Im Krankenkassenstreit fordert der Minister die ÖVP zum Einlenken auf.
Gesundheitsminister Alois Stöger (S) übt heftige Kritik an der Weigerung der ÖVP, das vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger mit den Ärzten ausverhandelte Konzept zur Sanierung der Krankenkassen zu akzeptieren. Stöger fordert Stöger den Koalitionspartner auf, die getroffenen Vereinbarungen einzuhalten und sagt: "Die ÖVP ist eingeladen, zum Boot zurückzuschwimmen, und wenn sie zurückgeschwommen sind, werden wir ihnen den Rettungsring schon hinwerfen."
Kritik von Pröll
Finanzminister Josef Pröll (V) hatte
Nachbesserungen am Hauptverbands-Papier verlangt und kritisiert, dass darin
knapp eine Milliarde aus dem Budget gefordert werde. Verhandlungen Stögers
mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner(V) hatten kein Ergebnis
gebracht, deshalb konnte das Paket nicht im Sommer-Ministerrat beschlossen
werden. Einsparungen im Bereich der Krankenkassen sind Voraussetzung dafür,
dass die vereinbarten 450 Millionen Euro bis 2013 zur Entschuldung der
Kassen und der Strukturfonds mit 100 Mio. für 2010 ausgezahlt werden.
ÖVP am Zug
Im Gegensatz zur ÖVP betrachtet Stöger das
Hauptverbands-Papier als "sehr ambitioniert" und will es umsetzen. Der
Gesundheitsminister sieht nun die ÖVP gefordert. Es sei jetzt nicht an ihm,
"der ÖVP nachzulaufen". Der Koalitionsparten sei "eingeladen", sich an die
Vereinbarungen, die bei der Regierungsklausur von Sillian und im Zuge des
Budgets getroffen wurden, zu halten. "Ich verhandle Themen nicht viermal,
ich verhandle sie einmal", stellte Stöger fest. Der Hauptverband habe seine
Aufgabe erfüllt, "jetzt daran herumzunörgeln halte ich für ein völlig
unangemessenes Signal gegenüber den Menschen im Gesundheitsbereich."
Stöger wirft der ÖVP vor, "für die Gesundheit der Österreicher kein Geld hergeben" zu wollen. Es gehe um die Frage, ob man bereit sei, wieder jenes Geld zu reinvestieren, das man den Kassen weggenommen habe. Bei der von der ÖVP angesprochenen Milliarde im Hauptverbands-Papier geht es um Maßnahmen, die den Kassen von der Politik in den letzten Jahren auferlegt wurden, wie etwa die Abgeltung für die Rezeptgebühren-Obergrenze.
"Es kann nicht sein, dass man für die konkrete Gesundheit der Menschen kein Geld hat." Vom Geld der Kassen werde "nichts verspekuliert", das werde nur ausgegeben, wenn Menschen krank sind, kritisiert Stöger und verweist auf das Banken-Paket. "Die soziale Krankenversicherung muss derzeit Zinsen zahlen für Geld, dass sie für Gesundheit ausgegeben haben. Manche Banken müssen keine Zinsen zahlen für Geld, dass sie verspekuliert haben und das ist eine Ungerechtigkeit. Diese Themen muss man angehen."
Zeit drängt
Stöger verweist darauf, dass die Zeit drängt,
weil angesichts der Wirtschaftskrise und der steigenden Arbeitslosigkeit die
Einnahmen der Kassen "nicht in dem Ausmaß steigen, wie wir es bräuchten".
Zudem gebe es eine Frist bis zum 30. September, bis zu dem die Kriterien für
die Auszahlung des Geldes aus dem Kassen-Strukturfonds festgelegt werden
müssen. Der Gesundheitsminister ist aber zuversichtlich, dass man wie von
Bundeskanzler Werner Faymann (S) versprochen bis zur Regierungsklausur am
14. und 15. September zu einer Lösung kommen werde.
Sein Ressort sei aber auch bis dahin nicht untätig, versichert Stöger. Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung des Hauptverbands-Papiers seien bereits angelaufen, einen entsprechenden Auftrag habe er im Ministerium schon erteilt. "Sehr viel wert" ist Stöger in diesem Zusammenhang auch die Bereitschaft der Ärzte, Verantwortung für die von ihnen ausgelösten Folgekosten zu übernehmen. Das werde zu einer Verbesserung im Gesundheitssystem beitragen.