Das sagte der Ex-FPÖ-Chef
Strache: 3-Stunden-Verhör im Ibiza-U-Ausschuss
04.06.2020
Er gab zu Beginn bereits an "kaum Fragen" zu beantworten, am Ende sollte seine Befragung aber dennoch über Stunden gehen.
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Ein gutes Jahr nach dem öffentlichen Bekanntwerden des berühmt-berüchtigten Ibiza-Videos, das die ÖVP-FPÖ-Regierung sprengte, hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss dazu am Donnerstag seinen Auftakt gefeiert. Das mediale Interesse war groß, wodurch ein Gedränge zwischen den knapp 100 Journalisten vor und im Ausschusslokal in der Hofburg kaum zu vermeiden war.
Als erster schilderte "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk dem Untersuchungsausschuss seine Eindrücke des von ihm rund eine Woche vor der Veröffentlichung im Mai 2019 gesehenen Mitschnitts des Ibiza-Videos. In seiner Gesamtheit sei es eine "Art von Tanz" um Korruptionshandlungen. "Es ist ein Korruptionstanz." Es gebe rund ein Dutzend Mal Szenen, in denen Strache darauf hinweist, dass alles rechtens sein muss. Auf der anderen Seite gebe es aber auch viele Stellen, an denen Strache Umgehungshandlungen vorschlägt. Auch werde um die Übernahme der "Kronen Zeitung" gesprochen, so Klenk, der festhielt, dass das Thema nicht von der vermeintlichen Oligarchennichte, sondern von Strache und Gudenus aufgebracht worden sei. "Die Verlockungen, die in den Raum gestellt werden, kommen vonseiten der FPÖ", sagte Klenk.
Danach kam der erste unfreiwillige Hauptdarsteller des Videos, der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der sich aber weniger wortgewaltig als gewohnt gab. Aus verschiedenen Gründen kündigte er am Anfang seiner Befragung an, zu vielen Details der Thematik nichts zu sagen. Dabei verwies Strache vor allem auf das Recht, Aussagen erst dann zu tätigen, wenn ihm alle Ermittlungsakten vorlägen. "Gerne werde ich nach vollständiger Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft und hier zu den Vorhalten Stellung nehmen", versprach Strache in seinem Eingangsstatement.
Zu laufenden Ermittlungsverfahren werde er heute aber "nicht alle oder kaum Fragen" beantworten. In wichtigen Bereichen wisse er nicht einmal, ob gegen ihn ein Strafverfahren geführt werde. Vieles habe sein Anwalt auch nur aus Medien erfahren. Diese hätten zuletzt öfters aus Akten zitiert, die sein Anwalt noch nicht einsehen habe können, sagte Strache. Auch Fragen zum berühmt-berüchtigten Ibizavideo werde er nur teils beantworten, "solange ich nicht Einsicht ins ganze Material hatte".
"Es war mit Sicherheit kein philosophischer Abend", rechtfertigte sich der ehemalige Vizekanzler, nachdem er von Verfahrensrichterin Ilse Huber mit seinem Video-Sager "die Novomatic zahlt alle" konfrontiert worden war. Er habe über "Gerüchte gesprochen, die offensichtlich nicht stimmen". Auf die Bestellung des Casinos Austria-Finanzvorstands Peter Sidlo, der auch FPÖ-Bezirksrat in Wien war, wollte er - mit Verweis auf die laufenden Ermittlungsverfahren - ebenso wenig näher eingehen wie auf die Vereinskonstruktionen oder die Postenvergabe an die ehemalige FPÖ-EU-Abgeordnete Barbara Kappel.
Strache: "Bei Parteispenden nur auf Gerüchte bezogen"
Bei den Spenden an Parteien will sich Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video nur auf "Gerüchte" bezogen haben, die noch dazu nur andere Parteien - und zwar die ÖVP und SPÖ - betroffen hätten. Ein Gerücht habe sich dann bewahrheitet, und zwar in Form der Spenden der Milliardärin Heidi Goess-Horten an die Volkspartei, sagte der Ex-FPÖ-Chef am Donnerstag auf Fragen von SPÖ-Politiker Andreas Kollross.
