Hintergrund
Studiengebühren in Europa
15.01.2007
Eine Studie der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung (ÖGPP) vom August 2006 zeigt, dass in 17 von 27 untersuchten europäischen Länder (25 EU-Länder sowie Schweiz und Norwegen) ein System von Studiengebühren existiert.
Hier finden Sie eine Übersichts-Grafik zu den Studiengebühren in Europa.
In sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten wird die Finanzierung von Bildung tendenziell als Kernaufgabe des Staates betrachtet. Sie haben daher keine oder eine eher kurze Tradition in der Lukrierung von Mitteln, die nicht aus öffentlichen Kassen stammen.
In liberalen Ländern ist der Anspruch auf Bildung als allgemeines Menschenrecht nicht so ausgeprägt. Hochschulen haben hier eher den Charakter von Dienstleistern, für deren Angebot bezahlt werden muss und bei deren Budgets Studiengebühren ein integraler Bestandteil sind.
Keine Gebühren:
Schweden, Dänemark, Finnland
In den skandinavischen Ländern
Schweden, Dänemark und Finnland werden keine Studiengebühren eingehoben.
Darüber hinaus erhalten Studenten Stipendien und Förderungen für bis zu
sechs Jahre (DK bis 607 Euro pro Monat, SE 275 Euro pro Monat, FI bis zu 260
Euro monatlich). Die Schweden können zusätzlich Studentenkredite beantragen,
die erst nach Studienabschluss fällig gestellt werden.
Norwegen
In Norwegen sind Studiengebühren an öffentlichen
Hochschulen ebenfalls unbekannt, für weiterführende oder spezielle
Ausbildungsgänge sowie für den Besuch einer Privatuni können aber Gebühren
eingehoben werden.
Ungarn
Seit 1998 müssen in Ungarn für das erste Diplomstudium an
staatlichen Universitäten und Colleges keine Gebühren mehr bezahlt werden -
mit dem Effekt, dass sich ungefähr ein Drittel aller 18- bis 24-Jährigen in
tertiärer Ausbildung befindet. Nichtstaatliche Einrichtungen heben Gebühren
ein, deren Höhe stark variiert, weil sie diese selbst festlegen dürfen.
Polen
An öffentlichen Institutionen in Polen ist das Studium
ebenfalls kostenlos, private Einrichtung heben variable Studiengebühren
zwischen 260 Euro und 2.076 Euro pro Jahr ein - für medizinische Studien
können sogar bis zu 3.115 Euro verrechnet werden. Seit 2004 können
Studierende aller Bildungseinrichtungen um Sozialhilfe ansuchen, die ihnen
die Finanzierung des Lebensunterhalts ermöglichen sollen. Dazu kommen
spezielle Studentenkredite.
Slowakei
Die Slowakei kennt auch keine Studiengebühren. Hier
entrichten die Studenten nur für Prüfungen Verwaltungsgebühren. Und
Bummelstudenten zahlen pro Jahr über der durchschnittlichen Studiendauer
eine Gebühr, deren Höhe die jeweilige Uni bestimmt.
Ebenfalls keine Studiengebühren finden sich in Griechenland, Zypern und Luxemburg.
Gebühren:
Schweiz
In der Schweiz werden Studiengebühren verlangt. Einen
Fixbetrag gibt es nicht - sowohl bei den Universitäten als auch bei den
Fachhochschulen rangieren sie je nach Institut. Sie tragen mit
Grundbeiträgen und Investitionsbeiträgen zu den Uni-Budgets bei. Als dritte
Säule können die Hochschulen ihre Mittel durch eigene Dienstleistungen
auffetten.
Deutschland
Besonders vertrackt ist die Situation in
Deutschland, wo die Hochschulgesetzgebungskompetenz bei den Bundesländern
liegt. Daraus resultieren mehrere Modelle. Grob lässt sich aber sagen, dass
derzeit in den meisten Ländern nur Langzeitstudierende und Studenten eines
Zweitstudiums Gebühren von bis zu 650 Euro bezahlen. Allerdings geht der
Trend in Richtung allgemeine Studiengebühren, was bereits zu größeren
Studentendemonstrationen geführt hat.
Holland
In Holland sind allgemeine Studiengebühren von rund
1.500 Euro jährlich zu entrichten. Allerdings haben alle Studiosi Anrecht
auf ein Stipendium, durch das bis zu 900 Euro wieder rückerstattet werden
können.
Frankreich
In Frankreich kostet die "Verwaltungsgebühr"
bis zum ersten Studienabschluss nach etwa zwei bis drei Jahren rund 150 Euro
jährlich. Weiterführende Abschlüsse wie Master oder Diplom kosten in der
Regel 190 Euro, angehende Ingenieure zahlen 450 Euro pro Jahr. Bedürftige
Studenten bekommen einen staatlichen Zuschuss von 1.315 bis 3.554 Euro pro
Jahr.
Italien
In Italien richten sich die Studienbeiträge nach
Fakultäten und der sozialen Situation der Studierenden. Die gestaffelten
Gebühren reichen von 115 Euro bei einem Haushaltseinkommen von unter 6.000
Euro jährlich bis zu 1.030 bei über 66.000 Euro Haushaltseinkommen.
Bedürftigen oder besonders begabten Studenten können die Beiträge teils oder
ganz erlassen werden.
Spanien
Die spanischen Universitäten können die Höhe der
Gebühren selbst bestimmen, durchschnittlich liegen sie jährlich bei 600
Euro. Bedürftigen Studenten werden teils oder gänzlich erlassen. Dazu gibt
es Beihilfen zum Lebensunterhalt zwischen 1.600 und 2.350 Euro per annum und
Wohngeld für diejenigen, die nicht bei ihren Eltern leben.
Tschechien
Auch die tschechische Republik hebt Gebühren für
Studien ein. Außerdem müssen Studenten, die die durchschnittliche
Studienzeit überschritten haben, Beiträge entrichten. Auf der anderen Seite
gibt es Stipendien für Studenten aus sozial schwächeren Familien und für
besonders Begabte.
Slowenien
Im slowenischen Modell müssen Studierende, die nicht
berufstätig sind und einen bestimmten Studienerfolg nachweisen können, keine
Gebühren bezahlen. Für alle anderen fallen jedes Jahr Gebühren von bis zu
2.000 Euro an.
Großbritannien
Großbritannien bedient sich seit 1998 eines
Gebührensystems, das für den ersten Studienabschluss (Bachelor) eine Gebühr
von rund 1.660 Euro pro Jahr vorsieht. Diesen Betrag können die Unis aber
eigenmächtig variieren, anheben oder auch abschaffen. Bezahlt werden müssen
die Studiengebühren erst nach dem Studienabschluss, sobald sie eine gewisse
Einkommenschwelle überschritten haben. Schottland bildet eine Ausnahme und
verlangt keine Pflichtbeiträge.
Studiengebühren werden auch in Belgien, Malta, Estland, Lettland, Litauen, Portugal und Irland eingehoben, wobei die Höhe national stark divergiert.