Ein Jahr Rot-Schwarz
Sprengt die Pflege die Große Koalition?
09.01.2008
Ein Jahr nach der Angelobung befindet sich die Koalition auf Kollisionskurs. Der Spaltpilz ist das Pflegemodell.
Pünktlich zum einjährigen Koalitionsjubiläum gehen SPÖ und ÖVP in eine Klausur. Diese beiden Tage - Donnerstag und Freitag - bergen Sprengpotenzial für die rot-schwarze Regierungszusammenarbeit. Der Grund ist noch immer das Thema Pflege. Die ÖVP will es auf der Agenda haben, die SPÖ betrachtet die Angelegenheit seit dem Nationalratsbeschluss als gegessen.
Warten auf den Eklat
Die Volkspartei hat am Montag angekündigt,
dass die 24-Stunden-Pflege daheim auf der Tagesordnung stehen wird und man
einen "Masterplan" erstellen will. Die Sozialdemokraten haben postwendend
wissen lassen, dass sie kein Programmpunkt der Regierungsklausur sein wird
und es einen Masterplan bereits gebe.
ÖVP piesackt mit Nadelstichen
Die ÖVP besteht auf der
Verlängerung der Amnestie für illegale Pflege, auch wenn sie den Betroffenen
nur begrenzt hilft. Seit dem Beschluss im Parlament wiederholt die
Volkspartei täglich ihre Unzufriedenheit mit dem Pflegemodell. Die schwarz
geführten Länder wurden angehalten, das Pflegegesetz vorerst nicht zu
exekutieren. Zuletzt hat Molterer mit einem "Kompromiss" versucht, die
Sozialdemokratie umstimmen: wenigstens um ein halbes Jahr sollte die
Amnestie ausgedehnt werden.
SPÖ pieckst zurück
Die SPÖ bleibt standhaft. Eine
Verlängerung würde ihrer Ansicht nach nur dazu führen, dass erst wieder
niemand das neue legale Pflegemodell nutzt. Und schließlich hat sich die SPÖ
einen Tag vor der Klausur auch etwas einfallen lassen, um den
Koalitionspartner zu ärgern. In den roten Ländern Wien, Salzburg, Steiermark
und Burgenland soll die Anmeldung der illegalen Pfleger per
"One-Stop-Shop"-Prinzip möglich sein, sodass der Betroffene nicht mehr
einzeln zu Bezirksverwaltungsbehörde, Sozialversicherung und Bundessozialamt
gehen muss. Die schwarzen Länder hinken hinterdrein.
Bei diesem Thema ist die Koalition eindeutig auf Kollisionskurs.
Neues Lehrlingspaket
Darüber hinaus geht es bei der
Regierungsklausur um die Lehrlingsförderung. Die Basisförderung soll nicht
mehr pauschal (1.000 Euro pro Jahr) ausgezahlt werden, sondern an die Höhe
der Lehrlingsentschädigung gekoppelt sein. Der Modus für die
Ausbildungsgarantie ist noch nicht abgeklärt. Während die SPÖ auf
überbetriebliche Lehrwerkstätten setzt, möchten Teile der ÖVP Jugendliche
ohne Lehrstelle lieber an Schulen ausbilden.
Vertrag von Lissabon
Ein weiterer Punkt ist die Ratifizierung des
EU-Reformvertrags. Die steht außer Streit. Im Bundeskanzleramt wird nur noch
der Fahrplan dazu abgesegnet.
EURO 2008
Thema der Klausur ist auch die
Fußball-Europameisterschaft und Sicherheitsfragen rund um die EURO. Die
geplante Sexualstraftäterdatei steht noch nicht auf der Tagesordnung. Sie
soll erst Ende Jänner unter Dach und Fach sein.