Vorletzter Prozess-Tag
Strasser: Finale im Agenten-Krimi
10.01.2013
Der Steuerberater und die Freundin des Ex-Innenministers sagten aus.
© APA
Strassers Anwalt Thomas Kralik wollte am Freitag das Gericht davon überzuegen, dass Strasser kein krimineller EU-Politiker, sondern bloss „bösen Agenten auf der Spur war“. Sechs Zeugen sollten den großen Umschwung im Prozess des Jahres bringen:
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Praktikant
Als erster tritt ein junger Mann vor Richter Georg Olschak. Blauer Anzug, leise Stimme. 2010 hatte er kurz in Strassers Brüsseler Büro gearbeitet: „Während einer Sitzung hat er uns vor Geheimdiensten gewarnt“, sagt er. „Große Entlastung ist das keine“, raunen die 20 Gerichtskiebitze. -
Assistentin
Die 31jährige sagte in ihrer ersten Einvernahme aus, sie habe nach Ausscheiden aus Strassers EU-Büro keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt habe. Starssers Telefonüberwachung beweist das Gegenteil (Kasten links).
Video: Strasser-Auftritt heute vor Gericht:
Strasser sagte zu ihr laut Protokoll: „Die K. (andere Mitarbeiterin) haben‘s ganz bös behandelt, die Schweine. Deshalb wollt‘ ich mit dir reden“.
Staatsanwältin Maruna sieht darin den Versuch Strassers, Druck auf die Frau auszuüben: „Hat er Ihnen gar gesagt, dass sie vor der Polizei vom Geheimdienst sprechen sollen?“, fragt sie. K. will sich daran nicht erinnern.
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Freund
Schließlich ist Strassers Freund Thomas Havranek dran - Steuerfachmann, Unternehmensberater. Zwei Mal sei Strasser an ihn mit der Frage herangetreten, „ob es möglich wäre, dass meine Büros abgehört werden?“
Steuerberater recherierte in London über Reporter
Auch habe Strasser ihn darum gebeten, die Agentur „Bergmann&Lynch“ in London zu überprüfen. Hinter dieser (Scheinagentur) versteckten sich die beiden Journalisten. Für Havranek war rasch klar, dass die Firma „nicht koscher ist“. Dass der US-Geheimdienst ihn jage, habe Strassser nicht gesagt.
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Lebensgefährtin
Halbwegs konkreter wird nur Strassers Lebensgefährtin Elisabeth K. Seit sieben Jahren sind sie ein Paar, zwei Kinder. Die Agenturchefin (Management) wirkt gut vorbereitet, resolut.
Im Juli 2010 hätten bei ihr die Alarmglocken geschrillt: „Am Küchentisch haben wir uns über ein Geheimdienstbedrohungsszenario unterhalten“, erzählt sie. Ihr Partner habe hinter den Journalisten Amerikaner vermutet: „CIA, NSA“, beteuert sie.
Deshalb habe sie ihm auch vorgeschlagen, zum BVT (Bundesamtes für Verfassungsschutz & Terrorbekämpfung) zu gehen. Er lehnte ab: „Die haben mich schon einmal im Stich gelassen. Diese Schweine krieg‘ ich selber.“ Nach diesem Gespräch organisierte sie ein Gespräch mit BVT-Beamten im Sacher-Eck. -
Austro-Agenten
Die Beamten bestätigten das Treffen: „Sie war sehr besorgt“, sagten sie. Im Umfeld von Strasser gäbe es Unregelmäßigkeiten, habe sie ihnen erzählt. Lose wurde auch über „russische Dienste gesprochen“. Entlastung klingt anders.
Kommenden Montag werden die beiden britischen Journalisten via Video-Konferenz aussagen. Danach will Richter Georg Olschak ein Urteil fällen.
Anwalt Kralik: „Alles ist in diesem möglich“. Strasser drohen bis zu zehn Jahre Haft.
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11:16 Uhr: Die Verhandlung ist für heute beendet
Weiter geht es am Montag um 10.30 Uhr. Dann sollen die beiden Journalisten aussagen - via Videoschaltung aus London. Laut Richter Olschak wird auch am Montag darüber entschieden, ob die Telefon-Überwachungsprotokolle verschriftet und dem Gerichtsakt beigelegt werden.
