In ÖSTERREICH-Interview
Strache will Asylwerbern Zugang zur Lehre wieder verbieten
26.08.2018Strache kündigt Rücknahme des seit 2012 gültigen Erlasses an.
Die FPÖ will die Debatte um die Abschiebung von Lehrlingen, die einen negativen Asylbescheid bekommen haben, beenden, indem sie den Zugang zur Lehre für Asylwerber wieder verbietet. Seit 2012 ist die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis zu 25 Jahren in Mangelberufen erlaubt. Diesen Erlass will die FPÖ wieder zurücknehmen, kündigte Parteichef Vizekanzler Heinz-Christian Strache in der Tageszeitung "Österreich" an - das ganze Interview heute Abend, um 20.15 Uhr auf oe24.TV.
Sozialministerin prüft Rücknahme von Erlass
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) werde prüfen, "den falschen Erlass von damals möglicherweise zurückzunehmen". "Denn das dürfte ja nicht sein: Wenn einer kein Bleiberecht hat, sollte er keine Lehre beginnen dürfen", so Strache. Lehre für Asylsuchende soll es damit nicht mehr geben. "Es gibt genügend Jugendliche, die eine Lehre suchen, und wir haben genügend anerkannte Flüchtlinge, die nicht arbeiten und keine Lehre haben."
Regierungssprecher bestätigt Ende der Lehre für Asylwerber
Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal hat gegenüber der APA am Sonntag bestätigt, dass die Regierung die Möglichkeit für Asylwerber, eine Lehre zu beginnen, abschaffen wird. Man arbeite an einer Neuregelung. "Das Asylrecht soll künftig nicht mehr mit einer Lehre umgangen werden können."
Gleichzeitig soll ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden und die Rot-Weiß-Rot-Karte attraktiviert werden, "um den Bedürfnissen der Wirtschaft zu entsprechen", so der Sprecher.
Seit 2012 war die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis 25 Jahren in Mangelberufen erlaubt.
Neos: Lehrlingsausbildung für Asylwerber zurückzunehmen sei "zynisch"
Die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis 25 Jahren in Mangelberufen zurücknehmen zu wollen sei "völlig realitätsfremd und zynisch und legt die geringe Wirtschaftskenntnis des Herrn Vizekanzler bloß", so Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Die Bedürfnisse der vielen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich in den vergangenen Wochen lautstark zu Wort gemeldet hätten und sich für ihre Auszubildenden eingesetzt hätten, seien der Bundesregierung aber offenbar egal, wettert er.
Zahlreiche Betriebe würden händeringend nach qualifizierten Fachkräften suchen. "Und zahlreiche Jobsuchende suchen händeringend nach Arbeit. Österreich hat erstmals seit 17 Jahren mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende zu verzeichnen", sagt Schellhorn.
Grüner OÖ-Landesrat Anschober appelliert an Kurz
Der oberösterreichische Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne), der sich gegen die Abschiebung von Lehrlingen engagiert, hat am Sonntag indessen an Kanzler Sebastian Kurz appelliert, nicht zuzulassen, dass - wie von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache angekündigt - der Zugang für Asylwerber zu Lehrstellen abgeschafft wird.
"Der Bundeskanzler muss die Causa Lehrausbildung für Asylwerber generell zur Chefsache machen, die Zerstörung dieser letzten Integrationschance abwenden und Gespräche für eine Lösung der Vernunft gegen die drohenden Abschiebungen hunderter Lehrlinge und für eine grundsätzliche Lösung ermöglichen", appellierte Anschober.
Ein Ende für den Zugang zur Lehre wäre "die Zerstörung der letzten großen Integrationsmaßnahme für Asylwerber und ein schweres Foul an den vielen Unternehmen, die unter dem Lehrlingsmangel leiden".
Das Strache-Interview zum Nachlesen - das ganze Interview sehen Sie heute Abend um 20.15 Uhr auf oe24.TV:
FPÖ-Chef im "Bürgerforum"
oe24.TV: Warum haben Sie zu Ihrer Hochzeit nicht den Wladimir Putin eingeladen? Oder haben Sie ihn eh eingeladen, und er ist nicht gekommen?
