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Strasser-Prozess: Das war der Dienstag-Vormittag

27.11.2012

Hier der Wortlaut des Videos, das vor Gericht gezeigt wurde.

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© TZ ÖSTERREICH
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11:02 Uhr: Video: Strasser erklärt den beiden Journalisten seine Strategie
Strasser schildert, wie er einen Deal für die Lotterien in Russland eingefädelt hat. Er sei damals als Europaparlamentarier mit seinem Klienten zum russischen Finanzminister gegangen. Er stellt den beiden Journalisten Gillard und Newell gegenüber jedenfalls klar, dass er nicht unbedingt in Erscheinung treten muss.
Strasser: "Es gibt verschiedene Strategien, und es hängt vom Problem ab und es hängt vom Klienten ab. Ich bin sehr froh, wenn ich nicht in Erscheinung treten muss. Aber es hängt vom Klienten ab..."
Gillard: "Nein, wir sind durchaus damit einverstanden wenn Sie nicht in Erscheinung treten, und froh darüber, ihr Netzwerk von Freunden zu verwenden."

10:57 Uhr: Video: Strasser erklärt sein Tätigkeitsfeld

(Es folgt zunächst eine Unterhaltung über die politische Situation in Österreich und in England, ehe Gillard wieder auf das Thema zurückkommt)

...

Strasser fährt in dem Video fort: "Also ich habe meine abgegrenzten Bereiche, wo ich arbeite: Das sind Auswärtige Angelegenheiten und Inneres, und ich mache sonst nichts. Ich bin nicht sehr interessiert an den Diskussionen im Gesundheitswesen oder Klimawandel oder was auch immer - diese Politik interessiert mich nicht. Natürlich, wenn mein Klient, so wie es war, ein Problem im Bereich Klimawandel hat, muss ich, wie jeder, der einen Klienten hat, schauen, was ist diese Information, und was können wir für ihn machen? Aber in der gesamten Politikszene bin ich nicht daran interessiert, Zeit zu verlieren oder zu verschwenden."
Gillard: "Also Sie können Ihre Aufmerksamkeit auf allerlei Themen richten, wenn wir Sie in diesem Bereich tätig werden lassen sollten?"
Strasser fragt nach: "Wie bitte?"
Gillard: "Wenn zum Beispiel eines der Themen, die wir mit Ihnen besprechen wollen, die gentechnisch veränderten Nutzpflanzen wären. Sie könnten Ihre Aufmerksamkeit dahin wenden, wenn wir das von Ihnen wollten?"
Newell: "Obwohl Sie nicht darauf spezialisiert sind?"
Strasser: "Ja, natürlich."

10:50 Uhr: Video zeigt jetzt den Dialog mit den Journalisten
Strasser sagt darin: "Ich bin, sagen wir, in sieben oder acht Gesellschaften in Österreich Mitglied im Aufsichtsrat. Aufsichtsrat ist etwas anderes als der Vorstand. Das ist in Ordnung, und Sie werden in meinen Unterlagen nichts finden, weil ich meine Klienten schützen muss."
Gillard: "Ich verstehe. Wie würde es mit uns funktionieren?"
Strasser: "Hm?"
Gillard: "Wie würde es mit uns funktionieren, wenn Sie in unserem Aufsichtsrat wären?"
Strasser: "Wenn wir einen Vertrag haben, nach dem ich ihnen helfe, Ihre Dinge zu machen, ist das vertraulich."
Gillard: "Sie müssen es nicht registrieren?"
Strasser: "Nein."
Newell: "Weil Sie es über Ihre Gesellschaft machen, und Sie Ihre Arbeit für Ihre Gesellschaft offenlegen, aber nicht die ...?"
Strasser: "Wissen Sie, das ist meine Gesellschaft, und mit wem meine Gesellschaft arbeitet - Ich bin der alleinige Eigentümer, ich sage dem Vorsitzenden - das bin ich - mach das."
Newell: "Verstehe."

10:48 Uhr: Im Video: Strasser erklärt Lobbyismus
(Das Essen wird serviert)
Gillard: Sie haben also eigentlich zwei Rollen, die Sie spielen: Einerseits sind Sie Lobbyist und Sie sind auch Europa-Abgeordneter.
Strasser: Ja, aber ...
Gillard: Wie geht das zusammen?
Strasser: Das geht sehr gut. Man muss im Job eine Firewall aufbauen. Eine Abteilung hat diesen Klienten und eine andere diesen Klienten, und man muss eine Firewall aufbauen. Das bin ich. Wenn ich kein Lobbying betreiben kann, weil ich in was auch immer involviert bin, sage ich meinem Klienten, ich kann diesen Job nicht machen, aber vielleicht habe ich jemand, der diesen Job macht. Also ich habe nur eine Chance zu lügen. Und ich will nicht, ich will mein Netzwerk aufbauen und will es nach meiner Zeit als Europaparlamentarier nutzen. Good Governance Regeln, das sind sehr klare Regeln, aber jemand in meiner Position...

