5 Milliarden schwer wird die Steuerreform, aber mit der Option auf eine weitere Milliarde.
Harmonie war diesmal großgeschrieben. ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner blühte in seiner neuen Rolle auf und unterhielt sich bis spätnachts an der Hotelbar. „Das ist meine achte Klausur, und die Stimmung war noch nie so gut.“ Auch SPÖ-Kanzler Werner Faymann zog eine „positive Bilanz“ über die Regierungsklausur, die am Samstag im steirischen Schladming zu Ende ging.
Die gute Stimmung rührt auch daher, dass Streitpunkte weitgehend ausgeklammert wurden. Und darauf konnten sich SPÖ und ÖVP aber doch verständigen:
- Volumen der Steuerreform: Bei der Steuerreform sollen fünf Milliarden Euro bewegt werden. Damit Faymann das bei seinem Parteitag im November der Partei verkaufen kann, gibt es die Übereinkunft über eine mögliche Erhöhung auf sechs Milliarden, wenn sich die Konjunktur wider Erwarten doch gut entwickeln sollte.
- Fahrplan: Die Steuerreformkommission arbeitet noch bis Ende des Jahres, die Regierung legte den Tag ihres Beschlusses mit 17. März 2015 fest. Das Parlament soll die Steuerreform noch vor dem Sommer absegnen.
Doch dann könnte es den nächsten Krach geben: Denn bei wesentlichen Fragen liegen SPÖ und ÖVP weit auseinander.
- Start: Schelling will die Reform ab 1. 1. 2016 etappenweise in Kraft treten lassen. Die SPÖ möchte die Entlastung so schnell wie möglich umsetzen – also früher.
- Gegenfinanzierung: Die Frage der Millionärssteuer wurde nicht angesprochen. Die SPÖ will sie, die ÖVP nicht.
- Eingangssteuersatz: Hier machte Schelling ein neues Thema auf. Die Senkung von 36,5 auf 25 Prozent würde laut Finanzressort vier Milliarden Euro kosten, damit bleibt ihm zu wenig für Investitionen. Also kann er sich vorstellen, die Lohnsteuer weniger zu senken.
Koalition einigt sich auch auf ein Schulpaket
Mehr Gemeinsamkeiten gibt es neuerdings bei Bildungsthemen. SPÖ-Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek stellte ein Paket mit mehr Schulautonomie, Ausbau der Ganztagsschule, täglicher Bewegungseinheit und neuer Schuleingangsphase mit Sprachförderung vor. Eine neue Reformkommission wird eingesetzt.
Schelling: "Reform ab dem Jahr 2016 in mehreren Etappen"
Schelling will mit den vereinbarten fünf Milliarden nicht nur Lohnsteuer senken.
ÖSTERREICH: Bei der Steuerreform sind immer noch viele Punkte offen. Ist das Ergebnis aus Ihrer Sicht dennoch ein Erfolg?
Hans Jörg Schelling: Wir haben uns in kurzer Zeit auf ein Volumen und einen genauen Fahrplan geeinigt. Das ist ein großer Schritt. Vor acht Wochen hätte das noch niemand gedacht.
ÖSTERREICH: Wie genau soll die Reform aus Ihrer Sicht aussehen?
Schelling: Wir haben eine Zielgröße von fünf Milliarden Euro definiert. Jetzt werden die Inhalte der Reform erarbeitet. Ein Inkrafttreten ab 1. Jänner 2016 etappenweise ist die wahrscheinlichste Variante.
ÖSTERREICH: Unter fünf Milliarden hat die Reform für Sie keinen Sinn?
Schelling: Das ist ein rundes Volumen, denn wir brauchen auch Mittel, um Investitionen und Wachstum anzukurbeln.
ÖSTERREICH: Gibt es denn aus Ihrer Sicht Bedingungen für die Durchführung der Reform?
Schelling: Wir sind übereingekommen, dass wir uns die Konjunkturdaten und den Budgetvollzug noch einmal ansehen – und die Arbeitsgruppe die Zahlen dann noch einmal überarbeitet.
ÖSTERREICH: Kann der Budgetvollzug noch die Steuerreform gefährden?
Schelling: Es gibt Ressorts, wo noch viel zu tun ist, aber 2015 ist die Konjunktur die größere Risikovariante.
ÖSTERREICH: Hat es mit der SPÖ eine Annäherung bei der Millionärssteuer gegeben?
Schelling: Die Gegenfinanzierung war bei der Klausur keine einzige Sekunde Thema. Und meine Position ist klar: keine neuen Steuern.
Interview: Debora Knob