Finanzminister und Wirtschaftsminister überlegen ein Gesetz - Anlass sind die möglichen Spekulationsverluste der Bundesfinanzierungsagentur.
Die drohenden Verluste in dreistelliger Millionenhöhe durch riskante Veranlagungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur in den Jahren vor 2007 werden voraussichtlich keine personellen Konsequenzen haben. Diese stünden für ihn jetzt nicht im Vordergrund, sagte ÖVP-Finanzminister Josef Pröll im Ö1-Mittagsjournal.
Schluss mit Spekulationen
Er werde dafür Sorge tragen, "dass
im öffentlichen Bereich Bund, Länder, Gemeinden Schluss ist mit
Spekulationen im Bereich von Veranlagung von Steuergeldern", kündigte
Pröll an. Er werde für eine Evaluierung der bisherigen Maßnahmen sorgen.
Unter anderem hat die ÖBFA ihre internen Richtlinien verschärft. Man könne
aber eine "andere Bandbreite an Maßnahmen durchaus noch überlegen",
so der Finanzminister.
Spagat zw. Risiko und Profit
Eine gesetzliche Regelung sei
denkbar, man werde das im Parlament diskutieren. Die Herausforderung sei,
die notwendige Flexibilität bei der Veranlagung der Bundesgelder zu erhalten
und dennoch das Risiko zu begrenzen. Die Vorgangsweise müsse auch mit dem
Wirtschaftsministerium - wegen Veranlagungen von ÖBB und Asfinag - und den
Ländern abgestimmt werden.
Ratingagenturen schuld
Die damalige Vorgangsweise der ÖBFA will
Pröll in breiterem Rahmen sehen: Viele Unternehmen auch im öffentlichen
Bereich und Gemeinden hätten Geschäfte dieser Art gemacht, weil die
Rating-Agenturen diese Produkte damals als erstklassig eingestuft haben. "Man
kann ja hier nicht von kriminellen Machenschaften reden, sondern von einem
Trend in der Finanzwelt, der um sich gegriffen hat und wo viele investiert
haben", so der Finanzminister.
Lehre bereits gezogen
Die Bundesfinanzierungsagentur habe Gelder
veranlagt in Produkten, die von allen internationalen Rating-Agenturen sehr
gut eingestuft worden seien. "Jetzt weiß man, dass das Risikogeschäfte
waren", sagte Pröll. Die ÖBFA habe die richtigen Schlüsse aus den
Ereignissen des Jahres 2007 gezogen und veranlage mittlerweile wesentlich
sicherer und konservativer, das bestätige auch der Rechnungshof.
Vor Prölls Zeit passiert
Pröll verteidigt auch seine
Beantwortung einer Anfrage der Grünen im Februar, in der er nur die aktuell
konservative Veranlagung der ÖBFA erwähnt habe, nicht aber die früheren
Risikogeschäfte: "Weil ich den Status Quo in meiner Verantwortung
dargestellt habe, wie er ist". Er trage die Verantwortung für seine
Regierungsperiode.
Lesen
Sie hier die Anfrage der Grünen nach.
Hier
finden Sie die Antwort vom Finanzminister.
Molterer kann auch nichts dafür
Auch mit
Ex-ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer, der von 11. Jänner 2007 bis 1.
Dezember 2008 im Amt war, habe das "nichts zu tun. "Es haben die
Aufsichtsräte und die Geschäftsführer diese Verantwortung zu nehmen, die
damals auch in diese Geschäfte gegangen sind", so Pröll.
Molterer selbst betont, dass die Veranlagungen der ÖBFA auf Basis der seit 2005 geltenden Regeln erfolgt sei. Nach Erkennen der dramatischen Entwicklung sei sie angewiesen worden, sämtliche Veranlagungen sofort zu stoppen und die Kreditrisiko-Richtlinie an die neuen Bedingungungen anzupassen. Die betroffenen Investments seien gegen neue Wertpapiere umgetauscht worden mit dem Ziel, "das Kapital zu erhalten und das Budget nicht zu belasten". Weiters sei ohne Verzögerung eine umfassende Information des Rechnungshof erfolgt.
Die Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur, Martha Oberndorfer und Kurt Sumper, sind nicht gleichzeitig eingesetzt worden. Oberndorfer hat erst zu Beginn 2008 den langjährigen ÖBFA-Chef Helmut Eder abgelöst, der in Pension gegangen ist. Die Betriebswirtin war davor im Vorstand der Bundespensionskasse und Geschäftsführerin einer Finanzierungsberatungs-Gesellschaft. Der frühere Leiter des Treasury in der Bundesimmobiliengesellschaft Sumper war bereits Anfang Oktober 2006 in die ÖBFA-Führung eingezogen, an Stelle von Paul Kocher, der in den Vorstand der Hypo Alpe-Adria Bank wechselte. Aufsichtsratschef der ÖBFA ist Gerhard Steger, Sektionschef im Finanzministerium. Er warnt vor zu detaillierten Kriterien für die Veranlagungen des Bundes, weil man damit auch auf mögliche Erträge verzichtet. |