(Strasser bedeutet ihnen, dass sie ruhig zu essen beginnen können - Sie unterhalten sich kurz über Strassers Fitness)

Strasser erklärt seinen Gegenübern, in welchen Ausschüssen er sitzt. Man spricht über Lobbying.
Strasser: "Ich bin im Ausschuss für Äußere Angelegenheiten und im Ausschuss für Internes, das, was normalerweise der Innenminister macht. Das sind meine zwei Ausschüsse. Also muss ich sehr vorsichtig sein, und ich müsste offenlegen, wenn in diesem Bereich etwas wäre. Und natürlich, wenn wir zusammenarbeiten ist es wichtig, dass Sie und ich nach strengen Regeln arbeiten, dass wir sehr transparent arbeiten."
Gillard: "Wie funktioniert das - in England glaube ich, hat das Parlament so etwas wie ein Lobbying-Register - haben sie so etwas?"
Strasser: "Ja genau."
Gillard: "Und ist das ein öffentliches Dokument, oder ist es ein..."
Strasser: Das ist ein öffentliches Dokument, aber ich muss Ihnen nicht sagen, wer mein Klient ist. Wenn ich im Vorstand einer Gesellschaft bin - wenn ich irgendwo eine Funktion innehabe, in einer Bank oder irgendwo im höheren Dienstgrad, dann muss ich es offenlegen. Alle meine Gesellschaften muss ich offenlegen. Aber ich muss nicht offenlegen, wer mein Klient ist.

10:43 Uhr: "Wollte nicht in die Politik"
Strasser erklärt in dem Video, dass er ursprünglich gar nicht in die EU-Politik wollte.
Strasser: "Nun, genau weiß ich es nicht, aber in der Politik weiß man nie, was als nächstes passiert. Also plane ich nicht über die nächsten 5 Jahre hinaus, aber ich werde in 5 Jahren hier in Brüssel ein Büro haben, weil das für mich eine wunderbare Gelegenheit ist, alle Menschen kennenzulernen, mein eigenes Netzwerk zu haben, und dieses Netzwerk für meine Firmen zu verwenden."
Gillard (Journalist) antwortet: "Natürlich."
Strasser führt weiter aus: "Das ist eine sehr gute Kombination. Und ich sehe es jetzt in Österreich nach einem Jahr. Es gibt viele Leute, die etwas brauchen, im Wettbewerb oder was auch immer, Sport und Gesundheit, und Unterricht und was auch immer. Und wenn man als Europa-Abgeordneter hinkommt ist das etwas, es öffnet eine Tür auf eine andere Art, als wenn man als Lobbyist hineingeht. Ja. Natürlich bin ich Lobbyist, ja und ich bin dafür offen. Aber ich nehme alle Regeln für gute Regierungsführung wahr."

10:35 Uhr: Strasser legt seinen Werdegang in dem Video dar
Nach anfänglichem Smalltalk kommt man zur Sache in dem Video:
Gillard (Journalist): "Von welcher Partei sind Sie?"
Strasser: "Ich bin Christ(-demokrat). Ich habe Rechtswissenschaften studiert, danach ging ich in die Privatwirtschaft. Ich wollte nicht Rechtsanwalt werden. Dann hat die Partei, der Parteivorsitzende in Niederösterreich, dem größten Bundesland in Österreich, mich gebeten, sein Geschäftsführer zu sein. Ich habe zwei Wahlkämpfe geführt, und wir haben 1992 mit 43 Prozent begonnen und haben den Anteil auf jetzt 54 Prozent gesteigert."

Und weiter im Wortlaut des Videos heißt es:
Strasser: "Ich wollte Kommissar werden, also Kommissar hier in der EU. Das hat nicht funktioniert, weil Barroso eine Frau aus Österreich wollte; also habe ich beschlossen, aus der Politik rauszugehen, und ich bin in eine Investmentbank gegangen, um Erfahrungen zu sammeln."
Gillard: "Aha, Sie haben auch etwas Zeit außerhalb der Politik verbracht."
Strasser: "Ich war für drei Jahre dort, und danach habe ich meine eigene Beratungsfirma gegründet, das ist Consulting, allein und zusammen mit Partnern, wenn Bedarf besteht..."