++++ Wir berichten am Montag ab 10:30 Uhr wieder LIVE für Sie aus dem Gerichtssaal +++
11:15 Uhr: Der Richter setzt die Verhandlung fort
"Nach meinem Wissen werden die beiden Journalisten am Montag aussagen", sagt Olschak. Der Richter verliest ein E-Mail vom Anwalt der beiden Journalisten, das erklärt, warum die beiden so gezögert haben, ihre Aussage zu machen. Der Anwalt habe ein anonymes Schreiben bekommen, dass in Österreich noch gegen sie ermittelt werde. Der Richter fragt Strasser, ob er diese Schreiben kenne. Strasser geht nach vorne und sieht sich das Schreiben an. Er verneint. "Mir ist es egal, ob die beiden Journalisten aussagen", sagt Strasser.
11:07 Uhr: Prozess kurz unterbrochen
Das Gericht macht noch Pause.Strasser beschäftigt sich mit seinem Tablet-PC.
11:00 Uhr: Agenten in Wien
Der Nachrichtendienstler meint, dass zum Beispiel in der österreichisch-russischen Freundesgesellschaft mit Agenten gerechnet werden könnte. "Von welchen Dienst oder von welcher Seite, das weiß man im Vorhinein nie", sagt der Beamte.
Mit Strassers Lebensgefährtin sei nur darüber gesprochen worden, allgemein vorsichtig zu sein - dabei handle es sich um ein sogenanntes "Sensibilisierungsgespräch". Dieses würde generell mit Personen geführt, die in der Öffentlichkeit stünden. Wenn die Gespräche vom BVT ausgehen, dann gäbe es eine konkrete Verdachtslage. Im Fall Strasser habe es damals allerdings keinen konkreten Verdacht gegeben. Der Beamte meint, dass Strasser aufgrund seiner früheren Tätigkeiten "natürlich das Interesse von Nachrichtendiensten hervorrufen kann". Damit ist der Zeuge entlassen.
10:51 Uhr: Nächster Zeuge: Ein weiterer Beamter des BVT, ein Nachrichtendienstler
Er leitet das Referat Spionageabwehr seit 2010. Der Richter will wissen, ob Strasser oder dessen Lebensgefährtin Kontakt mit ihm hatten. Der Zeuge bejaht. Es habe ein Treffen im Frühjahr 2010 gegeben, mit Strassers Lebensgefährtin. Der konkrete Inhalt des Gesprächs sei ihm "nicht erinnerlich", so der Zeuge. "Für uns war damals allerdings kein konkreter Anlass, anzunehmen, dass Strasser zu diesem Zeitpunkt im Fokus von Nachrichtendiensten stehen könnte." Man habe der Frau daher nur ganz allgemeine Vorsichtsmaßnahmen empfohlen.
10:46 Uhr: "Der Ernst, der war gelähmt"
Richter: "Wie hat Strasser reagiert, als die Geschichte aufgeflogen ist?"
Zeugin: "Gelähmt." Es sei ja nicht anzunehmen gewesen, dass die vermeintlichen Lobbyisten Journalisten gewesen seien.
Richter, eher rhetorisch: "Aber sind Journalisten nicht ebenso wahrscheinlich wie Nachrichtendienste?"
Die Staatsanwältin will wissen, warum sie als Lebensgefährtin Strasser nicht gewarnt habe und gemeint habe, den Kontakt mit Bergman & Lynch abzubrechen. Zeugin: "Mein Lebensgefährte war jahrelang erster Polizist im Land. Er weiß doch, was er tut", meint sie.
Damit ist Strassers Freundin aus dem Zeugenstand entlassen.
10:41 Uhr: Vertrag
Strasser habe mit ihr ebenfalls über den Vertrag gesprochen, den die vermeintlichen Lobbyisten geschickt hätten. "Ich weiß nicht, was ich damit tun soll", habe er gesagt. Er hätte Zeit gewinnen wollen und daher den Vertrag dem Anwalt weitergeschickt.
"Ich kenne den Ernst seit sieben Jahren und ich weiß, dass er niemals etwas tun würde für ein Unternehmen ohne einen Vertrag und ohne Bezahlung - außer für das NÖ-Hilfswerk."
10:36 Uhr: Strassers Freundin ist gut vorbereitet
Sie hat ein E-Mail mitgenommen, das sie in der Folge ans BVT geschickt hat mit der Bitte um eine Terminvereinbarung. Sie springt auf und übergibt das E-Mail und einen Aktenvermerk dem Richter. "Ich habe damals sofort einen Aktenvermerk gemacht", meint sie. Der Richter studiert die Papiere.
