Die Sozialdemokraten verlieren über fünf Prozent. Die ÖVP legt zu.
Bei den steirischen Gemeinderatswahlen am Sonntag - gewählt wurde überall, ausgenommen in Graz - hat die SPÖ mit einem Minus von 5,6 Prozentpunkten auf 37,73 Prozent eine herbe Niederlage hinnehmen müssen. Gewinner war die ÖVP mit einem Plus von 3,36 Prozentpunkten auf 46,72 Prozent, womit der 2005 auf wenige Stimmen geschrumpfte Abstand zur SPÖ auf einen neuen Höchststand in der Zweiten Republik ausgebaut werden konnte. Leichte Gewinne verbuchten FPÖ und KPÖ, die Grünen verloren leicht.
ÖVP legt zu, Grüne verlieren
Bei einer Wahlbeteiligung
von 77,33 Prozent - nur minimal geringer als im Jahr 2005 - haben 613.613
Steirer ihre Stimme abgegeben, davon 603.655 gültig und 9.958 ungültig. Mit
227.738 Stimmen (37,73 Prozent) erlitt die SPÖ ein deutliches Minus
gegenüber 2005, als sie 43,33 Prozent der Stimmen für sich gewinnen konnte.
Damit verloren sie insgesamt 366 Mandate und kommen nun auf insgesamt 2.574
Mandate. Die ÖVP erzielte mit 282.050 Stimmen (46,72 Prozent) ein Plus von
3,36 Prozentpunkte und hält nun bei 4.081 Mandaten, 263 Mandate mehr als
zuvor. Auch die KPÖ konnte eine positive Bilanz ziehen: Mit 6.841 Stimmen
(1,13 Prozent) erhielten sie 28 Mandate, um 15 mehr als 2005, als sie auf
0,67 Prozent kamen.
Leicht verloren haben die Grünen, die von 2,32 Prozent auf 2,08 Prozent abgesunken sind, 83 Mandate halten und elf hergeben mussten. Die FPÖ konnte dagegen um 51 auf 354 Mandate und den Stimmenanteil von 5,84 Prozent auf 6,52 Prozent aufstocken. Erstmals angetreten ist das BZÖ, das mit 3.467 Stimmen auf 0,57 Prozent und 13 Mandate kam. 5,25 Prozent der Stimmen und 374 Mandate gingen an sonstige Listen.
Lesen Sie hier das vorläufige Endergebnis.
SPÖ stürzt in Voves-Gemeinde ab
In einigen steirischen
Gemeinden gab es aufgrund von lokalen Besonderheiten teils überraschende
Ergebnisse. So konnte LH Franz Voves (S) in seiner Wohngemeinde Vasoldsberg
im Bezirk Graz-Umgebung offenbar nicht als Zugpferd für seine Partei
punkten: Hier verlor die SPÖ kräftig um 13,99 Prozentpunkte auf 22,66
Prozent und muss drei Sitze in der Gemeindestube räumen.
In der in der Öffentlichkeit zuletzt ins Gerede gekommenen obersteirischen Gemeinde Fohnsdorf - die ÖVP hatte den SPÖ-Bürgermeister Johann Straner wegen der finanziellen Situation der örtlichen Therme massiv unter Beschuss genommen - hielt die SPÖ im wesentlichen, ganz im Gegensatz zu anderen Industriestädten der Mur-Mürz-Furche: In Fohnsdorf sank die SPÖ von 73,76 auf 71,17 Prozent. Die ÖVP verlor leicht von 18,72 auf 18,41 Prozent, ihr verlorener Gemeinderatssitz ermöglichte der FPÖ den Einzug, die KPÖ hielt ihr Mandat. Fohnsdorf kämpft seit Jahren mit Arbeitsplatzproblemen aufgrund von AT&S-Abwanderung und Umstrukturierung bei der HTB.
Bad Radkersburg: Ära geht zu Ende
Im obersteirischen Öblarn
- der ersten Kindergeldgemeinde Österreichs - verbuchte das BZÖ zwar sein
bestes Kommunalergebnis, verlor dort aber trotzdem die Mehrheit. Die Liste
des früheren Bürgermeisters Anton Knerzl (B) verlor ein Mandat auf vier
Mandate, hat aber die Genugtuung, dass die FPÖ aus dem Gemeinderat flog. Die
ÖVP legte hier massiv um 15,84 Prozentpunkte auf 44,25 Prozent zu und löste
das BZÖ als Mehrheitsfraktion (zuvor 33,67, nun 28,54 Prozent) ab.
In Bad Radkersburg ging eine kleine Ära zu Ende: Bürgermeister Peter Merlini, seit elf Jahren im Amt, verlor mit seiner Namensliste ein Mandat und wurde von der ÖVP - aus der er ursprünglich kommt - überflügelt. Die Volkspartei gewann in der südöstlichsten Stadt Österreichs von 31,75 auf 47,85 Prozent hinzu. In Hartberg, einem der stärksten Bezirke der steirischen Volkspartei, verlor Bürgermeister Karl Pack - eines der Hauptthemen waren missglückte Spekulationsgeschäfte der Gemeinde gewesen - die Absolute von 53,8 auf 48,66 Prozent. Die Opposition profitierte offenbar, der SPÖ glückte ein ganz leichter Gewinn, die Grünen verdoppelten ihre Mandate auf vier.