Heinz-Christian Strache: Es war eine wunderschöne Hochzeit, die wir bewusst familiär und im engsten Freundeskreis gehalten haben. Wir haben aber die kirchliche Hochzeit noch vor uns, wer weiß, wer da aller noch kommt. Wenn Trump, Salvini oder andere Gäste kämen, ist das ja gut für Österreich.
oe24.TV: Karin Kneissls Knicks vor Putin hat verheerende Wirkung im Ausland. Eine Außenministerin kniet vor einem Diktator …
Strache: Das ist ein Unsinn. Das lernt man in jeder guten Tanzschule wie Elmayer, dass man am Ende des Tanzes den höflichen Knicks, man sagt auch tiefes Compliment der Dame, erlebt und die tiefe Verbeugung des Herrn.
oe24.TV: Dass Putin in Syrien Zehntausende Menschenleben auf dem Gewissen hat, stört Sie nicht? Dass er Homosexuelle einsperrt, stört Sie nicht? Dass es Tausende politische Gefangene gibt, stört Sie nicht?
Strache: Das stört mich schon und vor allem auch in Ihrer Diktion. Das stört mich sehr, wie Sie das formulieren, weil das diese typische unredliche journalistische Art ist. Mich stört vieles auch in Russland, was verbesserungswürdig ist, aber mich stört genauso auch die Unehrlichkeit, die so manchmal gelebt wird. Schauen wir uns den engen Bündnispartner der USA an, Saudi-Arabien, ist das die Vorbilddemokratie?
Publikum: Was die Frau Kneissl gemacht hat – Werbung mit unserer Weingegend –, ist unbezahlbar. Man regt sich über die Kosten auf, haben Sie aber mal nachgedacht, was das letzte Spiel Rapid – Slovan kostete, wo immenses Polizeiaufgebot war?
Strache: Ich kann der Dame nur recht geben. Jede links-grüne Demo kostet mehr.
oe24.TV: Sie sind ein Kind des Glücks. Kaum sind Sie an der Regierung, gehen die Flüchtlingszahlen dramatisch zurück. Es werden am Jahresende ungefähr 14.000 Asylanträge sein, 2017 waren es 24.500. Wer ist daran schuld, der liebe Gott, der Kickl? Oder ist das eh dasselbe?
Strache: Wir müssten dankbar sein, dass Viktor Orbán in unserem Nachbarland die EU-Außengrenzen wirklich geschützt hat. Immer mehr Partner in Europa ergreifen jetzt diese Politik. Da ist Minister Kickl natürlich mitverantwortlich, wenn es ein Plus von 40 Prozent bei Außerlandesbringungen und Abschiebungen bereits nach wenigen Monaten gibt.
oe24.TV: Sollen Lehrlinge, die gut integriert und dabei sind, ihre Lehre abzuschließen, die die Wirtschaft braucht, bleiben dürfen, oder müssen sie abgeschoben werden, wenn ihr Asylverfahren negativ ausgeht?
Strache: Wenn jemand zu uns kommt und versucht, sich Asyl zu erschleichen mit falschen Gründen, dann gibt es von unabhängigen Gerichten ein Urteil, und das muss natürlich Gültigkeit haben.
oe24.TV: Und dass der Bundespräsident Ihnen da zum wiederholten Male eins über die Rübe gibt, stört Sie nicht?
Strache: Das halte ich aus. Sozialministerin Hartinger-Klein wird jetzt prüfen, den falschen Erlass von damals möglicherweise zurückzunehmen. Denn das dürfte ja nicht sein: Wenn einer kein Bleiberecht hat, sollte er keine Lehre beginnen dürfen.
oe24.TV: Lehre für Asylsuchende soll es nicht mehr geben dürfen?
Strache: Genau, es gibt genügend Jugendliche, die eine Lehre suchen, und wir haben genügend anerkannte Flüchtlinge, die nicht arbeiten und keine Lehre haben. Dort sollten wir ansetzen.
oe24.TV: Wann kommt endlich die versprochene Steuerreform?