Das erste ist ein Mail mit einer Bitte um einen Termin beim BVT. Der Termin sei allerdings abgesagt worden. Sie habe dann noch einmal ein Mail geschickt - erneut mit einem Terminwunsch mit dem BVT. Sie habe den Termin allerdings selbst abgesagt: "Weil ich Ernst nicht hintergehen wollte."
Strasser habe ihr später gesagt, dass er "nur noch ein bisschen Zeit brauche", um die Verdächtigen festzunageln.
10:33 Uhr: Strasser tauschte Wohnungen mit "HomeChange"
Richter: "Was hat er Ihnen vom Londoner Treffen erzählt? Wie waren die nächsten Pläne?"
Zeugin: "Er wollte weitere Beweise, keine Ahnung." Sie weiß es nicht genau.
Jedenfalls hätten die beiden im Jahr 2011 ein sogenanntes "HomeChange" gemacht - dabei tauscht man Wohnungen mit anderen auf der ganzen Welt für Urlaubszwecke. Strasser und sie hätten mit New Yorkern getauscht. Die Amerikaner seien also in Wien gewesen und sie beide in New York. Allerdings seien in dem Apartment der New Yorker keine Gegenstände der angeblich 14-jährigen Tochter zu finden gewesen, keine Bilder - nichts. Das sei sehr verdächtig gewesen. Da hätten erneut die Alarmglocken geschrillt: "Die waren ja in unserer Wohnung in Wien."
10:27 Uhr: "Strasser fühlte sich von Amerikanern verfolgt"
Richter: "Was sollten diese Beweise sein?"
Zeugin (Strassers Lebensgefährtin): "Das weiß ich nicht." Das Gespräch sei nach Strassers Aussage abgeschlossen gewesen. "Er hat gesagt, er holt sich die", sagt die Lebensgefährtin. Er habe später noch mit ihr darüber gesprochen, dass die Firma in London sich in einem Bürocenter ohne Firmenschild eingemietet habe. Sie habe dann "zu Ernst gesagt, ich bin so beunruhigt, wir brauchen ein Sicherheitskonzept für unser Büro."
Richter: "Welchen Dienst hat Strasser dahinter vermutet?"
Zeugin: "Die Amerikaner."
Richter: "Die Amerikaner? Der Steuerberater berichtete von den Russen."
Zeugin: "Von den Indizien her - SWIFT-Abkommen und so weiter - war es klar, dass es Amerikaner sind, CIA, NSA."
10:20 Uhr: "Diese Schweine"
Im Juli 2010 hätten dann "die Alarmglocken geschrillt" bei Strasser und seiner Lebensgefährtin - nach einem Einbruch und dem Hinweis des Steuerberaters, dass die Firma Bergman & Lynch nicht existiere. "Am Küchentisch" hätten sich die beiden dann über ein Bedrohungsszenario unterhalten. Sie habe ihm vorgeschlagen, zum BVT zu gehen. Er habe allerdings gesagt: "Zum BVT gehe ich sicher nicht, die haben mich schon einmal im Stich gelassen." Er werde selbst Informationen beschaffen, "um diese Schweine zu kriegen."
10:16 Uhr: Strassers Lebensgefährtin im Zeugenstand
Nächste Zeugin: Die Lebensgefährtin von Strasser. Sie erscheint im Partnerlook - wie Strasser in Dunkelblau gekleidet. Seit sieben Jahren ist sie die Lebensgefährtin von Strasser.
Richter:" Hat Strasser Ihnen gesagt, dass er sich von einem Nachrichtendienst verfolgt fühlt?"
Zeugin: "Im Sommer 2010 hat er die Firma Bergman & Lynch erwähnt. Die Firma sei ihm jedoch nicht koscher gwesen und deswegen habe er die Firma von seinem Steuerberater überprüfen lassen." Er habe gesagt: "Das ist eine Scheinfirma."
"In meinem Kopf haben sich da viele Puzzle-Steine zusammengefügt", meint die Zeugin mit Hinweis auf das Treffen mit den BVT-Beamten. Ein BVT-Beamter sei an sie herangetreten, man habe sich im Sacher-Eck getroffen. Die Beamten vom BVT hätten sie gefragt, "ob mir etwas aufgefallen ist, etwas Ungewöhnliches." Sie habe gefragt, wie ein Geheimdienst denn so an jemanden herantrete. "Ich habe das nicht ernst genommen damals", sagt sie.
