Die Sache mit der "Anwesenheitspflicht" ist den Roten nicht geheuer. Ihrer Ansicht nach könnte die Regelung verfassungswidrig sein.
Die SPÖ hat weiterhin massive Bedenken, was die von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter geplante "Anwesenheitspflicht" für Asylwerber betrifft. "Es geht auch um die Aussage, ob man Menschen über Wochen einsperren kann, die nichts verbrochen haben", äußerte sich SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos vor dem Ministerrat am Dienstag zu der Angelegenheit. Er bezeichnete die Übergabe des Entwurfs am Abend vor der Regierungssitzung wörtlich als "Überfallsaktion". Experten des Bundeskanzleramts würden das Vorhaben nun auf seine Verfassungskonformität prüfen.
- Der rote Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat letztens sogar gemeint, man sollte Fekter die Asylagenden wegnehmen und einem anderen Regierungsmitglied übertragen. Mehr dazu hier.
Kompatibel mit der Verfassung?
"Es geht in erster Linie um
die Verfassungsmäßigkeit", kündigte Darabos eine genaue
Überprüfung von Fekters Entwurf zur Kasernierung von Flüchtlingen durch
seine Beamten an. Sollte die Vorlage verfassungswidrig sein, werde die SPÖ
dem nicht zustimmen können. Kritik kam vom Verteidigungsminister vor allem
an der kurzfristigen Übergabe der Fekter-Pläne an den Koalitionspartner SPÖ.
Das sei wohl auch eine Ablenkung von den Turbulenzen rund um das geplante
Erstaufnahmezentrum im burgenländischen Eberau.
Fekter rechnet mit rotem Ja
Fekter gab sich unterdessen weiter
zuversichtlich, dass der Koalitionspartner ihrem Vorhaben letztendlich
zustimmen werde. "Die SPÖ wird sich den Vorschlag genau anschauen und
ihre Wünsche bekanntgeben. Ich gehe davon aus, dass sie das beschließen",
sagte die Ressortchefin ebenfalls vor dem Ministerrat. Ein "Überfallskommando"
erkennt sie in der Übergabe nicht: "Wir lassen der SPÖ schon ein
bisschen Zeit." Die Innenministerin sieht in ihrem Vorgehen gegenüber
dem Koalitionspartner "den richtigen Weg".
In der SPÖ wurden unterdessen weitere kritische Stimmen zu Fekters Vorhaben laut. So hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied "massive verfassungsrechtliche Bedenken". Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kritisierte vor allem Phase zwei von Fekters Entwurf zur Anwesenheitspflicht, der einen Aufenthalt von bis zu sechs Wochen vorsieht. "Ich habe nicht das beste Gefühl dabei und muss mir den Entwurf genau anschauen." Das will auch ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner: "Schnellschüsse kann man in so einem Fall nicht machen", meinte sie auf die Frage zur Verfassungskonformität von Fekters Vorhaben.
Vilimsky: "Überhaupt internieren"
"Fekter ist zu
schwach, das Asylrecht zu ordnen", die Tragweite des Gesetzes sei zu kurz,
findet FPÖ-Sicherheitssprecher Harald Vilimsky. Er begrüßt zwar die
Anwesenheitspflicht für die Flüchtlinge, sie sei "zeitmäßig aber zu kurz".
Die Freiheitlichen fordern eine Internierung bis zum tatsächlichen Ausgang
des Verfahrens.
Korun: "Völlig sinnlos"
Die Grünen nennen den
Begutachtungsentwurf rundheraus verfassungswidrig. Im Asylverfahren würde
Haft zur Regel und Freiheit zur Ausnahme, so die Grüne
Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Die Klärung der Zuständigkeit für
Asylverfahren könne oft Monate dauern, das Einsperren während dieser Zeit
sei nicht nur menschenrechtswidrig, sondern auch völlig sinnlos, meint
Korun.
Westi: "Ankündigungsministerin"
Das BZÖ
kritisiert Fekter ebenfalls, aber aus einem anderen Grund. "Fekter hat
sich zur größten Ankündigungsministerin entwickelt. Jede Woche werden neue
Maßnahmen in ihrem Ressort angekündigt - aber es passiert nichts",
so der orange Sicherheitssprecher Peter Westenthaler. "Es gibt nur eine
einzige Lösung: die Drittstaatenregelung vollziehen und Asylwerber gleich
ins Herkunftsland zurückschicken."
Amnesty: "Menschenrechtswidrig"
Amnesty International
verurteilt den Gesetzesentwurf. AI-Generalsekretär Heinz Patzelt bezeichnet
die Vorlage als "verfassungswidrig und menschenrechtswidrig."
Menschen, die kein Delikt gesetzt hätten, so lange in Haft zu setzen, sei "völlig
undenkbar", meint Patzelt.
Verfassungsrechtler mehr als skeptisch
Verfassungsexperten sind
auch mehr als skeptisch. Bernd Christian Funk sieht in der Internierung von
Asylwerbern einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit. "Das
ist eine Behübschung des Umstandes, dass es eine Haft ist", nennt
es Heinz Mayer beim Namen. Für Theo Öhlinger ist der Entwurf sicher "im
Graubereich" zwischen verfassungswidrig und verfassungskonform.