Verwaltungsreform

SPÖ prüft Schließung von 61% der Spitäler

08.06.2010

Ein Spitalsplan von SP-Staatssekretär Andreas Schieder sollte auf einen Schlag 2,9 Milliarden Euro bringen – und löste einen Aufstand aus.

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Mit Reaktionen habe er schon gerechnet, sagt SP-Staatssekretär Andreas Schieder im ÖSTERREICH-Gespräch. Dass sie freilich so heftig ausfielen, habe ihn selbst zum Teil überrascht. Rechnen hätte ein Polit-Profi freilich damit müssen – auch wenn Schieder „nur“ einen Plan des Rechnungshofs aufgriff: Alle Spitäler mit weniger als 300 Betten sollen geprüft werden. Sind sie nicht mehr wirtschaftlich, so werden sie geschlossen.

Welche Spitäler jetzt geschlossen werden sollen
Die Landeshauptleute – rote wie schwarze – laufen gegen diesen Plan Sturm: Niederösterreichs mächtiger VP-Landeshauptmann Erwin Pröll macht aus seinem Ärger im ÖSTERREICH-Interview keinen Hehl (siehe unten): „Kein Wunder, dass sich die Menschen mit Grauen von dieser Politik abwenden.“ Auch die Landesfürsten Josef Pühringer (OÖ) und Gabi Burgstaller (Sbg.) protestierten prompt.

Immerhin geht ja um 81 von 130 öffentlichen Spitälern in ganz Österreich, die akut bedroht sind.

Geprüft werden laut Schieder jetzt alle 92 Anstalten mit weniger als 300 Betten. 11 davon kann man schon jetzt als gerettet bezeichnen, erklärt der angegriffene Staatssekretär. Das seien etwa Unfallkrankenhäuser der AUVA oder Fachspitäler mit eindeutiger Spezialisierung wie das St. Anna Kinderspital in Wien. „Diese Häuser sind absolut nicht bedroht. Aber die anderen Kleinspitäler wird man genau prüfen“, erklärt Schieder.

Er will jetzt Gruppenpraxen und auch Facharzt-Betreuung an den Wochenenden einführen – und regionale Kleinspitäler danach entweder zusammenlegen oder in Geriatriezentren umfunktionieren, wenn nicht ein akuter Bedarf in der Region gegeben sei, so der Staatssekretär.

Just in der Steiermark die meisten Spitäler betroffen
Die Aufregung über diese generelle Spitalsreform, die laut Geheimpapier des Rechnungshofs bis zu 2,9 Milliarden Euro bringen könnte, war prompt gewaltig: Denn just in der Steiermark, wo SP-Landesfürst Franz Voves im September um seine Wiederwahl zittern muss, sind mit 23 Kleinspitälern die meisten Krankenhäuser gefährdet.

Kein Wunder, dass SP-Kanzler Werner Faymann als Krisenfeuerwehr ausrückte: „Es geht hier nicht darum, Spitäler einfach zuzusperren. Wir brauchen diese Gebäude dringend für stationäre Pflegeeinrichtungen, kombiniert mit mehr mobiler Pflege.“

Aber, so auch Faymann, eine „offensive Diskussion mit den Ländern über eine Spitalsreform ist gut. Die Qualität darf nicht verschlechtert werden. Aber es geht darum, dort etwas zurückzunehmen, wo die Kosten zu hoch sind, weil etwa die Versorgung mit Akutbetten zu breit aufgestellt ist“.

Erwin Pröll: „Wenn das Regierungs-Stil ist, dann gute Nacht“

ÖSTERREICH: Was halten Sie denn vom Vorschlag, Spitäler mit unter 300 Betten zu schließen, wie es SP-Staatssekretär Schieder will?
Erwin Pröll: Ganz ehrlich, das ist eine Form der Diskussion, die die Menschen vor den Kopf stößt. Dadurch erreicht der Herr Staatssekretär Schieder, oder wem immer das eingefallen ist, dass sich die Menschen mit Grauen von dieser Politik abwenden.

ÖSTERREICH: Es würde gerade im ländlichen Bereich sehr viele Spitäler betreffen. Sie lehnen es strikt ab?
Pröll: Ja! Das gesamte Waldviertel hätte nach diesem Plan etwa nur noch ein einziges Spital. Das zeigt, dass der Herr Schieder null Ahnung von regionalen Problemen hat und offenbar noch nie aus Wien herausgekommen ist.

ÖSTERREICH: Aber es gibt in der Tat sehr viele Spitäler im ländlichen Bereich. Braucht man wirklich alle?
Pröll: Wir haben in Niederösterreich als Einzige bereits Spitäler geschlossen und zusammengelegt. Nur, wir haben das mit einem Gesamtkonzept gemacht. Einfach nur irgendeine Zahl zu nennen und zu sagen, ab 300 Betten schließen wir, so etwas könnte ja jeder Volksschüler. Dafür bräuchte man diese Herrschaften nicht.