10:09 Uhr: Die Staatsanwältin fragt
"Haben Sie Strasser darauf hingewiesen, dass es kein Bedrohungsszenario gegeben hat?" Der Beamte ist kaum zu verstehen, er spricht sehr leise und in konspirativer Körperhaltung. Er bejaht die Frage sinngemäß. Damit ist er aus dem Zeugenstand entlassen.
10:05 Uhr: Der nächste Zeuge ist da
Es ist ein Beamter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Richter: "Hatten Sie Kontakt mit Ernst Strasser?" Der Beamte sagt, dass die Lebensgefährtin von Strasser "besorgt" gewesen sei. Anschließend habe er mit Strasser gesprochen. Strasser habe ihm im Frühjahr 2010 gesagt, dass er an ein "Bedrohungsszenario" glaube.
Es kam dann zu einem Treffen mit der Lebensgefährtin von Strasser. Die Frau sei "besorgt gewesen, dass es im Umfeld von Strasser Unregelmäßigkeiten gibt", meint der Beamte. Ein ehemaliger Mandatar und Minister stehe in der Öffentlichkeit, von daher sei auch das BVT zuständig. Der Beamte erwähnt einen "russischen Dienst." Richter Olschak fragt nach: "Wie kommen Sie darauf?" Strasser habe ihm gegenüber selbst den Verdacht geäußert, dass es sich um "einen russischen Dienst" gehandelt habe - aus dem Umfeld der österreichisch-russischen Gesellschaft, in der Strasser tätig gewesen sei.
Einen britischen oder amerikanischen Dienst habe Strasser nicht erwähnt, meint der Beamte.
09:54 Uhr: Verteidiger Strassers stellt letzte Frage an den Steuerberater
"Hat Strasser Ihnen gegenüber Andeutungen in Richtung Geheimdienst gemacht?"
Der Steuerberater bejaht. Es sei der Name CIA gefallen. Strasser sei offensichtlich davon ausgegangen, dass Geheimdienste an ihm interessiert gewesen seien. Keine weiteren Fragen; damit ist der Zeuge entlassen.
09:51 Uhr: Steuerberater warnte Strasser
Strasser hatte dem Steuerberater 2010 mitgeteilt, dass er befürchte, abgehört zu werden. Die Staatsanwältin zitiert aus E-Mails zwischen Strasser und dem Steuerberater zum Thema Bergman & Lynch. Der Steuerberater teilte Strasser darin mit, dass es die Firma offensichtlich nicht gebe. Auch die Homepage der Firma - deren Link ihm Strasser geschickt hatte - habe nicht existiert. Steuerberater: "Ich bin davon ausgegangen, dass Strasser mit dieser Firma Geschäftskontakte haben wollte."
09:44 Uhr: "Bergman & Lynch" nicht existent...
Der Richter will wissen, wie die Recherchen des Steuerberaters zu der vermeintlichen Firma "Bergman & Lynch" (der "Firma" der Lobbyisten, Anm.) ausgefallen seien. "Ich habe eine Recherche in Datenbanken (KSV, etc) durchgeführt", meint der Zeuge. Er habe dabei herausgefunden, dass die Firma nicht existiert. Das habe er Strasser mitgeteilt - mit dem Hinweis, dass "dabei etwas nicht ganz koscher ist".
09:41 Uhr: Strassers Steuerberater wird befragt
Der nächste im Zeugestand ist der Steuerberater von Strasser. Er war seit 2005/2006 für Strasser tätig. Der Richter fragt, ob ihm Strasser seine Assistentin (die zuvor eben im Zeugenstand war) empfohlen habe Der Steuerberater bejaht, es habe ein Vorstellungsgespräch gegeben, es sei aber zu keiner Einstellung gekommen. .
09:40 Uhr: Nächste Erinnerungslücke
Auch die Staatsanwältin geht darauf ein, dass die Zeugin "Donnerstagfrüh" sich mit Strasser treffen wollte. Sie kann sich nicht mehr an ein Treffen mit Strasser an diesem Tag erinnern. Die Staatsanwältin meint, dass Strasser der Zeugin ein Vorstellungsgespräch bei Hawranek (dem Steuerberater von Strasser, Anm.) vermittelt habe. Am Nachmittag sei sie schon dort gewesen. Den Job hatte sie allerdings nicht angenommen - "weil es nicht gepasst hat". Es sei jedenfalls schwierig gewesen nach dem Rücktritt von Strasser, da man als Politiker-Assistentin plötzlich arbeitlos sei.
