Beide Parteien unterstellen der jeweils anderen, sich bei der EU-Kommission für/gegen die Halbierung der MwSt. auf Essen engagiert zu haben.
Der Konflikt zwischen den Noch-Regierungsparteien SPÖ und ÖVP wird drei Wochen vor den Nationalratswahlen sehr schlimm. Der Hintergrund sind gegenseitige Interventionsvorwürfe bei der EU-Kommission in Sachen Mehrwertsteuer. Die SPÖ will eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die ÖVP lehnt das ab.
Die SPÖ wirft der ÖVP vor, in Brüssel interveniert zu haben, um die Mehrwertsteuersenkung zu verhindern. Die Volkspartei wiederum findet, dass die Sozialdemokraten Einfluss bei der EU-Behörde genommen haben.
ÖVP verlangt Konsequenzen
Die Schwarzen fordern Konsequenzen
für die Aussagen von SPÖ-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter.
Der Zweite Nationalratspräsident Michael Spindelegger wirft ihm vor,
Österreich zu vernadern. Für Finanzsprecher Günter Stummvoll agiert
Matznetter zum Schaden für Österreich und macht das Land in der EU
lächerlich. Spindelegger verlangt Beweise, sonst müsste der SPÖ-Mann die
vollen Konsequenzen zu tragen haben.
Sprach mit Steuerkommissar
Der rote Staatssekretär hatte
festgestellt, dass Brüssel ursprünglich nichts gegen das rote Ansinnen
gehabt hätte, erst nach Kontakten mit dem Finanzressort in Wien habe sich
die Erstauskunft geändert. In einem Telephonat mit EU-Steuerkommissar Laszlo
Kovacs habe ihm dieser bestätigt, dass es direkten Kontakt zwischen Beamten
des Finanzministeriums und der Generaldirektion Steuern gegeben habe, so
Matznetter. Die Anfrage nach einer Erstauskunft nimmt wiederum Spindelegger
zum Anlass, den Roten zu unterstellen, bei der Kommission interveniert zu
haben.
Mail als Beweis
Matznetter hat auch ein entsprechendes E-Mail der
EU-Kommission vom 29. August bei der Hand, in dem es heißt:
"Sehr geehrte Herren, im Nachgang zu unseren Telefonaten am Mittwoch haben wir gemeinsam mit der Rechtsabteilung indirekte Steuern innerhalb der GD TAXUD die Frage nach dem 'dritten' ermäßigten Steuersatz genauer geprüft und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein zusätzlicher Satz von fünf Prozent bei Beibehaltung des 12-Prozent-Satzes gemäß Artikel 119 der MwSt-Richtlinie nicht möglich ist. Ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass eine diesbezügliche Anfrage aus Österreich bei unserem Pressedienst bald in diesem Sinn beantwortet werden wird. Ich hatte bei Ihnen allen versucht anzurufen, aber niemand angetroffen."
EU-Primärrecht als Trumpf
Der SPÖ-Staatssekretär sieht
weiterhin kein Problem in dem Vorhaben seiner Partei. Was den
12-Prozent-Satz für Wein-Ab-Hof-Verkauf betrifft, "ist das
EU-Primärrecht. Das kann uns durch keine Richtlinie weggenommen werden. Das
ist im EU-Vertrag verankert."
Molterer lässt dementieren
Aus dem ÖVP-Finanzministerium
heißt es, dass es keine Intervention bei der EU gegeben habe, vielmehr eine
Anfrage. Es sei aber ein ganz normaler Prozess, die legistischen
Möglichkeiten auf EU-Ebene abzuklären. Diese Kontakte gebe es laufend. Eine
Einflussnahme in eine Richtung in Brüssel wäre gar nicht möglich.