10:23 Uhr: Strasser: "Österreich ist ein Land der Trinker"
Akustisch ist nach wie vor kaum etwas zu verstehen; die Hintergrundgeräusche des Restaurants, Geschirr-Geschepper und Stimmengewirr, machen schwer möglich, etwas zu verstehen. Wenn sich Strasser vorbeugt, wird seine Stimme etwas verständlicher. Das Gericht hat ein ins Deutsche übersetzte Transkript der Szene, aus dem wir nun auszugsweise zitieren:

"Unterhaltung über das Lokal... und über den Faschingsbeginn in Österreich... Die Kellnerin kommt, entfernt einen überzähligen Sessel. Die drei bestellen ihr Essen. Strasser bestellt "Stilles Wasser" und Käse. Seine Gesprächspartner bestellen Wein - Sauvignon. Sie unterhalten sich kurz über den Alkoholkonsum in Österreich. "Österreich ist ein Land der Trinker", wirft Strasser ein. Gillard kommt auf die Parteizugehörigkeit von Strasser zu sprechen."

Strasser, mit dunklem Sakko und ohne Krawatte bei dem Treffen mit den Journalisten, bemüht sich sichtlich um einen "guten Draht" zu seinen beiden Gegenübern. Akustisch ist das Video zumindest im Gerichtssaal noch immer kaum zu verstehen.

10:19 Uhr: Zweiter Versuch gestartet
Zweiter Versuch, das Video aus Brüssel zu zeigen. Noch einmal also: In diesem Video ist das Treffen der beiden Undercover-Journalisten der britischen Zeitung "Sunday Times", Claire Newell und Michael Gillard mit Ernst Strasser am 11. November 2010 in Brüssel zu sehen...

10:15 Uhr: Zwei Mini-Boxen sollen helfen...
Der Techniker versuchte das Problem mit kleinen Boxen zu beheben, Die Verhandlung wird fortgesetzt. Ob die Tonqualität besser wird?

10:03 Uhr: Der Richter unterbricht die Verhandlung: Video-Qualität zu schlecht
Richter Olschak stoppt die Vorführung mit den Worten: "So hat das keinen Sinn." Am Laptop sei die Tonqualität besser. Er will einen Techniker organisieren, der die Tonqualität annehmbar gestaltet.

10 Minuten Pause.

10:01 Uhr: Schlechte Qualität
Akustisch ist in der Originalversion des Videos, das vor Gericht gezeigt wird, wenig bis nichts zu verstehen. Dem Gericht liegt aber ein übersetztes Transkript vor. Wir werden hier auszugsweise daraus zitieren.

Teilnehmer an dem Treffen:

  • Ernst Strasser (der Angeklagte)
  • Claire Newell, Michael Gillard (die beiden Journalisten)

Die drei Protagonisten treffen sich im Restaurant, suchen sich einen Platz. Newell stellt Gillard als "Geschäftsführer John Calvert" vor.

Es folgt eine Unterhaltung über das Lokal...

09:51 Uhr: Das 1. Video wird gezeigt: Schlechte Qualität
Es handelt sich um ein Video, das die beiden Undercover-Journalisten der britischen Zeitung "Sunday Times", Claire Newell und Michael Gillard, bei ihrem Treffen mit Ernst Strasser in Brüssel am 11. November 2010 in Brüssel mitgeschnitten haben.  Das Video beginnt loszuruckeln. Es ist zu sehen, wie die Journalisten die versteckte Kamera in einem Restaurant einzurichten versuchen. Es rauscht und knatter, die Ton-Qualität ist schlecht.

09:48 Uhr: Strasser beschwert sich
Strasser rief Newell(die Journalistin, Anm.) an und teilte mit, dass die Frist (ohne sein Zutun, sondern durch Vorschlag des Rates) verlängert worden ist. Strasser beschwert sich über die Staatsanwältin: "Sie haben alle meine Korrespondenzen und alle meine Anrufe." Und weiter: In den Videos sei aber nur zu sehen, wie sich zwei Parteien anlügen würden.

09:41 Uhr: Strasser widerspricht der Staatsanwältin
Die Staatsanwältin zitiert aus einer weiteren Zeugenaussage. Strasser habe im Büro Karas angerufen und fragte nach dem Mobiltelefon von dessen Assistentin Heidenthaler. Strasser rief Heidenthaler noch am selben Tag an. Es sei um das "Dossier Anlegerentschädigung" gegangen. Strasser wollte wissen, wer der Schattenberichterstatter der EVP in diesem Fall ist.