Ein Eintrag in seinem Kalender "Abendessen mit Heidi" beziehe sich nicht auf Horten, sondern auf seine Tochter, betonte Strache auf Nachfrage, er kenne Horten nicht.
Ob er selbst keine Erfahrungen mit Spenden an seine Partei habe, wollte der Sozialdemokrat von Strache wissen. In der Regel habe es an die FPÖ "ganz wenig" Spenden gegeben, so Strache. Viele potenzielle Spender hätten nämlich spätere Nachteile befürchtet, wenn sie den Freiheitlichen spenden, etwa dass sie später Aufträge verlieren könnten. Außerdem hätten sich die Höchstbeträge vielleicht auf 10.000 Euro belaufen. Den Umweg mit Spenden an "gemeinnützige" Vereine verneinte Strache nicht. "Wenn jemand nicht der Partei spenden wollte, klar habe ich gesagt hier gibt es die Möglichkeit dazu. Es ist nichts Verwerfliches, wenn man nicht einer Partei aber einem Verein mit gutem Zweck spenden will - ja, bitte tu das", so Strache.
In der türkis-blauen Koalition habe es im Wesentlichen eine "Struktur" gegeben, dass Posten zu zwei Drittel/ein Drittel zwischen ÖVP und FPÖ vergeben werden hätten sollen. Die damaligen Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) hätten sich dahin gehend koordiniert. Über Namen sei mit dem damaligen Koalitionspartner aber nicht gesprochen worden, sagte Strache zu diesem weiteren Themenkomplex des Ibiza-Untersuchungsausschusses. "Es hat ja jeder das Recht gehabt sich zu bewerben."
Dass sich in den ganzen Unterlagen des U-Ausschusses kein Nachrichtenaustausch (SMS, Whatsapp) mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) finde, wie dies Kollross hinterfragte, konnte sich Strache nicht erklären. Selbstverständlich habe er auch mit Kurz auf diesem Wege kommuniziert.
Auch FPÖ-Politiker Martin Graf zeigte sich "verwundert", dass es keine Kommunikation mit dem Kanzler gebe. Er wollte wissen, wie die Kommunikation lief, wenn es um Postenbesetzungen als Eigentümervertreter ging. Natürlich seien die Aufsichtsratsvorschläge gehört worden. Dann sei mit dem Raster Zweidrittel/Eindrittel unter Einhaltung gesetzlicher Richtlinien vorgegangen worden. "Das ist nicht immer eingehalten worden, weil der Koalitionspartner gewisse Besetzungen verzögert hat und diese daher nicht stattgefunden haben", sagte Strache.
Gesetze seien von den Fachkoordinatoren vorbereitet worden und dann seien sie in die Koordination gekommen, die Blümel und Hofer überhatten. "Wenn eine Einigung der Fall war ist es in eine Genehmigung gegangen." Genehmigung heiße, dass es in Begutachtung geschickt worden sei. Gelegentlich habe "die ÖVP versucht, ein Gesetz ohne Spiegelung einzubringen, was dann von den Mitarbeitern zurückgewiesen wurde". Dann hätten sich die Koordinatoren wieder an die Arbeit gemacht.
Im Zuge der Regierungsverhandlungen habe die ÖVP dieses Procedere vorgeschlagen, "weil es in den letzten Jahrzehnten auch mit anderen Koalitionspartnern so war. Also kann man davon ausgehen, dass das auch in der jetzigen Regierung der Fall ist", sagte Strache zu seinem früheren Parteikollegen Graf. Oft will Strache in seinen Nachrichten grundsätzlich nur an Abmachungen erinnert haben, wie er betonte.
