Sommer-Talk mit Wolfgang Fellner

Stronach: »Alle sagen, Frank, du bist verrückt«

26.08.2012

Frank Stronach hat für seine Partei noch keinen Namen und kein Programm – aber 3 Abgeordnete und 25 Millionen.

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels
 

© Kernmayer

Die Frage, ob einer, der in zwei Wochen 80 wird, noch politikfähig ist, beantwortet Frank Stronach, ohne viel zu sagen. Er wirkt topfit, voller Spannkraft, gerade ist er – wie jeden Tag, wenn er in seiner Villa im Fontana ist – in dem riesigen Teich geschwommen.
Alle Skeptiker hat er seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur bei der nächsten Nationalratswahl verblüfft – und einen fulminanten Start vorgelegt.
5 Abgeordnete an Bord.  Am Donnerstag hat er schon seinen dritten Überläufer präsentiert. Noch bevor sich der Milliardär einer Wahl gestellt hat, sitzt er mit drei Abgeordneten im Parlament. In Wahrheit wären es schon fünf, verrät er im Gespräch, einer von der ÖVP, ein weiterer vom BZÖ, lässt er durchblicken.
Dafür musste er sich vorwerfen lassen, er kaufe sich Politiker – 7.000 Euro (netto!) monatlich werden kolportiert. Was er im Interview nur halb dementiert: Abgeordnete werden nicht bezahlt, aber für einen, der für den Wechsel in die Politik seinen Job aufgeben muss, wäre gesorgt.
60 Millionen Euro. Geld ist vorhanden. Wenn nötig, will er mehr als 25 Millionen ausgeben. Stronach persönlich wird gerade um 60 Millionen Euro reicher. In dieser Woche ist er zurück nach Kanada geflogen, wo er seine letzte Beteiligung (an Magna-E-Car-Systems) an Magna zurückverkauft – um 74 Millionen Dollar. Das bringt ihm noch im August 60 Millionen Euro – zusätzlich zu seinem Vermögen, das auf zwischen 1,5 und 2,4 Milliarden Euro geschätzt wird.
Seinen 80. Geburtstag am 6. September wird Frank Stronach noch auf seinem schlossähnlichen Anwesen in Kanada feiern. Hier verbringt er bisher den größten Teil seiner Zeit. Praktisch nie ist er in seinem Appartement im Schweizer Zug, nach eigenen Angaben zwei Tage im Jahr in seinem günstig (6,4 Mio. Euro) von Jörg Haider erstandenen Schloss am Wörthersee, öfter und die nächste Zeit voraussichtlich ständig in seiner Villa im Fontana-Park bei Ebreichsdorf. Am 15. September wird er wieder in seinem Privatjet zurückkommen.
Und dann „wird’s ernst“.


»Ich zahle in Österreich mehr Steuern als Raiffeisen: 1 Mio.«
Frank Stronach über Finanzen

