Die Verhandlungen über Minderheitenrechte sind ausgesetzt.
Der parlamentarische Konflikt zwischen Opposition und Regierungsparteien hat sich am Freitag weiter verschärft. SPÖ und ÖVP setzten Verhandlungen über die Ausweitung der Minderheitenrechte (Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht) aus. Grund dafür ist der Pakt der Opposition im aktuellen Untersuchungsausschuss gegen die Regierungsfraktionen, in dem unter anderem die Blockade von Zweidrittel-Materien beschlossen wurde. Die Opposition schäumt und spricht von einer Retourkutsche, Vertreter der Regierungsparteien verlangte eine Aussprache der Klubobleute im Parlament.
Deutsches Modell
Die Verhandlungen im Geschäftsordnungskomitee
betreffen unter anderem verstärkte Minderheitenrechte der Opposition bei der
Einberufung von Untersuchungsausschüssen. SPÖ und ÖVP hatten sich
grundsätzlich dazu bereiterklärt, Vorlage solle das deutsche Modell sein.
Grund für die Eskalation des Konflikts ist die Weigerung der
Regierungsparteien, im laufenden Spionage-Ausschuss Minister aussagen zu
lassen. Um die Ladungen der zuständigen Ressortchefs zu erzwingen, haben die
Oppositionsparteien gestern einen Pakt geschlossen. Darin halten sie fest,
bis Ende März 2010 keinen Zweidrittel-Materien (Verfassungsgesetze)
zuzustimmen. Die Regierung braucht für solche Vorhaben die Stimmen
mindestens einer Oppositionspartei.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) bestätigte den vorläufigen Abbruch der Verhandlungen, "die Regierungsparteien sehen sich außerstande, weiterzuverhandeln". Auch sie pocht auf eine Fortsetzung: "Ich habe ausdrücklich betont, wie wichtig die Reform ist." Der Konflikt im laufenden Untersuchungsausschuss zeige die Notwendigkeit neuer Regeln und einer neuen Verfahrensordnung. Die jetzigen "Troubles" würde es nicht geben, hätte man bereits ähnliche Bestimmungen wie in Deutschland, so Prammer laut Parlamentskorrespondenz. Man brauche eine Schiedsstelle zur Klärung strittiger Verfahrensfragen in U-Ausschüssen.
Auch Otto Pendl, Vertreter der SPÖ im Geschäftsordnungskomitee, sieht das Einfrieren der Verhandlungen nicht so dramatisch wie die Opposition. Wir haben ausgemacht, dass das auf Klubobleute-Ebene diskutiert wird." Natürlich habe man weiter Interesse an einer Neuorganisation von U-Ausschüssen. Pendls ÖVP-Pendant Beatrix Karl sieht ebenso weniger einen Abbruch als ein Aussetzen der Verhandlungen. Wenn die Opposition bereit sei, Zweidrittel-Matereien zu besprechen, "wo sie sich selbst Vorteile heraushandeln kann", müsse sie auch so wichtige Beschlüsse wie Kinderrechte diskutieren.
Martin Graf, der für die FPÖ im Geschäftsordnungskomitee sitzt, sprach von einer "billigen Retourkutsche für die gestrige Oppositionsübereinkunft", wären die Vertreter der Regierungsparteien lesewillig, wüssten diese, dass man ruhig weiterverhandeln könne. Herbert Scheibner vom BZÖ bezeichnet das Aussetzen der Verhandlungen des Geschäftsordnungskomitees als "wirklich skandalös". Er ortet eine "Arbeitsverweigerung" und "Blockade wichtiger Reformen". Und auch die Grüne Eva Glawischnig betonte, dass man sehr wohl bereit sei, Zweidrittel-Materien zu verhandeln, auch wenn es einstweilen keine Beschlüsse gebe.