Die Sozialdemokraten ziehen ihren Kurs durch - der Koalitionspartner ÖVP wird den U-Ausschuss nicht mitbeschließen.
Der SPÖ-Parlamentsklub hat sich in seiner Vollversammlung am Mittwoch geschlossen dafür ausgesprochen, der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den Vorwürfen gegen das Innenministerium zuzustimmen. Geschehen soll das bei der Nationalrats-Sondersitzung nächsten Montag.
Kein Grund für Neuwahlen
SPÖ-Klubchef Josef Cap hält das
Vorgehen für in Ordnung, die Neuwahl-Debatten seien "künstlich".
Einen Zusammenhang zwischen der Arbeitsfähigkeit der Koalition und der
Prüftätigkeit des Parlaments sieht Cap nicht. Man stimme ja nicht gegen die
ÖVP, sondern für parlamentarische Kontrolle.
Aufgabe des U-Ausschusses
Der Prüfauftrag soll alle
entscheidenden Fragen des Innenausschusses beinhalten. Untersucht werden
sollen etwa der Vorwurf des Missbrauchs staatlicher Einrichtungen durch eine
Partei, die Ermittlungstätigkeiten des Büros für interne Angelegenheiten und
die Frage von eventuell rechtswidrigen Weisungen in Ministerbüros.
Thematisiert werden auch die Causa Kampusch, die Waffenlieferungen an den
Iran, der Visa-Skandal, eine angebliche Scheinausschreibung in Mauthausen
und der möglicherweise rechtswidrige Gebrauch von EKIS-Daten im Fall der
Asylwerberfamilie Zogaj.
Sagen Sie Ihre Meinung: Sind Sie für Neuwahlen?
ÖVP setzt Trotzreaktion
Die Volkspartei will im U-Ausschuss
zwar mitarbeiten, sie will ihn aber weder am Montag mitbeschließen noch an
der Erstellung des Prüfauftrags teilnehmen. "Wir wollen den
Untersuchungsausschuss nicht, wir werden dafür auch keine Vorschläge machen",
so der ÖVP-Mandatar Helmut Kukacka.
Abgekartetes Spiel?
Außerdem werfen die Schwarzen den
Sozialdemokraten ein lange geplantes, "abgekartetes Spiel" vor.
Denn: von den Vorwürfen des Ex-BKA-Chefs Herwig Haidinger sei im
Sonder-Innenausschuss "wenig bis nichts übrig geblieben". Was
das alles für die Koalition bedeutet, wird sich weisen.
Volkspartei ist echt sauer
Gestern hatte ÖVP-Klubchef Wolfgang
Schüssel den Sozialdemokraten jedenfalls den "Bruch der Spielregeln"
geworfen. Für den Zweiten Nationalratspräsidenten Michael Spindelegger hat
die SPÖ einen "Koalitionsbruch" begangen. Und für den
steirischen ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer stellt sich nur mehr die Frage,
wer die "beste Ausgangsposition für den Ausstieg" bekommt.
Grüne haben Antrag fertig
Die Grünen haben bereits einen
Antrag auf Einsetzung des U-Ausschusses entworfen. Er enthält 20 Fragen zu
möglichem "systematischen Amtsmissbrauch zugunsten einer
politischen Partei" im Innenministerium, so der Grüne
Sicherheitssprecher Peter Pilz. Als Vorsitzenden wünscht er sich einen
Vertreter einer Oppositionspartei mit Kenntnissen über das Innenministerium
bzw. in Justizfragen.
FPÖ will Vorsitz
Die Freiheitlichen wollen unterdessen den
Vorsitz im U-Auschuss übernehmen. Die SPÖ hatte sich schon gestern klar für
einen Oppositionspolitiker als Vorsitzenden ausgesprochen.
Westi tritt BZÖ bei
Orangen-Chef Peter Westenthaler hegt
offenbar besonderes Interesse an dem Untersuchungsausschuss. Er wird daher,
um ihm beiwohnen zu können, Bündnis-Mitglied werden. Für ihn steht fest,
dass sämtliche "Bespitzelungen" des Büros für interne
Angelegenheiten dabei aufgeklärt werden sollen.
Hintergrund für den U-Ausschuss sind die Amtsmissbrauchsvorwürfe gegen das Innenministerium, vor allem gegen das Kabinett der früheren ÖVP-Ministerin Liese Prokop. Dazu hat der ehemalige Verfassungsgerichtshofspräsident Ludwig Adamovich im Sonder-Innenausschuss am Dienstag einen Zwischenbericht vorgelegt.
Lesen Sie hier den ersten brisanten Adamovich-Bericht der Kampusch-Kommission im Original