Flüchtlinge

Streit um Wiener Bauordnungsnovelle

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Die Stadt verteidigt die Erleichterungen bei Errichtung temporärer Bauten.

Die geplante Bauordnungsnovelle sorgt weiter für heftigen Streit zwischen Wiener Stadtregierung und Opposition. Blau-Schwarz lässt das Regelwerk vom Verfassungsgerichtshof prüfen - sollte es wie vorgesehen morgen, Freitag, im Landtag beschlossen werden. Das haben FPÖ und ÖVP am Donnerstag angekündigt. Ziel der Neuregelung ist es, temporäre Flüchtlingsunterkünfte rascher einrichten zu können.

"Verletzung des Rechtsstaates"
Die Bestimmungen werden dafür eigens gelockert, was die Opposition erbost. "Die geplante Änderung des Baurechts ist eine ganz klare Verletzung des Rechtsstaates", zeigte sich FP-Vizebürgermeister Johann Gudenus in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel überzeugt. Die Bauordnung gehöre zwar tatsächlich entrümpelt. So wie es nun geplant sei, handle es sich jedoch um einen "Angriff auf die Verfassung".

"Containerdörfer" und vergleichbare Bauten könnten künftig überall errichtet werden - "auf dem Rathausplatz oder beim Stadtpark". Einspruchsmöglichkeiten für Anrainer würden dabei nicht als nötig erachtet. Stattdessen würde Flüchtlingen der "rote Teppich" ausgerollt, beklagte Gudenus. Sein schwarzer Mitstreiter Gernot Blümel befand: "Dieses Gesetz ist moralisch verwerflich." Außerdem sei es als "privatwirtschaftsfeindlich" zu beurteilen. Die FPÖ hatte bereits Anfang März angekündigt, den VfGH mit der Materie befassen zu wollen.

Nur "staatlich organisierte" Vorhaben betroffen
Stein des Anstoßes ist jene Novelle, die Rot-Grün angesichts des Zustroms von Flüchtlingen erarbeitet hat. Da der übliche Behördenweg oder gar Änderungen von Flächenwidmungen mitunter länger dauern, soll es in Zukunft möglich sein, Baumaßnahmen auch dann durchzuführen, "wenn die baurechtlichen oder -technischen bzw. raumordnungsrechtlichen Vorschriften nicht vollständig eingehalten werden". Beschwerden gegen Bescheide sollen zudem keine aufschiebende Wirkung haben.

Wird für höchstens sechs Monate gebaut, dann bedarf es überhaupt keiner Baubewilligung. Bei Unterkünften, die für einen längeren Zeitraum gedacht sind - theoretisch könnten derartige Objekte bis zu 15 Jahre genutzt werden - werden die Bestimmungen im Vergleich zur bestehenden Regelung vereinfacht. Allgemeine Sicherheitsbestimmungen müssen jedoch eingehalten werden. Und: Betroffen sind nur Vorhaben, die "staatlich organisiert" sind.

Verstoß gegen das Legalitätsprinzip
Nach Ansicht von FPÖ und ÖVP verstoßen die Vorschriften unter anderem gegen das sogenannte Legalitätsprinzip - da man mit dem Gesetz die Stadt quasi vom Gesetz ausnehme. Auch der Gleichheitsgrundsatz werde angesichts der Beschränkung auf Maßnahmen der öffentlichen Hand verletzt, hieß es. Zudem würden "fundamentale Grundrechte" - also etwa jene der Nachbarn - ignoriert, wie beklagt wird.

Verteidigung
Der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr hat in einer Pressekonferenz das Vorhaben heute verteidigt. Man wolle verhindern, dass - wie dies in manchen anderen Städten der Fall sei - Slumsiedlungen entstehen. Man müsse aus humanitären Gründen handeln. Dass hiermit aber etwa temporäre Hochhäuser errichtet werden könnten, sei nicht angedacht, schwor er: "Idiotien sind nicht geplant." Möglich sei jedoch etwa, dass auf nicht mehr genutzten Betriebsflächen ohne Umwidmung Quartiere errichtet werden.

"Wir gehen davon aus, dass die Regelung verfassungskonform ist", erklärte der Grün-Politiker. Falls nicht, werde man dies zur Kenntnis nehmen. Nach dem Beschluss im Landtag sollen jedenfalls bald die ersten betreffenden Projekte umgesetzt werden, hier gebe es bereits Vorbereitungen. Wo diese entstehen werden, wollte Chorherr vor dem Beschluss nicht sagen. Es handle sich aber um private Initiativen, wie er betonte.

Allgemeine Entbürokratisierung
Denn die Einschränkung auf staatliche Einrichtungen bedeute nicht, dass lediglich die Stadt oder der Bund als Errichter infrage kommen. Nötig sei aber, dass die Organisation bzw. der Betrieb vom Fonds Soziales Wien oder von Hilfsorganisationen übernommen werden.

Die NEOS werden so wie FPÖ und ÖVP der Novelle nicht zustimmen, auch wenn man die Intention grundsätzlich unterstütze, wie es in einer Aussendung hieß. NEOS-Stadtentwicklungssprecher Stefan Gara verlangte jedoch, dass allen Menschen mit dringendem Wohnbedarf geholfen werden solle. Man plädiere für eine allgemeine Entbürokratisierung. Hinsichtlich des vorliegenden Gesetzes habe man zudem ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken.

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