 

© APA, Staatsanwältin Maruna

Staatsanwältin: "Warum haben Sie mehrmals dort angerufen und Druck gemacht, wenn es Ihnen nicht wichtig war?"
Strasser: "Ich habe mich nicht eingemischt. Das Einzige, was ich getan habe, war, dass ich Informationen haben wollte."

Strasser weiter: "Ich habe ausschließlich um Infos über Inhalte und das Procedere ersucht." Aus seiner Sicht habe es einen entsprechenden Vorschlag des Rates bereits im Monat zuvor gegeben. "Ich habe keinen Einfluss genommen, wollte nur Informationen."
Staatsanwältin: "Sie wollten, das der Antrag eingebracht wird."
Strasser: "Das stimmt nicht!".

09:35 Uhr: Frist abgelaufen?
Strasser schickte noch ein E-Mail, noch einmal mit angeschlossenem Amendment. "Wie ist der Stand der Sache?" Strassers Assistentin fragt im Büro von Helga Ranner nach und erfuhr, dass die Frist bereits abgelaufen ist. Ein weiteres Mail von Strassers Assistentin ging daraufhin an das Büro Karas. Es sei sehr dringend; ob es noch eine Chance gebe, das Amendment einzubringen. Das Büro Karas meinte, dass das Amendment sinnvoll wäre und noch eingebracht werden könnte.

Strasser: Die Deadline sei keine wichtige Information gewesen. Die Undercover-Journalistin hat Strasser davon in Kenntnis gesetzt, dass die Deadline (1. März) näher rückte. Per Telefon: Es sei dringend, sagte Newell. Strasser sagte: Da müssen wir dringend was tun. Strasser: Er habe Newell hinhalten wollen und Informationen für die "Fütterung" gebraucht.

09:28 Uhr: Die Staatsanwältin zitiert aus einer Zeugenaussage
Strasser habe um einen Namen des Schattenberichterstatters gebeten beim Büro von Othmar Karas. Strasser: "Es ist in den letzten 20 Jahren nicht vorgekommen, dass Karas einen Vorschlag von mir übernommen hat. Also war das extrem unwahrscheinlich." Strasser sieht sich erneut bestätigt.

09:25 Uhr: Strassers Büro leitete das Email weiter
Das Büro von Strasser hatte das Amendment, das ihm die Journalisten geschickt hatten, per Mail weitergeleitet - mit der Frage: Ist das sinnvoll? Strasser sieht sich eben dadurch bestätigt.

 

09:20 Uhr: Richter fragt weiter
"Hätten Sie nicht gleich eine Mail an Karas schicken können und fragen, wer davon profitiert?" fragt der Richter. "Ja", meint Strasser, aber er habe es eben anders formuliert. Er wollte die Leute "hinhalten". "Ich hätte ja selbst nachschauen können, wer Schattenberichterstatter ist. Das sind öffentliche Informationen." Er habe Zeit gewinnen wollen, indem er die Infos weitergab. "Ich wollte denen was in die Hand geben, was öffentlich zugänglich ist, um mit denen (den vermeintlichen Lobbyisten/Agenten, Anm.) weiterzukommen." Er habe "irgendein Futter" anbieten wollen.

Richter: Wo stehen die Informationen über die Berichterstatter?
Strasser: Auf der Webseite.
Richter: Und das weiß der Geheimdienst nicht?
Strasser: Ich wollte schauen, dass ich im Gespräch bleibe und mir das Vertrauen erwerbe, um an Hintergrund-Infos zu kommen.

09:17 Uhr: Rede-Duell Strasser und Staatsanwältin
Nächstes Mail; diesmal mit einem Hinweis auf einen Parlaments-Ausschuss und auf Karas. Strasser: "Das alles zeigt, dass wir keinen Antrag einbringen wollten, sondern Informationen sammeln wollten."

Staatsanwältin: "Hätten Sie nicht sagen müssen: Bitte nicht einbringen; nur Info?"
Strasser: "Die Initiative hätte ja von uns ausgehen müssen. Also hatte ich keinen Anlass, etwas zu tun." Im konkreten Fall war der Wunsch der "Murdoch-Leute", eine Frist zu verlängern, so Strasser. "Ich habe keinen Einfluss ausgeübt", so Strasser. "Ich habe ausschließlich versucht, Infos zu sammeln."
"Von wem denn", will der Richter wissen.
Strasser: "Ich bin kein Experte; wollte wissen, wer davon profitiert."

