Der SP-Matznetter sagte, für die Senkung der Steuersätze seien "enorme Volumina" nötig. Kritik kommt von der ÖVP.
Die SPÖ will den Schwerpunkt der Steuerreform auf die Entlastung der Arbeitnehmer mit bis zu 4.000 Euro brutto pro Monat legen. Für eine ordentliche Entlastung dieser Gruppe wären aus Sicht von Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (S) zwei bis drei Steuerreformen mit einem Volumen von sechs bis neun Mrd. Euro nötig. Die Steuerentlastung im Jahr 2010 soll seinen Angaben zufolge nicht unter drei Mrd. Euro ausmachen. Die Senkung des Spitzensteuersatzes lehnte er bei einer Pressekonferenz am Montag neuerlich ab.
Molterer betreibe Entlastung "der eigenen Brieftasche"
Matznetter
warf Finanzminister Wilhelm Molterer (V) vor, mit der Forderung nach einem
niedrigeren Spitzensteuersatz die Entlastung "der eigenen Brieftasche"
zu betreiben. Er veröffentlichte seinen Gehaltszettel als Staatssekretär
(14.442,50 Euro brutto, 7.089,73 Euro netto) und rechnete vor, dass ihm die
Senkung des Spitzensteuersatzes von 50 auf 42 Prozent 9.200 Euro jährlich
bringen würde. Bei Molterer wäre die Entlastung mit 13.600 Euro noch höher.
"Würde ich nur meine Brieftasche statt mein Hirn und mein Herz wählen
lassen, könnte ich direkt Liste ÖVP wählen", ätzte der SP-Politiker.
Entlastung für Durchschnittsverdiener wichtiger
Wichtiger
wäre aus seiner Sicht die Entlastung der Durchschnittsverdiener. Grund: Die
Hälfte der Arbeitnehmer verdient weniger als 22.320 Euro jährlich oder 1.594
Euro pro Monat. Sie bezahlen also noch nicht den Spitzensteuersatz von 50
Prozent, der erst ab 51.000 Euro fällig wird. Trotzdem bleibt einer
Handelsangestellten in diesem Einkommensbereich von der 3,1-prozentigen
Lohnerhöhung 2008 nach Matznetters Berechnung nur knapp die Hälfte,
besserverdienende Facharbeiter verlieren abzüglich Steuer und
Sozialversicherung überhaupt mehr als die Hälfte der Lohnerhöhung.
Leistungshemmendes System
"Dieses System ist
leistungshemmend", kritisierte Matznetter. Er forderte daher eine
Senkung der Steuersätze für Einkommen bis 4.000 Euro monatlich, die Senkung
der Lohnnebenkosten im unteren Einkommensbereich und die Erhöhung der
Negativsteuer für Arbeitnehmer, die keine Steuern zahlen. Für eine derartige
Entlastung seien aber "enorme Volumina" nötig. "Daher
wird man Spielereien der Art 'Wie kann ich meine persönliche Brieftasche und
die von meinem Freundeskreis entlasten' zurückstellen müssen",
hält Matznetter am Spitzensteuersatz fest.
Anhebung des Spitzensteuersatz auf 51.000 Euro?
Einmal mehr
zeigte sich der SP-Politiker aber bereit, die Einkommensgrenze für den
Spitzensteuersatz auf über 51.000 Euro anzuheben. Weiterhin abgelehnt wird
von Matznetter dagegen die von der ÖVP favorisierte Familienbesteuerung.
Außerdem forderte er eine Vermögenszuwachssteuer und eine Verbreiterung der
Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung. Sollte die Konjunktur bis
zur Steuerreform 2010 einbrechen, dann würde Matznetter - anders als
Molterer - auch ein Budgetdefizit im Jahr der Steuerreform nicht
ausschließen.
Keine automatische Inflationsanpassung der Lohnsteuer
Abgelehnt
wird von Matznetter die von Wifo und Grünen vorgeschlagene automatische
Inflationsanpassung der Lohnsteuertarife, um die "kalte Progression"
zu mildern. Dies würde die Budgetkonsolidierung erschweren und die Inflation
anheizen, fürchtet Matznetter. Die vom Wifo vorgeschlagene
Steuerreformkommission habe er bereits bei den Regierungsverhandlungen
gefordert, sei damit aber beim Koalitionspartner nicht durchgedrungen, so
der Staatssekretär.
Nächste Seite: Kritik von der ÖVP
Kritik an den Aussagen von Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter (S) kommt von VP-Finanzsprecher Günter Stummvoll. "Wenn sich die Gusenbauer-SPÖ ums Geld kümmert, dann müssen die Österreicherinnen und Österreicher Angst um ihre Brieftaschen und Sparbücher haben", so der VP-Abgeordnete. Er kritisierte insbesondere die Ablehnung des Familiensplittings und forderte eine Entlastung der Klein- und Mittelbetriebe. Nichts hält Stummvoll von einer Gegenfinanzierung der Steuerreform und befürchtet eine "rote Belastungswelle".
ÖVP beharrt auf Familiensplitting und Senkung des Spitzensteuersatzes
Die
ÖVP hält trotz der Ablehnung der SPÖ am Familiensplitting und an der Senkung
des Spitzensteuersatzes fest. Es habe "mehrfache Aussagen auch des
Bundeskanzlers gegeben, dass der Spitzensteuersatz gesenkt werden soll",
heißt es diesbezüglich im Büro von Vizekanzler Wilhelm Molterer (V). Was den
Vorschlag nach Einsetzung einer Steuerreformkommission angeht, hält man sich
im Finanzministerium zurück: Priorität habe nun die Feststellung des
Volumens der Steuerreform, alle weitere Schritte würden danach folgen.
"Entlastung der Leistungsträger"
Eine "Entlastung
der Leistungsträger" fordert die Industriellenvereinigung für die
Steuerreform. Gemeint ist damit eine Senkung des Spitzensteuersatzes auf 45
Prozent sowie die Anhebung der Einkommensgrenze auf 100.000 Euro. "Ein
Höchststeuersatz von 50 Prozent wirkt für potenzielle Spitzenkräfte und
damit auch Unternehmen abschreckend", kritisiert IV-Generalsekretär
Markus Beyrer in einer Aussendung. Außerdem forderte er eine Senkung der
Lohnnebenkosten für Klein- und Mittelverdiener.
BZÖ will Flat-Tax um drei Milliarden Euro
Das BZÖ fordert
angesichts der Steuerreformdebatte in der Regierung einmal mehr eine
sofortige Entlastung und den Umstieg auf ein Flat-Tax-Modell. "Für eine
Entlastung der Bevölkerung ist mit drei Mrd. Euro ohnehin genug Geld in der
Staatskasse", findet BZÖ-Budgetsprecher Josef Bucher. Er befürchtet,
dass die Entlastung durch den Streit der Regierungsparteien nur "soweit
wie möglich nach hinten verschoben" werden soll.