwarzen Tag" für den Konsumentenschutz.
Primat der Wirtschaft
Buchinger meinte, bei der ÖVP dominiere
eindeutig das Primat der Wirtschaft. Es habe den Anschein, als würde sich
die ÖVP scheibchenweise vom Regierungsübereinkommen verabschieden. "Mehr
Rechte für die Wirtschaft, weniger Rechte für Konsumenten scheint immer mehr
zum Credo der Volkspartei zu werden", ärgert sich der Sozialminister. Die
Sinnhaftigkeit einer Gruppenklage habe auch der Justizausschuss in einem
einstimmigen Beschluss aller Parteien attestiert.
SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier meinte, die ÖVP habe aus den prozessrechtlichen Unzulänglichkeiten gerade in großen Verfahren nichts gelernt. Mit der ÖVP-Ablehnung würden künftig insbesondere Geschädigte im Anlegerbereich auf sich allein angewiesen sein.
Erleichterter Zugang zum Recht
Hradecsni verwies darauf, dass mit
der Gruppenklage ein erleichterter Zugang zum Recht, schnellere und
effizientere Verfahren erreicht werden könnten. Nicht nur Konsumenten,
sondern auch Klein-und Mittelunternehmen könnten von diesem
Rechtsschutzinstrument profitieren.
Kritik Berger
Zuvor hatte bereits Justizministerin Maria Berger
(S) kritisiert, dass die ÖVP auch beim letzten Gesprächstermin am Montag
keinerlei Kompromissbereitschaft gezeigt hatte. "Wir sind im Laufe der
Verhandlungen der ÖVP-Seite immer weiter entgegengekommen, haben aber
ähnliches auf der Gegenseite nicht bemerkt", so die Ministerin.
Weitere Einschnitte
Laut Berger wollte die ÖVP nämlich weitere
Einschnitte durchsetzen - konkret eine Mindestklagssumme und eine Art "Kaution",
die die Kläger zur Begleichung der bei einer allfälligen Niederlage
anfallenden Prozesskosten zu hinterlegen hätten. "Die Forderungen
laufen auf eine Verschlechterung der jetzigen Rechtslage hinaus",
kritisiert die Ministerin ihr Verhandlungs-Gegenüber ÖVP-Justizsprecher
Heribert Donnerbauer. Auch in der deklariert letzten Verhandlungsrunde am
Montag habe sich die ÖVP nicht bewegt.
Kein Weiterkommen
Im Arbeitsplan der Regierung stehen die
Gruppenklagen für Juli. Sollte sich die ÖVP noch bewegen "sind
wir jederzeit bereit", so die Ministerin. "Ich kann jetzt nur
feststellen, dass wir auf dieses Basis nicht weiterkommen", konstatiert
Berger, "dass ein Projekt aus dem gemeinsamen Regierungsprogramm nicht
zustande kommt". Die ÖVP habe trotz einjähriger Verhandlungen und
Kompromissbereitschaft der SPÖ nur "unbeweglichen Widerstand"
geleistet. "Es ist offensichtlich nicht gewünscht, dass es für den
Konsumentenschutz Verbesserungen gibt", kritisiert Berger.