Am Ende eher wortkarg
Strache hat sich am Ende der Befragung im U-Ausschuss über weite Strecken zugeknöpft gegeben. Dabei berief sich der Ex-FPÖ-Chef wiederholt auf laufende Ermittlungen. NEOS und SPÖ brachten Verlangen auf Übermittlung sämtlicher Nachrichten von Strache, Gudenus, Löger und Fuchs ein.
Strache räumte mehrere Treffen mit Immobilieninvestor Rene Benko ein, inhaltlich wollte er nichts dazu sagen. Es ging dabei auch um Privates. Über die internen Abstimmungsmodi zur Besetzung von Positionen in staatsnahen Unternehmen unter Türkis-Blau wollte Strache sich nicht äußern und berief sich abermals auf die laufenden Ermittlungen.
Den ehemaligen langjährigen Novomatic-Sprecher Bernhard Krumpel (früher in Niederösterreich ein Mitarbeiter des jetzigen Ausschussvorsitzenden Wolfgang Sobotka) kenne er nicht. Keinen Kontakt habe er zu dem in der SoKo Tape ermittelnden Beamten gehabt, der ihm nach seinem Rücktritt eine Solidaritäts-SMS schickte. Geantwortet habe er darauf, weil dies seine Art gewesen sei, nichts unbeantwortet zu lassen, gab Strache an.
Für die SPÖ kam Jan Krainer auf das Thema Spenden aus dem Gesundheitsbereich (Stichwort: Privatklinik Währing) zurück. Laut Strache gab es keine Vereinbarung zu Prikraf. Vielmehr sei schon im Regierungsprogramm festgelegt worden, dass man die Ungleichheiten in diesem Bereich abbauen wolle. Die Details mussten dann in Verhandlungen erst geklärt werden. Darüber hinaus wollte Strache nichts sagen. Krainer ortete neben den Spenden des Klinikbetreibers für die FPÖ auch die ÖVP als Prikraf-Begünstigten und dabei eine zeitliche Nähe zur Novellierung. Strache sagte dazu nichts.
Zum Ende hin blockte Strache immer häufiger unter Berufung auf sein Recht auf Aussageverweigerung ab und verwies auf die laufenden Ermittlungen. Etliche Male ließ er Fragen unbeantwortet mit dem Argument, dass sie nicht Teil des Beweisthemas seien.
Am Ende brachten SPÖ und NEOS ein Verlangen auf Übermittlung sämtlicher Akten und Unterlagen ein zur sichergestellten Kommunikation mittels SMS, Chats bzw. sonstige Nachrichtendienste von Strache, Gudenus, Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger, FPÖ-Politiker Markus Tschank, ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid und Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs. Die Abgeordneten argumentierten dies damit, dass die Aufklärung nur auf Basis einer umfassenden Informationsgrundlage gelingen könne. Sie haben im Ausschuss auch nochmals hinterfragt, warum sich keine Handy-Kommunikation zwischen Strache und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in den vorliegenden Unterlagen fände - die es, wie Strache selbst gesagt hatte, natürlich gegeben habe.
Damit war die Befragung von Strache beendet. Als nächste Auskunftsperson war Strache-Intimus und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus an der Reihe.
Zadic und Nehammer vor U-Ausschuss
Jedenfalls sind für morgen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) geladen, die am Nachmittag dem Parlament bereits zugesagt haben. Dabei soll es etwa um die Aktenlieferung und die Lieferung des sichergestellten Videos gehen und darum, dass ihrer Ansicht nach offensichtlich Beweismittel zurückgehalten werden.
Für den Freitag standen ursprünglich die Milliardärin Heidi Goess-Horten, Waffenproduzent Gaston Glock und Novomatic-Eigentümer Johann Graf am Plan. Alle drei haben aus gesundheitlichen Gründen - und weil sie zur Covid-19-Risikogruppe gehören - abgesagt.