ÖSTERREICH: Die Herrschaften in der Regierung?
Pröll: Also ganz ehrlich: Wenn das der Arbeitsstil dieser Regierung ist, dann gute Nacht.

ÖSTERREICH: Was erwarten Sie sich von der Regierung? Es wird ja gespart werden müssen, oder?
Pröll: Natürlich, aber ich würde mir wünschen, dass diese Regierung über Strukturreformen in einer Gesamtschau nachdenkt und nicht ständig öffentlich über neue Ideen gackert.

ÖSTERREICH: Das heißt: Die Regierung sollte erst ein Gesamtkonzept präsentieren?
Pröll: Ja, denn wenn man ständig neue ungereifte Ideen präsentiert, verunsichert man nur die Bevölkerung. Genau das ist derzeit das Hauptproblem der Regierung. So wenden sich die Menschen ab.

Interview: Isabelle Daniel

Die rote Liste der gefährdeten Spitäler:

Legende:
(Fett:sehr bedroht)
(Kursiv: bedroht)
(Normal: nicht bedroht)

BURGENLAND

Güssing, A.ö.Krankenhaus
Kittsee, A.ö. Krankenhaus
Oberpullendorf, Landes- KH

KÄRNTEN

Friesach , Deutschorden-Spital
Hermagor, Reha-Klinik.
Klagenfurt , Elisabethinen
AUVA Klagenfurt, Unfall-KH
Kötschach, LKH-Laas
St. Veit, Barmherzige Brüder
Spittal/Drau, A.ö. Krankenhaus
Feldkirchen. KH-Waiern
Wolfsberg, Landeskrankenhaus
Treffen, Diakonie Kärnten

NIEDERÖSTERREICH

Hochegg, Reha-Zentrum
Hainburg, Landesklinikum
Hollabrunn, A.ö. Krankenhaus
Klosterneuburg, A.ö. KH
Melk, Wachauklinikum
Scheibbs, A.ö. Krankenhaus
Waidhofen/Thaya, A.ö. KH
Lilienfeld, A.ö. Krankenhaus
Waidhofen/Ybbs, LKH
Gmünd , A.ö. Krankenhaus
Zwettl, A.ö. Krankenhaus

OBERÖSTERREICH

Bad Ischl, Landeskrankenhaus
Freistadt, Landeskrankenhaus
Kirchdorf, Landeskrankenhaus
AUVA Linz, Unfallkrankenhaus
Schärding , LKH
Sierning, Kreuzschwestern
Rohrbach, Landeskrankenhaus
Kinderkrankenhaus Linz

SALZBURG

Abtenau, N.ö. Krankenhaus
Hallein, A.ö. Krankenhaus
Mittersill, A.ö. Krankenhaus
Oberndorf, A.ö. Krankenhaus
Zell am See , A.ö. Krankenhaus
AUVA, Salzburg
Barmherzige Brüder Salzburg
St. Veit/Pongau , LKH
Tamsweg, A.ö. Krankenhaus

STEIERMARK

Bad Aussee , LKH
Feldbach, Landeskrankenhaus
Fürstenfeld
Bad Aussee, Psychosomat. Zentrum
LKH Hörgas-Enzenbach
AUVA Graz, Unfallkrankenhaus
Graz, Barmherzige Brüder
Hartberg, LKH
Kalwang AUVA
Kapfenberg, Neurologiezentrum
Elisabethinum Graz
Barmherz. Brüder Eggenberg
Mürzzuschlag, LKH
Bad Radkersburg, LKH
Rottenmann , LKH
Schladming Diakonissen
Stolzalpe, Orthopädie
Voitsberg, LKH
Vorau, Marienkrankenhaus
Wagna, Landeskrankenhaus
Weiz, Landeskrankenhaus
Deutschlandsberg, LKH
Judenburg, LKH
Graz/West. LKH

TIROL

Hall, Bezirkskrankenhaus
Hall, Psychiatrie
Zirl, Landeskrankenhaus
Kitzbühel (schon geschlossen)
Natters, Landeskrankenhaus
Ehenbichl, Bezirkskrankenhaus
St. Johann, Bez. Krankenhaus

VORARLBERG

St. Josef in der Au
Bludenz , A.ö.Krankenhaus
LKH Bregenz
Zisterzienser Bregenz
Hohenems , A.ö.Krankenhaus
Frastanz, KH-Stfitung

WIEN

Kalksburg, Anton Proksch-Inst
Barmherzige Schwestern
SMZ Floridsdorf
Herz Jesu-Spital GmbH
Hartmann KH, Franziskaner
St. Elisabeth GmbH
St. Josef, Salvatorianerinnen
UKH Meidling
Sofienspital , SMZ
Orthopädie Gersthof
Lorenz Böhler Unfallkrankenh.
Orthopädie Speising
St. Anna Kinderspital
Göttl. Heiland, Vinzenz Gruppe

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