Der Verteidiger fragt, ob Strasser sie darüber instruiert habe, was sie bei der Polizei aussagen soll. Zeugin: "Nein." Damit ist die ehemalige Mitarbeiterin von Strasser aus dem zeugenstand entlassen.
Der Verteidiger stellt den Antrag, dass alle Telefon-Überwachungen vom BAK verschriftet werden. Die Staatsanwältin meint, dass dies "nicht relevant" für das Beweisverfahren sei. Sie schlägt vor, dsas sich der Anwalt die Gespräche anhören kann und danach eine Verschriftung beantragen kann.
09:30 Uhr: Staatsanwältin am Wort
Die Staatsanwältin will wissen, ob die Zeugin Strasser etwas über die Vernehmungen gesagt habe. Zeugin: "Er hat mich nie konkret gefragt: Was bist Du denn dort gefragt worden." Eines der Telefonate führten die beiden eine Stunde nach Ende einer Vernehmung der Zeugin. Es sei dabei aber nur um Büro-Angelegenheiten gegangen, sagt die ehemalige Mitarbeiterin.
09:28 Uhr: Erinnerungslücken
Der Richter fragt, ob die Zeugin nach ihrer Vernehmungen bei der Polizei mit Strasser über ebendiese gesprochen habe. Die Zeugin verneint. Der Richter zitiert aus einem Telefonprotokoll, in der Strasser meinte, dass er mit der Zeugin reden müsste. Es wird ein Treffen ausgemacht. Sie sagte: "Am Donnerstag in der Früh könnte ich kommen." Richter: "Und? Haben Sie Strasser getroffen?" Zeugin: "Daran kann ich mich nicht mehr erinnern." Sie könne sich aber daran erinnern, mit Strasser nie über den Inhalt der Vernehmungen gesprochen zu haben.
09:23 Uhr: Tägliche Telefonate
Der Richter wirft der Zeugin vor, dass es "fast täglich" Telefonate und SMS mit Strasser gegeben habe. Die ehemalige Mitarbeiterin meint, sie habe nicht von einem auf den anderen Tag aufgehört und auch nach ihrem Ausscheiden Strasser bei Büroangelegenheiten geholfen. Sie habe auch etwa einen Computer zur Privatnutzung gehabt und diesen aus dem Büro geholt.
Richter: "Haben Sie dabei auch den Dr. Strasser gesehen?" Die Zeugin kann sich nicht mehr daran erinnern, ihn dort getroffen zu haben.
09:19 Uhr: Die nächste Zeugin erscheint - und revidiert frühere Aussage
Eine ehemalige Mitarbeiterin von Strasser. Richter Olschak hat den Verdacht, dass die Zeugin bei der letzten Einvernahme "nicht ganz die Wahrheit gesagt" habe. Es geht um eine Diskrepanz zwischen ihrer ersten Aussage vor Gericht und einer Einvernahme. Sie sagte zuletzt, sie hätte 2011 keinen Kontakt mehr zu Strasser gehabt - diesmal weist sie der Richter auf die Folgen einer Falschaussage hin und die Zeugin erinnert sich nun daran, doch noch mit Strasser Kontakt gehabt zu haben. An ein persönliches Treffen kann sie sich aber nicht mehr erinnern.
09:14 Uhr: Praktikant schon wieder aus Zeugenstand entlassen
Richter Olschak fragt: "Hat Strasser in diesem Zusammenhang von Bergman & Lynch der vermeintlichen Firma der Lobbyisten, Anm.) gesprochen?"
Zeuge antwortet: "Nein, daran kann ich mich nicht erinnern."
Staatsanwältin Maruna beginnt den Praktikanten zu befragen. Ein Zwischenruf aus dem Publikumm: "Bitte die Mikrofone ausnutzen!" Maruna sagt zu und meint: "Der Zeuge hat mich verstanden." Dieser bejaht. Kurz darauf wird der Ex-Praktikant aus dem Zeugenstand entlassen. Er verlässt den Gerichtssaal.