09:11 Uhr: Noch ein Mail hat die Staatsanwältin
Wieder meint Strasser dazu, dass es nicht darum gegangen sei, etwas einbringen zu wollen, sondern darum, Informationen zu sammeln. "Wir haben nichts eingebracht. Das hatten wir auch gar nicht vor."

09:08 Uhr: Weitere Fragen
Staatsanwältin Maruna hat noch ergänzende Fragen an Strasser. Sie liest aus einem Mail der Undercover-Journalistinn an Strasser vor. Es geht um ein Amendment, das Strasser schicken sollte. Strasser weiß nicht, was die Journalistin damit gemeint haben will.

Die Staatsanwältin will weiters wissen, ob Strasser das Mail so verstanden hat, dass er das Amendment noch schicken sollte. Strasser: "Es kann nur sein, dass ich weitere Informationen herausholen wollte."

09:07 Uhr: Der Angeklagte ist da
Jetzt ruft Richter Georg Olschak Strasser in den Saal. Blitzlichtgewitter folgt. Der Richter schickt die Kameraleute und Fotografen aus dem Saal. Es geht los.

09:00 Uhr: In wenigen Minutern beginnt im Großen Schwurgerichtssaal der 2. Prozesstag mit Ernst Strasser. Der Angeklagte ist noch nicht da; das Medieninteresse ist heute ähnlich groß wie gestern. Kiebitze haben sich jedoch deutlich weniger eingefunden.

08:30 Uhr: Der Große Schwurgerichtssaal im Straflandesgericht in Wien füllt sich allmählich. Um 9 Uhr geht es offiziell los: Zweiter Tag im Prozess gegen Ex-Innenminister Strasser, dem Bestechlichkeit vorgeworfen wird.

Hier das Video vom ersten Prozess-Tag gestern:

Nächste Seite: Alle Infos vom ersten Prozess-Tag.

 

Das Blitzlichtgewitter ist so intensiv wie bei Estibaliz C., die hier in der Vorwoche im großen Schwurgerichtssaal auf der Anklagebank saß. Von seinem Strahlemann-Image hat sich ­Ex-Innenminister Ernst Strasser (56) schon lange verabschiedet. Mit ernster Miene betritt er um 9 Uhr den Saal. Er soll sich von als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten bestechen haben lassen. 100.000 Euro hätte er dafür verlangt. Schließt sich das Gericht der Meinung von Staatsanwältin Alexandra Maruna an, drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Seine Verteidigungsstrategie ist ebenso klar wie skurril: Der Ex-Minister hätte angeblich gleich den Braten gerochen, hätte sich nie bestechen lassen wollen. Strasser: „Ich habe den Vertrag nie unterschrieben, ich habe keine Einflussnahme auf ein Gesetz betrieben, es ist kein Geld geflossen.“

Er hätte die Enthüllungsjournalisten für Geheimdienstagenten gehalten: „Die wollten eine Geisel haben.“

Und Strasser hätte sie auffliegen lassen wollen: „Deswegen habe ich ihnen eine Reihe an Fallen gestellt, wo ich draufkommen wollte, woher die kommen.“

Man spürt es: Viele gibt es nicht im Gerichtssaal, die dem Ex-Innenminister die Geschichte glauben. In einer Pause geht Strasser auf die Journalisten zu. „Herr Strasser, warum geben Sie nicht einfach zu, dass Sie geldgierig waren? Dann spenden Sie einen Teil des Geldes und gehen als freier Mann“, wird er gefragt Darauf Strasser: „Weil es die Wahrheit ist.“

Doch gleich der erste Zeuge belastet ihn. Per pannenreicher und mit Mikro-Ausfällen gespickter Videokonferenz wird der deutsche EU-Abgeordnete Karl-Heinz Florenz (CDU) zugeschaltet. Er sagt: „Strasser hat mich auf dem Gang angesprochen. Das Gespräch dauerte 60 Sekunden. Ich haben ihn vor diesem Gespräch nie wahrgenommen, weil er nicht den besten Ruf hatte.“

Der EU-Abgeordnete wimmelte Strasser ab: „Schicken Sie mir eine E-Mail mit ihrem Anliegen.“ Was Strasser auch tat, seine Intervention für das Elektronikschrott-Gesetz allerdings blieb bei dem deutschen Abgeordneten erfolglos. „Sein Vorschlag lief konträr zu meinem. Deswegen habe ich die E-Mail ad acta gelegt“, so Florenz. Heute wird der Prozess fortgesetzt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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