Nazis und Haider

Strache-Interview erregt Israel

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Wirbel um FP-Chef Strache nach einem Interview mit einer israelischen Zeitung. Er vergleicht darin etwa den Anschluss mit dem EU-Beitritt.

Es ist das erste Mal, dass FP-Chef Heinz-Christian Strache einer israelischen Zeitung ein Interview gibt – und gleich nach der Veröffentlichung des Artikels ist die Aufregung groß. Fünf Seiten ist die Story über Strache lang, die in der Beilage der Wochenend-Ausgabe erschien und auch einen „Wordrap“ von HC enthält – über Obama und HC himself („Person mit großem Herzen, der die Welt verbessern will“)

Getitelt ist der Artikel mit: „Neo-Nazismus existiert nicht“ was besonders in Israel für großen Unmut sorgt. In jeder Familie gibt es Opfer des Nationalsozialismus.

Strache provozierte das israelische Publikum mit weiteren Aussagen. Als der Journalist Adar Primor etwa den FP-Chef fragte, was ihm denn spontan zum Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland einfällt, zögerte dieser nicht mit einem Vergleich: „Was kann ich dazu sagen? Es passierte 1938 und wir sahen etwas ähnliches während der Entwicklung der EU.“

„Wehrmacht wie jede Armee“
Veröffentlicht wurden die brisanten Aussagen in der liberalen israelischen Qualitäts-Tageszeitung Haaretz. Täglich werden 100.000 Stück gedruckt, es ist eine der größten Publikationen des Landes. Sofort nach Erscheinen des Blatts am Freitag war Israel konsterniert. Leser meldeten sich in der Redaktion, zahlreiche E-Mails trudelten ein. Alle protestierten gegen die ihrer Meinung nach extrem verharmlosenden Aussagen Straches in Bezug auf das Dritte Reich. „Es ist ein Faktum, dass es ein kriminelles Establishment gab, das den Menschen das totalitäre System aufgedrängt hat“, sagte Strache.

Am allerschlimmsten fanden die Leser aber den Ausspruch „... die Wehrmacht hat Verbrechen begangen wie jede andere Armee ...“ Auch in Wien sind Mitglieder der jüdischen Gemeinde erzürnt. Viele fühlen sich an die Haider-Jahre erinnert. Israel zog 2000 sogar den Botschafter aus Österreich ab, als ÖVP und FPÖ eine Koalition eingingen.

Skinheads bei Strache
Das Zeitungs-Interview fand nach einer FPÖ-Veranstaltung am Messegelände in Wien statt. Der Journalist war schockiert: „Tausende kamen, um Straches Ansprache zu hören, auch viele Skinheads.“ Nach der zweistündigen Ansprache, die laut Autor Primor an eine Las-Vegas-Show erinnerte, kam es zum Gespräch. Während des Gesprächs rauchte Strache angeblich eine halbe Packung Gaulouises-Zigaretten.

„Ich will Israel besuchen.“ Der FP-Chef irritierte den Journalisten: „Er zeigte keine Müdigkeit nach seinem Auftritt, war braun gebrannt, als wäre er gerade aus der Karibik gekommen, und er sah aus wie ein Filmstar.“ Am Ende meinte Strache, er wolle Israel bald besuchen – ob er willkommen ist, bleibt fraglich.

Wortlaut: "Neo-Nazismus existiert nicht wirklich"

Das sagte Strache der israelischen Zeitung Haaretz:

Strache über den Anschluss: „Es passierte 1938 und wir sahen etwas Ähnliches während der Entwicklung der EU.“

... über NeoNazis: „Eine Art Geist, der es manchmal in die Schlagzeilen schafft, aber nicht wirklich existiert.“

... über Einwanderung: „Wir müssen uns überlegen die Einwanderung aus Ländern außerhalb von Europa ganz zu stoppen.“

... über die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren: „Die Wehrmacht hat Verbrechen begangen wie jede andere Armee und die Deserteure sollen behandelt werden wie Deserteure in jeder anderen Armee.“

... über 'Österreich als Opfer des NS-Regimes': „Ich will die Opferfrage nicht klären, es ist keine Frage sondern ein Faktum, dass es ein kriminelles Establishment gab, das den Menschen das totalitäre System aufgedrängt hat. Es ist sehr wichtig, dass die Familien nicht verantwortlich waren und es deswegen keine kollektive Schuld geben kann.“ Haaretz dazu: In anderen Worten, laut Strache war es eine Bande von Kriminellen, die Österreich übernahmen und die Österreicher zu Verbrechen zwang. Er ignoriert, dass 700.000 Österreicher Mitglied in der Nazi-Partei waren.

... über seinen Mentor Jörg Haider: Haaretz: Strache will sich nicht mit Haider vergleichen. „Das ist, weil wir nicht über das Erbe eines Individuums reden, aber über das Erbe der liberalen Philosophie, über die ich die Verantwortung akzeptiert habe.“

... über den Unterschied zu Haider: „Wir haben verschiedene Ansichten. Ich benutze das Wort ‚Ausländer’ nicht. Ich bin nicht gegen Menschen, die aus verschiedenen kulturellen Hintergründen kommen.“ Haaretz: Ein verwirrender Satz, denn später sagt er: „Die EU ist eine westliche christliche Einheit. Wir müssen achten, dass es keinen Schaden durch falsche islamische Migration geben wird. Die Türkei wird nie ein Mitglied der EU sein, das würde den Frieden in der EU gefährden.“

... über Haiders Sexualleben: Haaretz: Strache versteckt seine Verachtung für Haiders Homosexualität nicht. Sein reaktionärer Konservativismus wird deutlich, wenn er über die „Bewahrung der katholischen Tradition und der Familienwerte“ spricht. „Für mich existiert eine Familie nur, wenn ein Mann und eine Frau Kinder bekommen. Das ist die Basis der gesellschaftlichen Zukunft und deswegen bin ich gegen andere sexuelle Partnerschaften.“

... über Einwanderer: „Wir respektieren jede Person, egal aus welchem Land oder welcher Kultur.“ Aber im selben Atemzug protestiert er gegen, „das Phänomen, dass viele Leute nach Österreich kommen, nicht um zu arbeiten, aber um unser Sozialsystem auszunutzen.“ Haaretz: Um das zu verhindern, will er zwei Sozialhilfe-Systeme kreieren, eines für Inländer, eines für Ausländer.

... Über politische Gegner: „Wenn ich meine Rivalen anschaue, sehe ich, ich bin der jüngste Parteichef, aber auch der mit der längsten Erfahrung als politischer Chef. Wenn meine Konkurrenten abtreten, bin ich noch aktiv.“

... Über Österreichs Kanzler: „In der Zukunft: Heinz-Christian Strache.“

... Über Strache: „Person mit großem Herzen, sehr offen zu allen, und der die Welt verbessern will. Er ist die Zukunft.“

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