09:10 Uhr: Der erste Zeuge ist da
Es ist ein Ex-Praktikant von Strassers EU-Büro. Der Zeuge war im Frühjahr 2010 bei Strasser beschäftigt. Der Praktikant erzählt, dass er u.a. über Unternehmen recherchiert habe - "Über Google". Olschak: "Können Sie sich an eine Sitzung erinnern, in der es um geheimdienstliche Aktivitäten gegangen ist?"
Zeuge: "Ja, das war in der zweiten Märzhälfte 2010." Es sei kurz über geheimdienstliche Aktivitäten gesprochen worden, allerdings sei die Information sehr allgemein gehalten gewesen.
09:04 Uhr: Es geht los
Richter Georg Olschak vereidigt die Schöffen erneut und startet die Verhandlung.
09:01 Uhr: Strasser kommt im Blitzlichtgewitter der Fotografen in den Saal
Strassers Anwalt Thomas Kralik kommt mit einer Krücke in den Gerichtssaal. Staatsanwältin Alexandra Maruna macht zumindest vor der Verhandlung einen fitteren Eindruck. Fotografen und Kamerateams warten auf Ernst Strasser. Pünktlich erscheint der ehemalige Innenminister und lässt geduldig das Blitzlichtgewitter über sich ergehen. Er trägt heute einen dunkelblauen Anzug und eine dunkelblaue Krawatte.
08:58 Uhr: Der Fahrplan zum heutigen Prozesstag
'Es geht noch einmal um die These des Ex-Innenministers, dass er die beiden britischen Undercover-Journalisten für Agenten eines Geheimdienstes gehalten habe und diese enttarnen wollte bzw. mehr Informationen sammeln wollte.
Auf Antrag von Strassers Verteidiger Thomas Kralik werden zwei Beamte des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und Strassers Lebensgefährtin aussagen. Die BVT-Beamaten sollen Strasser schon im Frühjahr 2010 und damit vor seinem ersten Treffen mit den vermeintlichen Lobbyisten vor Geheimdiensten gewarnt haben.
Ebenfalls im Zeugenstand:
- Ein Ex-Praktikant aus Strassers EU-Büro, den er bereits im Frühjahr 2010 vor einem Geheimdienst gewarnt haben will.
- Strassers Steuerberater, der auf Bitte des Politikers über die vermeintliche Lobbying-Firma Bergman & Lynch Erkundungen einholte und herausfand, dass die Firma nicht existiert.
- Eine frühere Assistentin aus Strassers EU-Büro ist auf Wunsch von Staatsanwältin Alexandra Maruna zum zweiten Mal vorgeladen. Die Assistentin hatte im Ermittlungsverfahren Strasser erst belastet, bei einer zweiten Einvernahme ihre Angaben allerdings abgeschwächt. Laut Maruna gäbe es Hinweise, dass die Zeugin die zweite Vernehmung "nicht unbeeinflusst" gemacht habe.
08:45 Uhr: In Kürze geht es los
In wenigen Minuten wird im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen Ernst Strasser fortgesetzt. Die Verhandlung soll heute um 9.00 Uhr beginnen. Fotografen und Kiebitze warten schon im Saal.
Alle Hintergrund-Infos zum Prozess:
Strasser: „Meine Klienten zahlen 100.000 pro Jahr“
Strasser ist wegen Bestechlichkeit angeklagt. Höchststrafe sind zehn Jahre. Die Gespräche mit Strasser haben die britischen Journalisten Claire Newell und Jonathan Calvert auf Video aufgezeichnet. Darin sagt der Ex-EU-Parlamentarier ganz klar: „Ja, ich bin Lobbyist.“ Sein Jahressatz betrage 100.000 Euro pro Klient.
Ebenso hat Strasser mehrere E-Mails für die vermeintlichen Lobbyisten verschickt. Diese gingen an das Büro des EU-Parlamentsvizes Othmar Karas sowie zwei weitere EU-Abgeordnete.
Aber Geld kassiert hat der Ex-Politiker nicht. „Er war bloß eine Art Türöffner“, so sein Anwalt Thomas Kralik. Bestechlichkeit oder verbotene Intervention sei das keine gewesen. Auch habe er nichts versprochen – schiefe Optik, aber kein Verbrechen. Der Anwalt fordert deshalb einen Freispruch.
Am kommenden Montag werden die beiden britischen Journalisten via Videokonferenz aussagen. Danach wird das Gericht ein Urteil sprechen.