"Guter Zeitpunkt, um politische Auseinandersetzung zu beginnen": Alle Bilder.
Die SPÖ hat am Mittwoch ihren traditionellen Maiaufmarsch am Wiener Rathausplatz zu einer Art inoffiziellem Wahlkampfauftakt umfunktioniert. "Dieser heutige 1. Mai ist aus meiner Sicht ein guter Zeitpunkt, um die politische Auseinandersetzung mit den anderen zu beginnen", erklärte etwa der neue Arbeiterkammerpräsident, Rudolf Kaske, zu Beginn der Abschlusskundgebung. Auch heuer waren wieder Zehntausende Menschen bei herrlichem Frühlingswetter auf den Rathausplatz geströmt - wo sie von der Parteispitze empfangen wurden.
Die Veranstaltung stand heuer unter dem Motto "Die SPÖ kämpft für ein gerechtes Österreich. Der Wiener Weg: Sozial denken, gerecht handeln". Die Bezirke und Teilorganisationen kamen aus ganz Wien im Sternmarsch zum Rathausplatz, oft begleitet von Musikkapellen oder Trommlern. Auf den Transparenten waren die gut bekannten Forderungen der vergangenen Wochen zu lesen - wie etwa: "Wir kämpfen für günstiges Wohnen" oder "Keine weiteren Privatisierungen".
© TZ ÖSTERREICH
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Manche vorgebrachten Anliegen stimmten jedoch nicht ganz mit der Parteilinie überein - etwa die Losung "Bankgeheimnis für alle abschaffen". Sie war auf einem Transparent der "Sektion 8" aus der Bezirksorganisation Alsergrund zu lesen.
Nach dem mehrstündigen Aufmarsch standen zu Mittag die - heuer insgesamt fünf - Abschlussansprachen auf dem Programm. Neben Kaske ergriffen dabei ÖGB-Präsident Erich Foglar, die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner, Bürgermeister Michael Häupl und Bundeskanzler Werner Faymann das Wort.
Faymann schwört Anhänger ein
Bundeskanzler und SPÖ-Obmann Werner Faymann versprach bzw. appellierte an die roten Funktionäre, bis zur Nationalratswahl "alle unsere Kräfte" einzusetzen, damit das "soziale Österreich" mit der geringsten Arbeitslosigkeit auch die Zukunft darstelle. Und er warnte eindringlich vor den Alternativen: "Wenn die Auseinandersetzung Ende September lautet, wollt ihr eine neoliberale Regierung an der Spitze dieses Landes oder wollt ihr eine sozialdemokratisch geführte Regierung, dann werden wir uns an Schwarz-Blau erinnern, die gezeigt haben, wohin sie dieses Land gebracht haben, mitten in der Hochkonjunktur mit der höchsten Arbeitslosigkeit."
Er bitte für diesen Einsatz in den nächsten Wochen und Monaten, in denen viele Menschen überzeugt werden sollen, dass eine "Richtungsentscheidung" anstehe - etwa über Kinderbetreuungseinrichtungen, ein soziales Gesundheitssystem oder den sozialen Wohnbau. Die Alternative sei eine Gesellschaft der Gier, eine neoliberale Gesellschaft, in der alles privatisiert werde, zeigte sich Faymann überzeugt. "Wir wollen eine sozialdemokratisch geführte Regierung", stellte er klar.
Bankgeheimnis
Erwartungsgemäß widmete sich der SPÖ-Chef auch dem zuletzt besonders intensiv diskutierten Themenfeld Steuern bzw. Bankgeheimnis: Das Wort Steueroase, so befand er etwa, sei zu positiv, "eigentlich ist es doch ein Sumpf". "Darum ist es so wichtig, egal wer aller gegen uns ist, dass Österreich an der Spitze steht im Kampf gegen den Steuerbetrug in der Welt und in Europa. Wir sind nicht die Lobbyisten der Steuerbetrüger, wir sind nicht die Lobbyisten der Pestizidhersteller, wir sind die Lobbyisten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", versicherte er den Kundgebungs-Teilnehmern.
Seitenhieb auf Grasser
"Manche versuchen dann, die Großmutter vorne hinzustellen und zu sagen, wir müssen das Bankgeheimnis der Großmutter schützen. Liebe Freunde, um das Bankgeheimnis und den Schutz kümmern wir uns. Aber ich habe noch keine Großmutter gesehen, die eine Stiftung in Liechtenstein hat und einen Briefkasten in der Karibik", so Faymann in seiner Rede beim Maiaufmarsch, zu dem laut SPÖ mehr als 100.000 Menschen erschienen waren.
Auch der Wiener Chef-Sozialdemokrat, Bürgermeister Michael Häupl, beteuerte: "Am letzten Sonntag im September dieses Jahres treffen wir, die Österreicherinnen und Österreicher, eine sehr wesentliche Entscheidung, nämlich die Entscheidung darüber: Wollen wir eine sozial gerechte Gesellschaft oder wollen wir eine Gesellschaft, die diktiert wird von außen her, von wildgewordenen Finanzmärkten oder von Neoliberalen, nicht zuletzt in der europäischen Union, sondern auch hier in Österreich."
Die Vermögenden in der Gesellschaft müssten einen gerechten Anteil am Abbau der Staatsschulden leisten und auch einen Beitrag an der Finanzierung der öffentlichen Ausgaben tragen, verlangte Häupl. Was konkret bedeute: Die Einführung einer Vermögenssteuer müsse rasch erfolgen. Und: Es heiße auch, zu garantieren, "dass es in Zukunft nicht mehr möglich ist, dass die Mitarbeiter internationaler Konzerne wesentlich mehr Steuern zahlen als die Konzerne selbst".
Gegen Fekter
"Daher fordere ich Finanzministerin Maria Fekter einmal mehr auf, sie soll aufhören, die Schutzheilige der Steuerhinterzieher und Steuerbetrüger zu spielen", sagte Häupl, der die anwesenden Genossinnen und Genossen daran erinnerte, dass die Abstimmung über die Frage der Gerechtigkeit am letzten Septembersonntag möglich sei. "Geht wählen und wählt gut", lautete die entsprechende Bitte des Bürgermeisters.
"Nur eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung kann dafür sorgen, dass diese Herausforderungen auch bewältigt werden", befand auch die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner. Und ÖGB-Chef Erich Foglar zeigte sich überzeugt: "In Österreich kann man sehen, wie es geht." Die geringe Arbeitslosigkeit etwa sei nicht eine Folge von Glück, sondern davon, dass die Gewerkschaften und die Sozialpartner dafür gekämpft hätten.