Bischofskonferenz

Stiftung für Missbrauchs-Opfer gegründet

23.06.2010

Die Bischöfe gründen eine Stiftung, das Geld kommt von den Tätern.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Die katholischen Bischöfe Österreichs haben am Mittwoch ihren "Rahmenplan" gegen Missbrauch in der Kirche vorgelegt. Ein Kernpunkt: Geld für Opfer soll aus einer "Stiftung Opferschutz" kommen, aus der sowohl Therapiekosten als auch Schmerzensgeld- und Schadensersatz-Zahlungen finanziert werden, gab die Bischofskonferenz im Anschluss an ihre Vollversammlung in Mariazell bekannt.

Die Zahlungen sollten "rasch, unbürokratisch, menschlich und angemessen" erfolgen. Über die Dotierung dieser Stiftung wurden vorerst keine Angaben gemacht. Betont wurde jedoch, dass die Geldleistungen "nicht aus dem Kirchenbeitrag" finanziert würden, sondern "beim Täter oder bei einer verantwortlichen Institution eingefordert" werden sollen.

Keine Anzeigepflicht
Eine generelle Pflicht, mutmaßliche Missbrauchstäter anzuzeigen, sieht der Maßnahmenkatalog nicht vor. Ausnahme: Bei Gefahr in Verzug, also wenn angenommen werden könne, dass "durch den mutmaßlichen Täter weitere Personen zu Schaden kommen könnten", werde "auf Initiative der Kirche der Sachverhalt zur Anzeige gebracht". Ansonsten empfehle die Ombudsstelle dem Opfer, selbst Anzeige zu erstatten, und die kirchlichen Leitungsverantwortlichen würden bei erhärtetem Verdacht den mutmaßlichen Täter "zur Selbstanzeige auffordern".

Die kirchlichen Ombudsstellen sollen künftig einheitlich gestaltet und weisungsfrei sein und von "unabhängigen Fachleuten" geleitet werden. Zusätzlich wird in jeder Diözese eine Kommission eingesetzt, die mit dem Bischof Konsequenzen für mutmaßliche Täter berät. Bei einem begründeten Verdacht werde dieser künftig "bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts dienstfrei gestellt", und zwar "in enger Kooperation mit den staatlichen Stellen".

"Mauer des Schweigens durchbrechen"
Kardinal Christoph Schönborn hat nach der Vollversammlung der Bischöfe in Mariazell erklärt, der Maßnahmenkatalog gegen Missbrauch und Gewalt habe als primäres Ziel, den Opfern "Gerechtigkeit und Hilfe zukommen zu lassen". Der eingeschlagene Weg sei der richtige, er sehe einen "Neuaufbruch" in der Kirche. "Es muss die Mauer des Schweigens durchbrochen werden", so der Kardinal.

Als Leitsatz für das Bemühen der Kirche im Umgang mit Missbrauch und Gewalt zitierte Schönborn aus der Bibel: "Die Wahrheit wird euch frei machen." Das was bekannt wurde, sei erschütternd und darf nicht wieder vorkommen, so Schönborn.

Die von der Bischofskonferenz beschlossene Rahmenordnung (mit Wirksamkeit von 1. Juli) sehe ein "geordnetes Vorgehen" vor. Zum Thema der Anzeigen sagte Schönborn, grundsätzlich rate man den Opfern zur Anzeige, den Tätern empfehle man die Selbstanzeige. Sollten diese nicht dazu bereit sein, so werde durch die Kirche eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Eine Ausnahme gebe es aber für jene Fälle, in welchen die Opfer ausdrücklich wünschen, dass es nicht zur Anzeige kommt. Man werde aber auch in diesen Fällen die "dringende Empfehlung" zur Anzeige abgeben, so der Kardinal.

Nicht aus dem Kirchenbeitrag
Betreffend der Finanzierung der "Stiftung Opferschutz" sagte Schönborn, diese werde zur Hälfte von den Diözesen und zur anderen Hälfte von den Orden dotiert. Jedenfalls werde man den Fonds nicht aus Mitteln des Kirchenbeitrags finanzieren. Es gebe auch verschiedene andere Mittel, als Beispiel nannte Schönborn Grundbesitz der Kirche.

Die Zuweisungen von finanziellen Unterstützungen durch den Fonds werden sich laut Schönborn ausschließlich danach richten, was die Opferschutzkommission unter Leitung von Waltraud Klasnic empfiehlt. Man werde sich nicht daran orientieren, was Rechtsanwälte auf eigene Initiative vorschlagen, sagte Schönborn. Auch die Rechtsvertretung der Betroffenen von sexuellem Missbrauch in der Kirche müsse sich an die Klasnic-Kommission wenden. Sollte die Plattform das nicht wollen, so müsse sie den "Rechtsweg" beschreiten.

Die für jede Diözese geplanten zusätzlichen Kommissionen sollen von Juristen sowie Mitarbeitern der Diözese besetzt werden. So gebe es beispielsweise in Wien schon eine solche Kommission, wo u.a. die Leiterin der Telefonseelsorge Mitglied sei, so der Kardinal.

Schönborn wandte sich dagegen, dass man gegen Priester und die Kirche Pauschalverdächtigungen erhebe. Dies wäre "unfair". Die meisten Missbrauchsfälle würden im privaten Umfeld passieren, so der Kardinal. Die Klasnic-Kommission werde am kommenden Freitag erneut zusammentreten, dann werde es auch aktuelle Zahlen über die behandelten Fälle geben.

Keine Zahl zu Kirchenaustritten
Kardinal Christoph Schönborn wollte am Mittwoch nach der Vollversammlung der österreichischen Bischöfe zu aktuellen Austrittszahlen nicht Stellung nehmen. Er erklärte lediglich, dass die Austritte seit "Anfang Februar sehr stark angestiegen" seien. In den letzten Wochen sei diese Zahl aber wieder abgeflacht.

Man werde am Ende des Jahres sehen, wie hoch die Zahl dann sein wird. Gleichzeitig verwies der Kardinal darauf, dass es "starke Rückbewegungen" gebe. "Die Zahl der Eintritte ist signifikant", so Schönborn. Er verwies etwa darauf, dass zu Beginn der Fastenzeit alleine in Wien 70 Erwachsene getauft worden seien. Am Montag hatte der Leiter der Kirchenbeitragsstelle der Erzdiözese Wien, Josef Weiss, erklärt, es sei nicht unrealistisch, dass bis zu 80.000 Menschen die Katholische Kirche im Jahr 2010 verlassen.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel