Alle gegen Spindelegger
Steuerreform: Aufstand der Länderchefs
01.06.2014Entlastung erst ab 2016? Der Finanzminister steht damit bald alleine da.
Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) ist unter massivem Druck. Es vergeht kein Tag, an dem der Koalitionspartner SPÖ keine rasche Steuerentlastung fordert. Vor allem aber die Länder drängen auf eine Steuerreform, stehen doch demnächst fünf Landtagswahlen ins Haus. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) stellt sogar das Ende der Koalition in Aussicht: „Wenn es im Jahr 2015 keine Entlastung des Mittelstandes gibt, dann sollte die SPÖ die Koalition infrage stellen.“ Kanzler Werner Faymann hat in ÖSTERREICH einen Kompromiss angeboten: „Man kann die Steuerreform auch erst Mitte 2015 beschließen und Teile rückwirkend in Kraft treten lassen.“
ÖVP-Wallner will, dass Spindelegger "aktiv" wird
Für Spindelegger wird es jetzt aber vor allem in den eigenen Reihen eng. Waren es bislang ÖVP-Funktionäre in den unteren Rängen, die ihrem Unmut freien Lauf ließen – der Tiroler Arbeiterkammer-Chef Zangerl legte dem Parteichef den Abgang nahe –, meldet sich jetzt erstmals ein schwarzer Landeshauptmann zu Wort, der für eine Reform 2015 eintritt: „Eine Entlastung für die arbeitenden Menschen muss es so bald wie möglich geben, am besten schon 2015“, sagt Vorarlbergs Markus Wallner. Er fordert Spindelegger auf, „aktiv zu werden“. „Es darf keine Zeit mehr verschwendet werden.“ Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) kann eine spürbare Entlastung nicht schnell genug gehen: Er spricht sich ebenfalls für eine große Steuerentlastung im nächsten Jahr aus.
Leitl: "Keine Alternative
zu Großer Koalition"
Dem Kanzler richtet Leitl ein neues Modell aus: eine Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung bereits ab diesem Jahr. Werden die Mitarbeiter am Gewinn beteiligt, mussten sie bislang 50 Prozent versteuern. Das soll auf 25 Prozent gesenkt werden. Niessls Aufforderung, die Koalition zu überdenken, kommentierte Leitl trocken: "Auch ich fühle mich manchmal in dieser großen Koalition nicht sehr wohl, aber welche Alternative haben wir?"
LH Wallner: "Finanzminister muss aktiv werden"
ÖSTERREICH: Der Finanzminister sagt, dass eine Steuerreform momentan nicht finanzierbar ist …
Markus Wallner: Es ist ein großer Brocken, aber das ist kein Grund, nicht damit anzufangen.
ÖSTERREICH: Also ist das Zuwarten der falsche Weg?
Wallner: Die Abgabenlast ist zu hoch. Der Finanzminister muss da aktiv werden. Die Arbeiten an einer Steuerreform müssen möglichst zügig starten, da darf keine weitere Zeit mehr verschwendet werden.
ÖSTERREICH: Was schwebt Ihnen vor?
Wallner: Wir reden von großen, spürbaren Maßnahmen. Ich will keine Steuerreform, die in ein paar Jahren gar nicht mehr gespürt wird. Der Eingangssteuersatz gehört verringert, Familien entlastet und das System vereinfacht. Das kostet Geld. Wenn man das ausgabenseitig einbringen will, braucht es einen Plan.
ÖSTERREICH: Ab wann soll die Reform wirken?
Wallner: Die Entlastung für arbeitende Menschen muss es so bald wie möglich geben, wenn schon 2015, um so besser.
LH Niessl: "SPÖ sollte die Koalition hinterfragen"
ÖSTERREICH: Die Steuerreform spaltet die Koalition. Ist das Ende in Sicht?
Hans Niessl: Natürlich kann die Steuerreform zur Zerreißprobe für die Große Koalition werden. Die ÖVP will die Reform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. So hat die Koalition keinen Sinn mehr.
ÖSTERREICH: Ab welchem Zeitpunkt soll man die Koalition beenden?
Niessl: Wenn es im Jahr 2015 keine Entlastung des Mittelstandes gibt, dann sollte die SPÖ die Koalition infrage stellen.
ÖSTERREICH: Die ÖVP wirft der SPÖ Populismus vor …
Niessl: Wenn ich kein Argument habe, dann sage ich „Populismus“. Das ist immer das schwächste Argument.
WKÖ-Boss Leitl: "Erste Entlastung schon Ende 2014"
ÖSTERREICH: Warum wehrt sich die ÖVP gegen eine Steuerreform?
Christopf Leitl: Sie wehrt sich nicht, im Gegenteil. Aber ein Schelm ist der, der mehr gibt als er hat.
ÖSTERREICH: Wann soll die Steuerreform kommen?
Leitl: Wir können bereits Ende 2015 die Steuerreform machen.
ÖSTERREICH: Der Kanzler bietet als Kompromiss Mitte 2015, aber rückwirkend.
Leitl: Wenn wir das Geld haben, bin ich sehr dafür. Ich habe ein weiteres Modell für den Kanzler: eine Mitarbeiter-Erfolgsbeteiligung. Das beringt schon Ende 2014 Entlastung.
ÖSTERREICH: Wie viel würde das bringen?
Leitl: Auf Basis von 1.000 Euro würde jeder jährlich 750 Euro bar auf die Hand bekommen.