ÖSTERREICH: Wann wird Ihre neue Partei starten?
FRANK STRONACH: Nach meiner Rückkehr ab Ende September geben wir Vollgas. Da präsentiere ich das Programm, den Ehrenkodex, den Namen – und starte eine große Kampagne. Ende September geht’s richtig los.
ÖSTERREICH: Wie wird die Partei heißen? Wir hören: „Stronach für Österreich“.
STRONACH: Irgendwas mit „Österreich“ wird’s sein und Stronach wird vorkommen – aber der Name ist noch offen. Bitte Geduld bis Ende September.
ÖSTERREICH: Wie viele Abgeordnete haben Sie denn bereits auf Ihrer Payroll?
STRONACH: Kein Abgeordneter ist auf meiner Payroll. Alle Abgeordneten, die Teil unserer Bewegung sein wollen, sind bei uns herzlich willkommen. Für mich war und ist es nicht denkbar, dass in unseren Reihen Abgeordnete sind, die aus Eigeninteresse zu uns stoßen. Jeder, der sich finanzielle Vorteile aus einer Mitgliedschaft im Team Stronach verspricht, ist nicht willkommen. Bis jetzt sind es schon drei Abgeordnete – aber es werden noch viel mehr. Was glauben Sie, wie viele von ihren Parteien frustriert sind.
ÖSTERREICH: Stimmt es, dass Sie jedem, der zu Ihnen wechselt, ­einen Job mit 7.000 Euro netto anbieten, um der Frustration nachzuhelfen?
STRONACH: Aktive Abgeordnete erhalten bereits genug Geld vom Steuerzahler und brauchen auch keinerlei zusätzliche finanzielle Entschädigung. Für potenzielle Kandidaten auf den Nationalratslisten kann es sehr wohl eine finanzielle Unterstützung geben, falls die persönlichen Lebensumstände einer Kandidatur im Wege stehen. Niemand darf von einer Kandidatur für den Nationalrat abgehalten werden, nur weil er oder sie es sich nicht leisten kann. Die 7.000 sind aber frei erfunden.
ÖSTERREICH: Wo liegt Ihre
Erfolgslatte für die Wahl?
STRONACH: Wie ich gesagt habe: Wir versuchen, 20 bis 30 % zu kriegen. Wenn möglich, wollen wir den Kanzler stellen.
ÖSTERREICH: Da werden jetzt einige sagen: Der Stronach ist verrückt geworden!
STRONACH: Ich bin es gewohnt, dass manche sagen: Der Frank ist verrückt. Als die Magna eine Milliarde Umsatz hatte und ich sagte, wir schaffen 10 Milliarden – da haben alle gesagt, ich bin verrückt. Heute hat die Magna 30 Milliarden Umsatz. Ich habe so gut wie immer alle Ziele erreicht, die ich mir gesetzt habe.
ÖSTERREICH: Und warum sind Sie so sicher, dass Sie 30 % holen? Ist das Ihr Gefühl?
STRONACH: Es sind die Umstände! Wenn alles gut laufen würde und die Leute zufrieden und ihre Kühlschränke voll wären, hätten wir mit der Bewegung keine Chance. Aber die Leute bekommen immer mehr Angst. Sie wissen: Ihr ganzer Wohlstand ist nur auf Schulden gebaut und bald kracht das Kartenhaus zusammen. Allein die faulen Kredite haben sich in Österreich seit 2008 verdoppelt.
ÖSTERREICH: Wir steuern auf eine große Krise zu?
STRONACH: Wir sind schon mittendrin. Der ganze Wohlstand und Lebensstandard der Bürger ist nur noch auf Schulden aufgebaut. Wir zahlen jetzt schon 9 Milliarden Zinsen für unsere Schulden, haben kein Geld mehr für Bildung, Soziales. Wäre Österreich ein Unternehmen, wäre es ein Fall für den Konkurs.

»Wäre Österreich ein Unternehmen, wäre es in Konkurs.«
Frank Stronach zu den Schulden

ÖSTERREICH: Wie Griechenland?
STRONACH: Absolut. Die Schulden steigen, das BIP wächst viel langsamer. Wir müssen dringend zu sparen beginnen – und zwar auch besonders in der Verwaltung. Wir haben 22 Sozialversicherungsträger mit jeweils 22 Präsidenten, Dienstwagen, Chauffeuren – ein Irrsinn. Ein Sozialversicherungsträger reicht! Wenn wir bei den Schulden nichts unternehmen, enden wir als Konkursfall wie Griechenland. Garantiert.
ÖSTERREICH: Sie werden in diesem Wahlkampf zum heftigen EU- und Euro-Kritiker.
STRONACH: Ich bin nicht gegen ein vereintes Europa – im Gegenteil. Ich will, wie alle Menschen, Frieden, freien Personen-, Güter-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Dafür ist das vereinte Europa gut. Aber eine gemeinsame Währung – das kann nie funktionieren. Nie!
ÖSTERREICH: Der Euro war ­Ihrer Meinung nach ein Fehler?
STRONACH: Eine Fehlkonstruktion. Jedes Volk in Europa hat eine andere Kultur – die kann keiner zu einer Einheitswährung vergewaltigen.
 

»Je früher wir aus dem Euro raus sind, desto besser.«
Frank Stronach über Währungsunion

