Kurz, nachdem die ÖVP sich bereit erklärt hat, das Parlament bei Pensionsanpassungen einzubinden, kommt von Faymann ein klares "Nein". Der Kompromiss geht ihm nicht weit genug.
Die Zeichen innerhalb der Regierungskoalition stehen wieder auf Sturm. Der geschäftsführende SPÖ-Chef Werner Faymann hat am Freitag sein klares Nein zu der von der ÖVP geforderten Pensionsautomatik deponiert und sich gleichzeitig dafür ausgesprochen, die Causa Pensionen im Plenum des Nationalrates zu diskutieren. Kurz zuvor hatte die ÖVP eingeschwenkt und sich damit einverstanden erklärt, wie bisher von der SPÖ gefordert den Hauptausschuss des Parlaments damit zu befassen.
"Wir denken nicht daran, die Pensionen irgendeiner Automatik auszusetzen", betonte Faymann vor Journalisten in Klagenfurt unmissverständlich. Man werde sich nicht vorher die Hände binden lassen, Gestaltungsfreiheit müsse auf jeden Fall gegeben sein. Faymann: "Es gibt keine Zustimmung der SPÖ, wenn nicht die volle Handlungsfähigkeit von Regierung und Nationalrat gegeben ist."
ÖVP: "Schritt in Richtung SPÖ
Zuvor hatte die ÖVP
die nochmalige Einbindung des Parlaments in Sachen Pensionen akzeptiert -
als "Schritt in Richtung SPÖ". Die ÖVP reagierte damit auf
die Kritik des Koalitionspartner, dass das Parlament bei einer Verordnung
des Sozialministers umgangen würde.
"Faymann legt es auf Streit an"
Nach Faymanns Kommentar
und klarem NEIN zum Kompromissangebot reagiertie die ÖVP verärgert. "Faymann
legt es auf Streit an", betonet ÖVP-Seniorenbund-Obmann Andreas Khol und
kritisierte die "unverständliche Ablehnung" des heutigen Lösungsvorschlags
von Vizekanzler Wilhelm Molterer. "Ich verstehe überhaupt nicht, dass
Minister Faymann dieses Friedensangebot und Einstandsgeschenk von
Vizekanzler Molterer ablehnt."
An der Einführung einer Pensions-Automatik hielt Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein zuletzt aber fest.
"Das wird die Nagelprobe, ob die SPÖ tatsächlich an einer Absicherung der Pensionen interessiert ist oder ob sie die Forderung nach einer Einbindung des Parlaments nur vorgeschoben hat und ein Spiel auf dem Rücken der Alten und Jungen austragen möchte", so Bartenstein. Die Substanz des Pensions-Pakets müsse - wie im Koalitionsabkommen vereinbart - auch nach der parlamentarischen Behandlungen erhalten bleiben.
"Wenn die Lebenserwartung ansteigt, muss im Pensionssystem im Interesse der Jungen darauf reagiert werden", so der ÖVP-Minister, der das Paket mit Sozialminister Erwin Buchinger (S) ausverhandelt hatte.
Das will die ÖVP
Geht es nach der ÖVP, soll der
Hauptausschuss des Parlaments bei der Pensionsautomatik das letzte Wort
haben. "Wir wollen damit einen Schritt auf die SPÖ zugehen."Sichergestellt
sein müsse aber, dass das "Pensionssicherungspaket" in allen
Punkten umgesetzt werde, inklusive der Nachhaltigkeitsfaktoren, meinte
Molterer. Zuvor hatte der Vizekanzler gedroht, dass die Koalition platzen
würde, sollte die SPÖ die Pensionsautomatik nicht akzeptieren. Auch die
Verlängerung der Hacklerregelung wird von der ÖVP akzeptiert.
Der neue SPÖ-Vorsitzende, Infrastrukturminister Werner Faymann, hatte sich am Mittwoch klar gegen die Pensionsautomatik ausgesprochen. "Das kann ich bei der Situation, bei den Ängsten, die es in der Bevölkerung gibt, und bei den Erwartungen, die es an die Politik gibt, nicht verstehen. Für diese Verunsicherung stehe ich nicht zur Verfügung", sagte Faymann in Richtung ÖVP.
Erst am Donnerstag Abend hatte sich der Bundespräsident persönlich zu Wort gemeldet, und beide Koalitionspartner zu einer friedlichen Zusammenarbeit aufgerufen.
Hintergrund:
Stichwort Pensionsautomatik: Die SPÖ, insbesondere der neue SPÖ Vorsitzende Werner Faymann, hatte zuletzt Nachverhandlungen bei der Pensionsautomatik verlangt. So will er, dass vor jeder Anhebung des Pensionsalters, der Beiträge oder vor einer Senkung der Pensionshöhe ein Beschluss durch das Parlament notwendig sei. Dass die SPÖ die Einbindung des Hauptausschusses als Kompromissformel für die Pensionsautomatik ablehnt, ist neu. Im Anfang 2007 geschlossenen Regierungsprogramm ist noch keine Rede von einer Einbindung des Parlaments bei der Pensionsautomatik, am 1. Juni 2008 formulierte das SP-Präsidium dann den Parlamentsvorbehalt für die Pensionsautomatik. Danach hatte es aus der Kanzlerpartei mehrmals geheißen, dass sowohl ein Beschluss im Nationalratsplenum als auch im Hauptausschuss möglich wäre. Die ÖVP hingegen will an der Einigung festhalten: Die Regierungsparteien hatten sich Ende Mai darauf geeinigt, dass per Verordnung bei einem Anstieg der Lebenserwartung um sechs Monate und einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Beitragseinnahmen und Pensionszahlungen um mehr als einen Prozentpunkt in Zukunft automatisch Pensionsalter, Beiträge und Pensionshöhe angepasst werden sollten. Die SPÖ hat eine entsprechende Einigung danach revidiert und eine Entscheidung im Parlament gefordert.
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