In Fürstenfeld baute die ÖVP ihre Mehrheit von 47,06 auf die Absolute von 66,49 Prozent aus, die SPÖ brach von 32,37 auf 16,32 Prozent ein. Die FPÖ flog aus dem Gemeinderat, das BZÖ hat hier einen Mandatar. Die Liste "Für Recht auf nationale Zukunft" (FRANZ) des aus dem rechtsextremen Bereich kommenden Franz Radl verlor von 2,49 auf 1,43 Prozent, lediglich 49 von 4.971 Fürstenfeldern stimmten für sie. In der Geburtsgemeinde von Arnold Schwarzenegger, Thal bei Graz, verlor die den Bürgermeister stellende SPÖ von 58,09 auf 54,97 Prozent, die ÖVP legte von 16,48 auf 22,15 Prozent zu. Die hier immer sehr starken Grünen hielten mit 17,94 ihre drei Mandate.
Plätze im SPÖ-Parteihaus bleiben leer
Mit zunehmenden
Eintreffen von Wahlergebnissen wurden die Gesichter der Funktionäre bei der
SPÖ immer länger: Akklamiert wurden einzelne Ergebnisse, im Trend aber
zeichnete sich ein kräftiges Minus ab. Parteichef und LH Franz Voves führte
lange Telefonate, im Eggenberger Parteihaus blieben viele Sitzplätze leer.
Umgekehrt die Stimmung bei der ÖVP, die durchwegs zulegte und stetig ein
Plus von rund 3,5 Prozentpunkten im Gesamtergebnis hielt: "Dass die SPÖ
vor allem in den roten Machtzentren der Obersteiermark massiv verliert,
zeigt mehr als deutlich, dass Wahlkampf-Gags wie Abschaffung von
Bezirkshauptmannschaften, Stiftungsskandal und Gemeindedesaster die
Voves-SPÖ schwer in Bedrängnis bringen ", so Rinner.
Bei einigen Wahlergebnissen brandete Applaus auf, wie bei Nestelbach, Gratwein und vor allem Leibnitz - wo die SPÖ gegen den Trend aufgrund zweier gegeneinander antretender ehemaliger VP-Bürgermeister über elf Prozentpunkte Plus einheimste und die VP stark verlor. Dann wurde es aber zusehends stiller, mit dem Eintreffen der Ergebnisse aus den SPÖ-Hochburgen wie den Industriestädten Eisenerz und Bruck/Mur oder Knittelfeld, wo man überall kräftig - teils im zweistelligen Bereich - ablegte.
Voves war am Nachmittag zu keiner Stellungnahme bereit, bei der ÖVP war man umso gesprächiger: "Die Ergebnisse seien eine enorme Stärkung der steirischen ÖVP-Bürgermeister und Kandidaten und ein Erfolg für die VP mit Hermann Schützenhöfer an der Spitze", so ein erster Kommentar von VP-Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner in der VP-Zentrale am Grazer Karmeliterplatz.
SPÖ: Niederlage nicht schönreden
Bei führenden
SPÖ-Funktionären herrschte am späten Sonntagnachmittag Rätselraten über die
Ursachen für den schlechten Wahlausgang. LHStv. Siegfried Schrittwieser (S),
selbst früherer Ortschef im obersteirischen Thörl, meinte, die Niederlage
könne man nicht schönreden. Nun gehe es ans Analysieren. ÖVP-Landesrätin
Kristina Edlinger-Ploder meinte im ÖVP-Parteizentrale am Grazer
Karmeliterplatz: "Der österreichweite Trend hat sich bestätigt, der
bundes- und Landestrend schlägt sich auch auf die steirischen Gemeinden
nieder".
Schrittwieser betonte, in seiner Heimatgemeinde Thörl halte man immer noch rund 65 nach fast 70 Prozent. "Zuletzt habe es immer ein auf und ab gegeben, da kann sich der Bürgermeister nix vorwerfen. Generell ist es ein trauriger Tag. Die Niederlage habe unterschiedliche Ursachen, man müsse nun analysieren. "Wenn man von den Wählern so bestraft wird, dann wird das Gründe haben, aber eine Stunde nach dem Wahlergebnis kann man noch nichts sagen", so Schrittwieser. Landesrätin Elisabeth Grossmann (S) hatte im Gegensatz zu Schrittwieser allerdings bereits einen Grund für das schlechte Abschneiden gefunden: "Es liegt daran, dass sich die Sozialdemokratie im Schließen von Kompromissen verliert. Das Profil geht verloren." In Koalitionen sei es schwer, sozialdemokratische Ziele zu verfolgen, aber genau das wäre notwendig. Immerhin gebe es in ihrem Bezirk Voitsberg einige Lichtblicke oder etwa den zweistelligen Zugewinn in Leibnitz.
ÖVP: Es geht wieder bergauf
Ihre ÖVP-Amtskollegin
Edlinger-Ploder sprach von einem erfreulichen Trend für die VP, und "dass
es nach 2005 wieder bergauf geht. Es liegt wohl auch daran, dass die
vergangenen fünf Jahre mit einer SPÖ an der Spitze der Regierung ernüchternd
waren und die Menschen in ihrer Erwartungshaltung enttäuscht worden sind".
VP-Landtagsklubchef Christopher Drexler sah in den vorläufigen Ergebnissen einen "tollen Motivationsschub für die Landtagswahl, ein sehr ermutigendes Ergebnis für die gesamte steirische Volkspartei". Man sehe, dass sich harte und kontinuierliche Arbeit auszahle. "Wir steuern auf den größten Stimmenunterschied zwischen ÖVP und SPÖ in der Zweiten Republik zu. Zudem hatte die steirische SPÖ bei der Gemeinderatswahl 2005 nur das siebent beste Ergebnis ihrer Geschichte, wovon sie nun nochmals rund fünf Prozent verliert". Dieses Wahlergebnis sei umso interessanter, als sich SPÖ-LH Franz Voves zuletzt massiv selbst in die Schlacht geworfen habe