ÖSTERREICH: Sie wollen zurück zum Schilling.
STRONACH: Je früher wir aus dem Euro raus sind, desto besser. Am besten wäre natürlich eine harte Währung der nördlichen Staaten inklusive ­Österreich, Holland, Deutschland. Sollte das nicht möglich sein, müssen wir zurück zum Schilling. Wir sitzen sonst in einem Boot mit lauter Kranken, die alle nur nehmen – das Schiff wird sinken.
ÖSTERREICH: Sie kritisieren den Rettungsschirm ESM?
STRONACH: Der hat nur einen Sinn: Er soll die Großbanken retten, die sich verspekuliert haben. Die EU hat mit der Einheitswährung viel Geld in die Südländer gegeben. Die Griechen beispielsweise haben sich so mit billigen Krediten völlig verschuldet. Die Großbanken spekulierten auf den finanzierungsgetriebenen Erfolg des Landes, aber der ist bis heute nie eingetreten. Im Gegenteil, durch die Korruption ist das meiste Geld verschwunden und nie bei der griechischen Bevölkerung angekommen. Man kann weder mit Geld noch mit Gesetzen die Kultur eines Volkes verändern. Nun wollen die Großbanken nicht auf den faulen Krediten sitzen bleiben und wollen den ESM und die Bankenunion. Ganz schlecht, dass Österreichs Regierung da zugestimmt hat. Bei der ÖVP war immer klar, dass sie zustimmt – das ist die Bankenpartei, die wird ja mehr oder weniger von Raiffeisen geführt. Aber von der SPÖ und den Gewerkschaften hätte ich nie ein Ja erwartet – die haben die Arbeiter an die Banken verraten!
ÖSTERREICH: Ihre Meinung zum ESM?
STRONACH: Ich werde dem ESM niemals zustimmen. Mit mir kann nur regieren, wer ­sicherstellt, dass Österreich aus dem ESM aussteigt. Wir sind die Einzigen, die unabhängig von den Banken sind. Sogar die Grünen sind ja mittlerweile Teil des Systems und packeln fleißig mit.
ÖSTERREICH: Seit Sie Ihre Kandidatur angekündigt haben, werden Sie als Steuerflüchtling kritisiert. Sie versteuern Ihr Geld in der Schweiz, leben bei uns.
STRONACH: Ich habe erklärt, ich stehe für Wahrheit, Transparenz und Fairness. Deshalb werde ich alle meine Tätigkeiten in Österreich inklusive der Steuererklärungen offenlegen – und erwarte, dass die anderen Politiker das auch tun.
ÖSTERREICH: Die verdienen nur weniger als Sie.
STRONACH: Alles ist relativ. Du wirst bezahlt für das, was du leistest.
ÖSTERREICH: Wie viel kassieren Sie wirklich bei Magna? 60 Millionen im Jahr?
STRONACH: Jedes Jahr unterschiedlich. Ich hab nur ein kleines Basisgehalt – 200.000 Dollar. Der Rest ist Teil vom Profit. Das war von 2008 bis 2010 so gut wie nichts. Und jetzt läuft’s halt besser. Aber alles ist offengelegt – Magna ist ja eine AG an der Börse.
ÖSTERREICH: Und wie viel zahlen Sie Steuer?
STRONACH: Ich zahl drei Mal Steuer. Das meiste in Kanada, am wenigsten in der Schweiz, weil ich dort fast nie bin – und meine Finanzabteilung sagt mir, ich bezahle ungefähr 1 Million in Österreich. Ich glaube, ich zahle mehr Steuern als Raiffeisen – die zahlen wie alle Banken und Unternehmer fast nix.
ÖSTERREICH: Wie viel Geld stecken Sie in Ihre Partei?
STRONACH: So viel wie nötig!
ÖSTERREICH: 25 Millionen?
STRONACH: Mehr, wenn’s notwendig ist. Aber ich zahl das aus meinem eigenen, voll versteuerten Geld.
ÖSTERREICH: Mit Ihrem Geld sind Sie aber im österreichischen Fußball gescheitert.
STRONACH: Ich habe der Wiener Austria a bisserl Geld gegeben und sie fünf Jahre gema­nagt. In fünf Jahren war sie zweimal Meister und dreimal Cupsieger – das wird sie nie wieder schaffen. Wie kann man da sagen, ich sei gescheitert? Wenn du Geld hast, ist es wichtig, dass es den Menschen nutzt. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass ich mit meinem Geld in der Politik den Menschen mehr nützen kann als im Fußball.
ÖSTERREICH: Jetzt kaufen Sie sich die Politik?
STRONACH: Im Gegenteil: Die Politiker kaufen sich die Wähler mit Wahlzuckerln aus Steuergeld. Ich mache mit meinem eigenen Geld den Bürgern ein Angebot von Lösungsvorschlägen, über das sie frei entscheiden können.
ÖSTERREICH: Sie wollen Kanzler werden?
STRONACH: Sicher nicht. Ich mache den Spitzenkandidaten, weil mir das viele Menschen nahegelegt haben. Ich gebe die Werte vor. Kanzler ist nix für mich, der muss 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche für das Land da sein! Kanzler soll ein anderer werden – der Beste!
ÖSTERREICH: Sigi Wolf?
STRONACH: Sigi Wolf wäre der Beste. Aber er hat bisher ­weder Ja noch Nein gesagt.

Zur Vollversion des Artikels