Die Roten wollen die Fragen beantworten, sie sehen darin keine große Hürde, zumal vieles schon in Untergruppen geklärt wurde.
Die SPÖ reagiert gelassen auf die von ÖVP-Chef Josef Pröll verordnete Verhandlungspause. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures sieht die vom schwarzen Chefverhandler aufgeworfenen zehn Fragen nicht als "große Hürde". Die von der ÖVP gewählte Vorgehensweise sei zwar von der SPÖ nicht gewünscht, stelle aber auch kein großes Problem dar. Die SPÖ trete wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation weiterhin für die rasche Bildung einer stabilen Regierung ein.
"Entscheidende Woche"
Aus Bures Sicht gehen die
Regierungsverhandlungen "in eine entscheidende Woche". In den
Regierungsverhandlungen werde selbstverständlich mitunter auch hart um eine
gemeinsame Linie gerungen. Die zehn Fragen Prölls sieht sie aber nicht als
Problem. Schließlich habe man in allen wesentlichen Fragen in den
Untergruppen bereits eine Einigung gefunden und sogar gemeinsame Antworten
formuliert.
SPÖ lässt sich nicht ärgern
Außer Bures wollte am
Montag kaum einer der roten Verhandler öffentlich Stellung nehmen. Nur
inoffiziell klang Irritation über Prölls Fragenkatalog durch, vor allem weil
darin auch Fragen gestellt werden, die in den Koalitionsverhandlungen schon
weitgehend geklärt wurden - wie die Entlastung aller Einkommengruppen bei
der Steuerreform oder die Einhaltung des Budgetpfades. Vielfach gäbe es
sogar schon einen gemeinsamen rot-schwarzen Vorschlag, war zu hören.
Nur Häupl verliert Geduld
Der Wiener Bürgermeister Michael
Häupl kann sein Temperament nur schwer zügeln. Er hat den Eindruck, dass es "eigentlich
nur um eine Pflanzerei der SPÖ" gehe, und fordert ein Ende der "Taktiererei".
"Die Fragen werden beantwortet werden, das ist ja keine Kunst",
meint er, immerhin seien die Fragen weitestgehend bereits ausdiskutiert.
Einigung bei Steuerreform
Tatsächlich hatte die SPÖ bereits am
Freitag einen Kompromiss bei der Steuerreform ventiliert, bei dem nicht nur
Einkommen bis 4.000 Euro entlastet würden, sondern auch - wie von der ÖVP
gefordert - Spitzenverdiener (nämlich durch die Anhebung der
Einkommensgrenze beim Spitzensteuersatz).
Einigung auf Budgetrahmen
Und beim Budgetpfad hieß es am Montag
aus beiden Parteien übereinstimmend, dass sich die Zusatzforderungen der
Untergruppen seit der Finanzrunde am Samstag nur noch auf wenige hundert
Mio. Euro belaufen würden. Zuvor war noch von acht Mrd. Euro die Rede
gewesen.
Prölls Ausrede für eigene Partei?
Im Umfeld von
SPÖ-Verhandlern wertet man die Vorgehensweise des ÖVP-Chefs jedenfalls als
Verzögerungstaktik. Spekuliert wird, dass Pröll die Gespräche möglicherweise
bis nach dem Parteitag am 28. November hinauszögern könnte, damit er
Streichungen von Gegnern der Großen Koalition entgeht.
ÖVP will nicht so recht
In der Volkspartei melden sich
immer mehr Landesparteichefs zu Wort, die eine neue Große Koalition
ablehnen. Der burgenländische ÖVP-Chef Franz Steindl meint, es seien noch
zuviele Fragen offen. Es müssten alle Maßnahmen genau fixiert werden, sonst
komme es wieder zu Streits. Ähnliche Töne kommen aus Tirol. Kärntens
Parteichef Josef Martinz wünscht sich eine Koalition mit anderen Parteien,
und die Steirer akzeptieren entweder eine andere Koalition mit Pröll als
Kanzler oder den Gang in die Opposition.
Die SPÖ-Länderchefs hoffen nach wie vor, setzen auf Gelassenheit und harren des schwarzen Parteitags am 28. November.
Die zehn ÖVP-Fragen im Wortlaut
- Was sind die konkreten Vorschläge der SPÖ, wie wir den gemeinsam vereinbarten Haushaltsplan einhalten können?
- Wo soll nach Vorstellungen der SPÖ - ohne zusätzliche Neuverschuldung - das Geld herkommen, das wir brauchen um den Menschen in der Krise zu helfen?
- Bekennt sich die SPÖ dazu, dass jeder Steuerzahler substanziell von einer Senkung der Lohn- und Einkommensteuer profitiert?
- Bekennt sich die SPÖ zu einer spürbaren Entlastung von Familien mit Kindern?
- Steht die SPÖ zum Prinzip: Steuergeld für das Krankenkassensystem nur dann, wenn gleichzeitig Struktur- und Effizienzmaßnahmen gesetzt werden?
- Wie sichern wir die Pensionen? - Damit jene Menschen, die heute arbeiten und einzahlen, morgen noch eine faire Pension erwarten können.
- Wie werden die Sparpotenziale in der Verwaltung ausgeschöpft?
- Bekennt sich die SPÖ dazu, dass sich auch staatsnahe Betriebe marktwirtschaftlich weiterentwickeln müssen um national und international wettbewerbsfähig zu sein.
- Wie sichern wir die Rolle Österreichs als verlässlicher und berechenbarer Partner bei der Weiterentwicklung der Europäischen Union?
- Ist die SPÖ bereit, den in den vergangenen Jahren eingeschlagenen und klaren Kurs in Fragen der Inneren und äußeren Sicherheit verlässlich mitzutragen?
FPÖ: Worüber wochenlang verhandelt?
Die Opposition
findet die Verzögerung nicht in Ordnung. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl
fordert ein "sofortiges Ende der vorweihnachtlichen Schmierenkomödie".
Zu den zehn Fragen Prölls meint Kickl, sie provozieren nur die Gegenfrage: "Worüber
bitte wurde bisher wochenlang gesprochen und verhandelt, wenn nicht über
grundlegende Fragen?"
BZÖ: stellt 10 Fragen zurück
BZÖ-Generalsekretär
Martin Strutz und Klubchef Josef Bucher bezeichnen die Pause als "Bankrotterklärung"
und fordern von Rot und Schwarz, über Alternativen zur Großen Koalition -
natürlich mit ihrer Partei - nachzudenken. Außerdem stellen die Orangen zehn
Fragen an Pröll, darunter diejenige, ob die ÖVP den Wählerauftrag nicht
verstanden und warum sie überhaupt Neuwahlen ausgerufen habe.
Grüne: haben immerhin 3 Fragen
Hier
geht's zu den 10 Grünen Scherzantworten
Grünen-Chefin
Eva Glawischnig richtet an beide Verhandler drei Fragen: "Wann widmen
sich SPÖ und ÖVP der Bewältigung der Wirtschaftskrise", "Was
wurde bisher verhandelt und wie sind die Ergebnisse" und "Wann
wird der Weg frei gemacht für ein funktionierendes Parlament und eine
funktionierende Regierung?" Alle drei Oppositionsparteien fordern eine
Nationalratssondersitzung.