Erstes Statement auf oe24.TV
Strache: 'Ich war nackt, als Polizei kam'
16.08.2019Nachdem sein Handy beschlagnahmt wurde, versucht der Ex-FP-Chef den Befreiungsschlag.
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Nach dem ersten Schock – am Montag um 6.30 Uhr marschierten Polizisten in Heinz-Christian Straches Haus auf und beschlagnahmten u. a. sein Handy – versucht der gefallene Ex-FPÖ-Chef den Gegenschlag.
Straches Anwalt Johann Pauer sagte gegenüber ÖSTERREICH/oe24.TV, dass man gegen die Hausdurchsuchung „Rechtsmittel einlegen“ werde. Gegen den einstigen FPÖ-Vizekanzler (für ihn gilt die Unschuldsvermutung) wird auf Basis einer anonymen Anzeige wegen mutmaßlicher Bestechung und Bestechlichkeit bei der Bestellung von FP-Mann Peter Sidlo zum Casinos-Austria-Vorstand ermittelt.
Zur Razzia: "Das ist Willkür und ein Unrechtsakt"
Im ÖSTERREICH-Interview betonte Strache am Freitag seine Unschuld: „Ich bin entsetzt und fassungslos, was alles möglich ist. Das ist Willkür und ein Unrechtsakt.“ Er wundere sich, dass nicht auch gegen ÖVP-Exkanzler Sebastian Kurz und die SPÖ ermittelt werde – die würden in der Anzeige auch erwähnt. Man wolle ihn „politisch nachhaltig beschädigen“, so Strache.
Strache beschreibt die Razzia. „Es hat in der Früh geklopft, ich bin aufgestanden, habe gefragt, wer dort ist – die Kriminalpolizei. Ich war noch nackt, habe sie dann gebeten, noch etwas zu warten. Ich habe mich angezogen, dann kam eine Beamtenschar ins Haus.“ Das Ganze sei „ein Schock“ gewesen.
Den Vorwurf in der Anzeige, die Blauen hätten im Gegenzug für die Sidlo-Bestellung der Casinos-Miteigentümerin Novomatic „wohlwollende Unterstützung“ etwa bei der Vergabe von Glücksspiellizenzen zugesichert, bezeichnet Strache als „Unfug“. Dass er im Ibiza-Video ein mögliches Aufbrechen des Glücksspielmonopols thematisiert haben soll, findet der Ex-FP-Chef als Vorwurf „lustig“: Dass die FPÖ alles, was mit Monopolen behaftet ist, aufbrechen will, steht ja in unserem Parteiprogramm.“
Attacke auf ÖVP, SPÖ
Strache teilt in dem Interview auch aus. In der anonymen Anzeige, die ihm die ganzen Scherereien eingebrockt hatte und die auch ÖSTERREICH vorliegt, seien auch Ex-Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz und die SPÖ erwähnt. Im ÖSTERREICH-Interview beklagt er deshalb, dass es in bei seinen politischen Mitbewerbern keine Hausdurchsuchungen gegeben hätte und verlangt auch Ermittlungen gegen SPÖ und ÖVP.
"Unser Mann am Futtertrog wird’s richten"
„Mit schwesterlicher Hilfe“. Tatsächlich finden sich in der Anzeige auch belastende Hinweise gegen diese beiden Parteien. Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus soll laut Anzeige gesagt haben, man könne „mit schwarzer schwesterlicher Hilfe die bisherigen roten Zuwendungen gut umleiten“. Damit war offensichtlich die Ablöse des roten Casinos-Vorstands Dietmar Hoscher und die Bestellung der stellvertretenden ÖVP-Obfrau Bettina Glatz-Kremsner zur Casinos-Chefin gemeint.
Gudenus soll das in einer „kleinen Parlamentarierrunde“ gesagt haben. Und: man habe mit Peter Sidlo „jetzt unseren Mann am Futtertrog. Der wird das richten.“
Strache: "Meine größte Lebenskrise"
ÖSTERREICH: Wie reagieren Sie jetzt auf die Razzia?
Heinz-Christian Strache: Ich bin entsetzt und fassungslos, was alles möglich ist. Das ist Willkür und ein Unrechtsakt. Es gibt eine anonyme Anzeige, die völlig substanzlos ist und nicht rechtfertigt, dass man bei einem ehemaligen Regierungsmitglied eine Hausdurchsuchung vornimmt und sein Handy beschlagnahmt. Da hat man schon das Gefühl, es mit einer Farce zu tun zu haben. In der Anzeige steht auch, dass es rote Zuwendungen gab, und es sind vier ÖVP-Politiker genannt, u. a. der Herr Kurz, der sich mit mir abgestimmt habe – ja, no na, was tut man in einer Bundesregierung: sich bei Vorschlägen abstimmen. Wenn man die Anzeige wirklich ernst nimmt, müsste man auch gegen SPÖ und ÖVP ermitteln und dort Hausdurchsuchungen vornehmen. Dass das nicht der Fall ist, zeigt, dass es offenbar ganz andere Gründe gibt. Man will mich politisch nachhaltig beschädigen.
ÖSTERREICH: Wie ist die Razzia abgelaufen?
Strache: Es hat in der Früh geklopft, ich bin aufgestanden, habe gefragt, wer dort ist – die Kriminalpolizei. Ich war noch nackt, habe sie dann gebeten, noch etwas zu warten. Ich habe mich angezogen, dann kam eine Beamtenschar ins Haus. Es war ein echter Schock, so etwas privat zu erleben.
ÖSTERREICH: Wie kommen Sie mit all dem klar?
Strache: Ich bin froh, dass ich in dieser sicher größten Lebenskrise eine so starke Frau an meiner Seite weiß wie Philippa. Unser wundervoller Sohn, meine älteren Kinder – die Familie ist dann das, was zählt. Es ist ein Wechselbad der Gefühle. Es geht mir einen Tag gut, dann wieder schlechter, dann wieder besser – es ist eine Art Waschmaschine, in der man sich befindet.
ÖSTERREICH: Fürchten Sie sich vor dem Ibiza-Aufdeckerbuch der beiden „Süddeutsche“-Journalisten, das am Donnerstag erscheint?
Strache: Ich fürchte mich vor gar nichts mehr nach all dem, was ich da schon erleben musste.
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu Vorwürfen, dass Sie im Ibiza-Video darüber sprechen, das Glücksspielmonopol aufbrechen zu wollen?
Strache: Dass wir als Freiheitliche Partei, die für Freiheit steht, alles, was mit Monopolen behaftet ist, aufbrechen wollen, ist ja kein Staatsgeheimnis, sondern unser Wahlprogramm. So gesehen finde ich es besonders lustig, daraus einen Vorwurf kreieren zu wollen.
ÖSTERREICH: Gab es, wie die Anzeige behauptet, einen Deal zwischen FPÖ und Novomatic bei der Bestellung des Casinos-Vorstands?
Strache: Das ist völlig absurd. Würde jemand mit seinem Gesicht zu diesen Vorwürfen stehen, bekäme er eine Verleumdungsklage.
ÖSTERREICH: Planen Sie jetzt ein politisches Comeback?
Strache: Ich war immer ein politischer Mensch. Viele Menschen erwarten sich das und unterstützen mich auch. Wenn ich feststellen muss, dass man an der Aufklärung des Ibiza-Videos nicht interessiert ist, stelle ich mir schon die Frage, ob es nicht richtig ist, über ein politisches Comeback nachzudenken und die Bürger entscheiden zu lassen, wenn es das Rechtssystem und der Rechtsstaat nicht schaffen.