Hammer-Urteil
Strasser muss 4 Jahre sitzen
14.01.2013
Er fasste vier Jahre unbedingte Haft aus wegen
Bestechlichkeit (nicht rechtskräftig).
Ernst Strassers skurriler Agententhriller blitzte vor Gericht ab. Das Urteil (erste Instanz) ist gnadenlos: vier Jahre unbedingte Haft wegen Bestechlichkeit – ohne Chance auf Fußfessel. Das bedeutet: Wird das Urteil bestätigt, muss der Ex-Minister ins Gefängnis. „Das zählt zum Abenteuerlichsten, was mir in den letzten 20 Jahren untergekommen ist“, kommentierte Richter Georg Olschak Strassers „Agentenjagd“. Der Ex-Minister zeigte bei der Urteilsverkündung keinerlei Regung. Er verzog keine Miene, schaute dem Richter bei der Urteilsverkündung in die Augen.
Damit ist Strasser nach Josef Martinz (fünfeinhalb Jahre wegen Untreue) und Uwe Scheuch (sieben Monate bedingt), der dritte Politiker, der wegen Korruption verurteilt wird. Das drakonische Urteil überrascht selbst Experten. „Die vier Jahre sind mehr, als ich mir erwartet habe“ so Franz Fiedler, Vorsitzender von Transparency International.
Richter Olschak begründete das Urteil so: Der Tatbestand der Bestechlichkeit sei „ganz eindeutig erfüllt“. Es stehe „ohne Zweifel fest“, dass Strasser bei den Gesprächen mit den als Lobbyisten getarnten Enthüllungsjournalisten Claire Newell und Jonathan Calvert „eine monetäre Leistung von 100.000 Euro Jahresgage für die Einflussnahme auf die Gesetzgebung im EU-Parlament“ gefordert habe.
Aufdecker-Journalisten via Videokonferenz im Saal
Die beiden Sunday -Times-Journalisten sagten gestern per Videokonferenz aus London aus. Der Finaltag hatte alles andere als gut für Strasser begonnen. Um 10.32 Uhr nahm er auf der Anklagebank Platz. Und gleich zum Start die erste Niederlage für Strassers Verteidiger Thomas Kralik. Er hatte in einem ZIB2-Interview Österreich als „Bananenrepublik“ bezeichnet. Eine Kritik, die Richter Olschak gar nicht passte. Er konterte zu Prozessbeginn: „Die Organe dieser Bananenrepublik haben am Wochenende nicht geschlafen“, so Olschak. Sie tippten alle 400 mitgeschnittene Telefonate ab. Das hatte Strassers Anwalt verlangt und wollte seine Vertagung erzwingen.
Der nächste Tiefschlag für Strasser kam um 11.13 Uhr – mit der Video-Aussage der beiden Sunday Times-Journalisten, die mit ihren Videoaufnahmen den Ex-EU-Abgeordneten auf die Anklagebank gebracht hatten. Auf die Frage des Richters, warum sie sich Strasser ausgesucht hatten, folgte eine vernichtende Antwort. „Weil Strassers Ruf fraglich war.“
Aussage der Journalisten
Die beiden Investigativ-Journalisten erklärten, Strasser sei schon beim ersten Treffen an einer Zusammenarbeit interessiert gewesen. Über die Beeinflussung der EU-Gesetzgebung habe man aber erst später in London gesprochen. Anfang März 2011 hat Strasser auf die erste Geldtranche von 25.000 Euro gewartet. Insgesamt wollte Strasser 100.000 Euro. Zu den Überweisungen kam es nie.
Bei den Schlussplädoyers versuchte Strassers Verteidiger Thomas Kralik, die Rolle seines Mandaten ins rechte Licht zu rücken: „Selbst wenn man Strassers Detektivgeschichte nicht abnehme, kann man nicht ernsthaft behaupten, dass mein Mandat ein pflichtwidriges Amtsgeschäft vorhatte.“
Es geht ihm nicht gut
Nach dem Urteil flüchtete er durch den Hinterausgang aus dem Gericht. Fest steht: Sollte das Urteil rechtskräftig werden, muss Strasser ins Gefängnis. Eine Fußfessel ist ausgeschlossen, betonte der Richter. Laut seinem Anwalt geht es Strasser "nicht gut".
So geht es weiter:
In zwei Monaten will Georg Olschak sein schriftliches Urteil vorlegen. Wie der Richter erklärte, ist spätestens Ende März mit der Zustellung des ausgefertigten Urteils zu rechnen. Damit könnte die Causa bereits Mitte Mai beim Obersten Gerichtshof (OGH) landen.
Nach Vorliegen des schriftlichen Urteils hat Strassers Verteidiger Thomas Kralik vier Wochen Zeit, um seine Rechtsmittel auszuführen. Kralik hat gegen den Schuldspruch Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen die Strafhöhe angemeldet. Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA) hat danach noch allenfalls Gelegenheit zu einer Gegenäußerung.
Ob die WKStA selbstständig ein Rechtsmittel ergreift und eine höhere Strafe für Strasser fordert oder das Urteil des Erstgerichts akzeptiert, ist noch offen. "Wir haben uns diesbezüglich noch nicht entschieden. Ob die Strafe angemessen ist, ist noch Gegenstand interner Diskussionen", erklärte Behördensprecherin Eva Habicher am Mittwoch.