Strache: Also in der Durchrechnung haben wir schon begonnen, und jetzt geht es Schritt für Schritt weiter: Lohnnebenkostensenkung, damit endlich mehr Netto vom Brutto im Tascherl bleibt. Der Ausgleich der kalten Progression, aber genauso bei nicht entnommenen Gewinnen, bei der KÖSt-Halbierung, damit Gelder hier am Standort bleiben.
oe24.TV: Thema Mindestsicherung: Da haben wir derzeit ein mediales Chaos, ich bin da mit schuld dran, weil ich der Sozialministerin die unbotmäßige Frage gestellt habe, wie man von 150 Euro leben kann.
Strache: Ich bin froh, dass Sie zugegeben haben, dass 150 Euro Ihre Idee waren.
oe24.TV: Nicht meine Idee, meine Frage …
Strache: Na, die haben ja Sie eingeleitet und haben ihr dann gleich unterstellt, das hätte sie gesagt, was nicht der Fall war …
oe24.TV: Was die Frau Hartinger nicht gesagt hat, aber hätte sagen können, ist, dass es ja eine Reihe von Sachleistungen gibt. Sind Sie der Meinung, dass man von 150 Euro leben kann?
Strache: Also von 150 Euro als solches kann niemand leben, aber wenn man eine Wohnung hat, wenn man Essen, die medizinische Versorgung kriegt und nichts geleistet hat, dann muss man zur Kenntnis nehmen, dass man da nicht 860 Euro nachgeschmissen bekommt.
oe24.TV: Sie wollen ja die FPÖ mehr in die Mitte führen und haben sinngemäß gesagt, wer sich schlecht benimmt, fliegt raus. Udo Landbauer kommt aber wieder zurück, oder?
Strache: Wir sind heute in der Mitte der Gesellschaft, auch mit den Wahlergebnissen. Und ein Udo Landbauer hat sich nachweislich nichts zuschulden kommen lassen und wird daher selbstverständlich nach den Kampagnen gegen ihn wieder zurückkehren.
oe24.TV: Also das steht für Sie fest, dass er sich nichts zuschulden kommen hat lassen? Das haben Ihre persönlichen Ermittlungen ergeben?
Strache: Wir leben in einem Rechtsstaat. Es hat hier ungerechtfertigte Anschuldigungen gegeben, der Rechtsstaat hat die Überprüfungen vorgenommen und festgestellt, dass sich der Herr Landbauer nichts zuschulden kommen hat lassen. Das müssen auch politisch Andersdenkende und Linke respektieren.
oe24.TV: Und er wird als Klubobmann zurückkommen?
Strache: Er ist der Spitzenkandidat gewesen, der ein unglaublich großartiges Ergebnis in NÖ erzielt hat, und wenn er zurückkommt, dann ist das für mich eine Selbstverständlichkeit, dass er nicht nur Landtagsabgeordneter, sondern auch Klubobmann wird.
oe24.TV: Nach Start der Regierung waren Sie oft krank, haben auch Gewicht zugelegt. Geht es Ihnen besser, ist das jetzt ein neuer Strache?
Strache: Die Belastung war im letzten Jahr extrem, man geht in den Wahlkampf rein, und jeder, der mich kennt, weiß, ich gebe 120 Prozent. Dann kommt man in eine neue Rolle als Vizekanzler, und da fährt man teilweise auf Sicht. Du musst dann auch wieder den Durchblick haben – und den habe ich jetzt.
oe24.TV: Wenn Sie die Regierung benoten müssten, welche Note würden Sie geben?
Strache: Da ich nie ganz zufrieden bin, würde ich sagen, wir haben Verbesserungspotenzial nach oben hin. Ich sehe uns bei 2,5.
oe24.TV: Warum nur 2,5?
Strache: Die Meisterprüfung liegt doch noch vor uns: Nulldefizit, Zusammenlegung der Krankenkassen, bessere Patientenbetreuung, Steuerreform, Asylreform und so weiter. Wenn wir das alles geschafft haben, dann verdienen wir auch einen Einser.