NEOS-Chef Matthias Strolz hat bei einer Pressekonferenz überraschend bekannt gegeben, von der Spitze der Oppositionspartei zurückziehen. Für Montagmittag lud die Partei kurzfristig unter dem Titel "Persönliche Erklärung von Matthias Strolz" zu einer Pressekonferenz. Strolz war bei seinem Rücktritt sichtlich emotional, kämpfte mit den Tränen. "Ich folge dem Ruf meines Herzens." Mit diesen Worten begründete NEOS-Chef Matthias Strolz seinen Abschied aus der Politik. Er wird bis Ende Juni den Parteivorsitz abgeben und bis zum Herbst die Führung des Parlamentsklubs in neue Hände legen. Danach wird er aus dem Nationalrat ausscheiden und sich völlig aus der Politik zurückziehen. Über seine Zukunftspläne verriet er bei seiner Erklärung wenig.
"Schrittweise, geordnete Übergabe"
Heute sei der Tag, an dem er als Gründungsvorsitzender der NEOS "die schrittweise, geordnete Übergabe" einleite, sagte Strolz in einer persönlichen Erklärung. Damit sei der Auftrag für eine nächste Wachstumsphase verbunden.
Matthias Strolz ist es - finanziell unterstützt von Hans-Peter Haselsteiner - gelungen, in Rekordzeit eine neue Partei fest in Österreichs Polit-Landschaft zu verankern: Im Oktober 2012 gegründet, eroberten die NEOS 2013 den Nationalrat, 2014 das EU-Parlament, 2014/15 die ersten zwei, heuer drei weitere Landtage, und stehen jetzt kurz vor der ersten Koalitionsbeteiligung in Salzburg.
Zukunft offen, "einige Buchprojekte im Kopf"
Seine Zukunft sei offen. Er habe "einige Buchprojekte im Kopf". Strolz begründet seinen Rückzug einerseits sehr persönlich "mit dem Ruf des Herzens" und anderseits damit, dass die "Pionier- und Aufbauphase" der NEOS abgeschlossen sei. "Das war meine Berufung." Er wollte so lange Führungsverantwortung übernehmen, bis die Bewegung "tragfähig und stabil ist". "Das Leben ist ein konstanter Fluss. Wenn die Zeit reif ist, ist es wichtig, Verantwortung abzugeben." Die nächste Etappe der Partei solle "von einer neuen frischen Führung" übernommen werden. Und "wir NEOS haben noch vieles vor. Wir wollen bis 2020/2030 eine 20-Prozent-Kraft werden. Wir wollen eine Million Menschen hinter uns versammeln. Damit das gelingen kann, sind weitere Weichenstellungen wichtig. Ich habe sieben Jahre Aufbauarbeit in den Knochen."
"Pilot meines Lebens"
"Ich bin nicht Passagier, ich bin der Pilot meines Lebens", so Strolz. Seine Zukunft sei offen, "und ich will es offen halten". "Ich werde ein Feld weiterziehen. Wie das Feld heißt, weiß ich nicht. (...) Ich freue mich auf die neue Lebensphase und mehr Zeit für meine Familie und Töchter zu haben", sagte Strolz und zeigte zwei Glücksbringer, die ihm zwei seiner drei Töchter heute mitgegeben haben.
Am Ende seiner Erklärung bedankte sich Strolz sichtlich gerührt unter Tränen, "dass mir das Leben diese Aufgabe mit auf dem Weg gegeben hat". "Viel Glück und auf ein Wiedersehen."
Wird Meinl-Reisinger neue NEOS-Chefin?
Als Favoritin für die Nachfolge von Matthias Strolz gilt die Wiener NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Sie ist unsere Wunsch-Kandidatin für die Parteispitze", so ein NEOS-Insider zu oe24. Meinl-Reisinger wird die Partei jedenfalls einmal interimistisch übernehmen, heißt es von NEOS-Insidern gegenüber oe24. Auch Vize-Klubchef Niki Scherak und der ehemalige NZZ-Chef Veit Dengler wurden als mögliche Kandidaten genannt.
Meinl-Reisinger äußerte sich bereits in einer ersten Stellungnahme zum Rücktritt von Strolz: „Ich respektiere diese persönliche Entscheidung von Matthias Strolz in höchstem Maß. Es gehört Entschlossenheit und Mut dazu, eine erfolgreiche Etappe abzuschließen und neue Wege einzuleiten. Matthias Strolz hat NEOS mit seiner Vision und Kraft aufgebaut und entscheidend geprägt. Nun lebt er auch in dieser Phase den neuen Stil vor, den wir als Bürgerinnenbewegung in Österreich einbringen wollen. Ehrlich und transparent wollen wir in den verantwortlichen Gremien in den nächsten Tagen diskutieren, wie wir die nächste Etappe von NEOS gestalten wollen. Ich möchte Matthias Strolz meine persönliche Dankbarkeit aussprechen und von Herzen alles Gute auf dem weiteren Fluss des Lebens wünschen.“
"Unsere Pionierphase ist abgeschlossen"
Der scheidende NEOS-Chef Matthias Strolz hat bei seiner Rücktrittserklärung Montagmittag zufrieden auf das zurückgeblickt, was er in den letzten sieben Jahren geschafft hat. Die NEOS hätten die Aufbauphase erfolgreich absolviert, nun stehe die nächste Wachstumsphase bevor. Das Ziel für die nächsten zehn Jahre sei es, zu einer 20-Prozent-Partei zu wachsen.
"Ich liebe Politik", sagte Strolz. Und er habe vor sieben Jahren auf den Ruf seines Herzens gehört und mit den NEOS "eine politische Kraft der Mitte" in Österreich etabliert. Am Beginn sei "die Angst größer als die Lust gewesen. Ich wusste, das würde mein Leben und das Leben meiner Lieben völlig auf den Kopf stellen. Aber die Lust ist größer geworden." Anfang 2012 habe man mit dem Aufbau der Partei begonnen. "Und aus einer Idee ist rasch eine Bewegung geworden." Vor der Nationalratswahl 2013 "haben sämtliche Fachleute gesagt: 'Das geht nicht ohne fünf Millionen und Prominente'. Wir hatten kein Geld und keine Promis, aber Entschlossenheit, Kompetenz, Herzblut und gute Laune."
Keiner hätte den NEOS diesen Erfolg in nur sechs Jahren zugetraut, so Strolz. "Mit der Wahl in Salzburg ist unsere Pionierphase, unsere Aufbauphase zum Abschluss gekommen. Wir haben in den letzten sechs Jahren an 30 Wahlen teilgenommen. Ich war immer mitten drinnen und vorne dabei. Vieles ist uns gelungen, einiges nicht, überall ist Luft nach oben. Aber wird sind die schnellst wachsende politische Kraft und das macht uns dankbar", resümierte Strolz.
Entschluss fiel schon zu Jahresbeginn
"Seit Jahresbeginn habe ich zunehmend Klarheit darüber bekommen, dass 2018 das Jahr meiner Amtsübergabe sein wird. So wie mich mein Herz in die Aufgabe einer Parteigründung gerufen hat, so sagt mir die Stimme meines Herzen nun, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Führungsverantwortung zu übergeben."
+++ Der oe24-Live-Ticker zum Rücktritt zum Nachlesen +++