Wehrpflicht

Strache-Vorschlag: Untaugliche zum Heer

27.01.2013


Die Diskussion ums Bundesheer neu ist nach der Volksbefragung voll angelaufen.

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© TZ ÖSTERREICH / Niesner
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Vor einer Woche hat Österreich entschieden, die Wehrpflicht behalten zu wollen, und nun startet die Diskussion über das Bundesheer neu. Dabei bekommt die Politik Rückendeckung vonseiten der Bevölkerung: Laut aktueller ÖSTERREICH-Umfrage glaubt die große Mehrheit von 61 Prozent der Österreicher daran, dass unser Heer „sinnvoll“ reformierbar sei.

Vorgeprescht war vergangene Woche VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Sie versprach, den Anteil der „Systemerhalter“ im Heer um 70 Prozent zu reduzieren. Das sind jene Präsenzdiener, die als Köche, Kellner, Fahrer oder Bürokräfte zum Einsatz kommen, statt im Schlamm robben zu dürfen.

„Geht nicht“, sagt jetzt Generalstabschef Edmund Entacher. Er hält diese Forderung für „rein politisch“ und „unrealistisch“ (siehe Interview). Das Heer könne auch in Zukunft auf diese Kräfte nicht verzichten, sie extern zu besetzen, käme zu teuer.

Wer zivil arbeitsfähig ist,
soll auch dienen können
FP-Chef Heinz-Christian Strache lässt jetzt mit einem spektakulären Vorschlag aufhorchen: Die Lücke an benötigten Systemerhaltern könnte durch bisher Untaugliche aufgefüllt werden. Jene, die im zivilen Leben arbeitsfähig wären, könnten für körperlich anspruchslose Jobs in Büros etc. eingesetzt werden. Die Anforderungen bei der Musterung müssten nur gesenkt werden.

Für Generalstabschef Entacher geht dieser Vorschlag zu weit. Für ihn ist die nötige Menge an Systemerhaltern oder „Funktionssoldaten“ durch Umschichtungen zu schaffen.
Entacher will jedenfalls die Bundesheerreform rasch durchziehen: Ende Februar will er Verteidigungsminister Norbert Darabos Bericht erstatten, die Planungsphase soll im Sommer fertig sein.

Das Bundesheer neu als „großer Wurf“ (Entacher) soll 2014 endgültig stehen. Schwerpunkte: bessere Ausbildung, weniger Leerläufe.
Eines steht bereits fest: Das neue Bundesheer wird mehr kosten. Auch wenn es nach FPÖ-Chef Strache geht. Er will den Sold von Grundwehrdienern und Zivildienern an die Mindestsicherung anpassen.

ÖSTERREICH: Die Regierung wagt sich an eine Reform des Grundwehrdienstes. Was würden Sie besser machen?
Heinz-Christian Strache: Eine Strukturverschlankung muss her – es braucht weniger Häuptlinge. Wir müssen auch effizienter werden bei der Ausbildung. Wir brauchen Ausbildungszentren und einen zentralen, guten Lehrplan.

ÖSTERREICH: Sie wollen auch eine bessere Bezahlung für Rekruten?
Strache: Wehrdienst- und Zivildiener sollten auf Basis der Mindestsicherung entlohnt werden. Auch alle Milizsoldaten sollen anständig entlohnt werden.

ÖSTERREICH: Systemerhalter wie Köche und Kellner unter den Grundwehrdienern sollen laut ÖVP reduziert werden. Wer soll diese Aufgaben übernehmen?
Strache: Bei der Systemumstellung sollte man sicherstellen, dass jene, die untauglich sind, auch für Verwaltungstätigkeiten eingesetzt werden.

ÖSTERREICH: Es gibt auch den Vorschlag einer Steuer für Untaugliche – was halten Sie davon?
Strache: Man kann über alles diskutieren. Ich halte es aber für vernünftiger, dass Untaugliche eingesetzt werden, wenn sie im zivilen Erwerbsleben auch arbeitstüchtig sind. Jemand, der als Soldat im Feld nicht einzusetzen ist, kann ruhig bei der Verwaltung arbeiten.

ÖSTERREICH: Verstehen Sie die Kritik an den Systemerhaltern?
Strache: Nein – Kraftfahrer und Köche sind wichtige Funktionen, die man beim Heer braucht. Rekruten können hier z. B. auch gratis den Führerschein machen.
Interview: K. Liener

 

ÖSTERREICH: VP-Ministerin Mikl-Leitner will die Reduktion der Systemerhalter um 70 Prozent. Müssen Untaugliche ran?
Edmund Entacher: Die 70 Prozent sind eine politische Aussage, die auch nicht überprüft ist. Wir brauchen die Untauglichen nicht als Systemerhalter, das ist nicht nötig. Nach dem Wehrgesetz wäre das auch gar nicht möglich.

ÖSTERREICH: Wer soll dann jene Grundwehrdiener ersetzen, die bisher als Köche, Fahrer und Mechaniker das System aufrechterhalten haben?
Entacher: Wir werden in allen Bereichen schauen, wie wir einsparen können. Ein Ersetzen aller Einsatzfunktionen durch Zivil-Kräfte ist aber illusorisch. Ein Lkw-Fahrer bei den Pionieren ist auch kein Systemerhalter, sondern ein Soldat in Vollausbildung.

ÖSTERREICH: Wie soll dann reduziert werden?
Entacher: Den stärksten Hebel sehe ich bei einer Reduktion der Einrückungstermine von bisher elf auf vier oder fünf.

ÖSTERREICH: Wann wird die Heeresreform stehen?
Entacher: Ende Februar wird es den Bericht an den Minister geben. Bis zum Sommer wird die Reform planerisch fertig sein. Umsetzen können wir sie bis 2014.

Interview: (wek)

VIDEO: So lief die Volksbefragung zur Wehrpflicht:

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