Laut dem Neo-Kanzler war es sein Ziel, die Gebühren "restlos zu beseitigen", was aber mit der ÖVP nicht durchgesetzt werden konnte.
Neo-Kanzler Alfred Gusenbauer (S) hat die Nicht-Abschaffung der Studiengebühren einmal mehr verteidigt. Der "Kernpunkt" sei gewesen, ob man für diese Frage das gesamte Programm aufgibt. Und man habe sich "nach hartem Ringen" für die "zweitbeste Lösung" entschieden. Das sei aber besser als Neuwahlen oder eine rechte Koalition, sagte Gusenbauer am Samstag in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast".
"Wermutstropfen"
Die Aussagen von ÖVP-Chefverhandler
Wolfgang Schüssel, wonach er Gusenbauer bei den Koalitionsverhandlungen
nicht extra zum Studiengebühren-Kompromiss habe überreden müssen, wies
Gusenbauer zurück. Das sei "falsch", sein Ziel sei es gewesen, die Gebühren
"restlos zu beseitigen". Das sei aber mit der ÖVP nicht durchzusetzen
gewesen. Die Beibehaltung der Studiengebühren sei ein "Wermutstropfen", so
Gusenbauer weiter.
Verständnis für Enttäuschung
Den Austritt von
ÖH-Chefin Barbara Blaha und VSStÖ-Vorsitzende Sylvia Kuba aus der SPÖ
bezeichnete er als "außerordentlich bedauerlich", denn er "schätze beide
persönlich", so Gusenbauer, der gleichzeitig Verständnis für die
Enttäuschung zeigte und Gespräche mit Kritikern ankündigte. Bei aller
Unzufriedenheit solle man aber "nicht den Blick für das Gesamtbild
verlieren", so der Kanzler.
Startschwierigkeiten
Verständnis für "da und dort" auftretende
Emotionen zeigte Gusenbauer auch in Zusammenhang mit der scharfen Kritik des
steirischen SP-Chefs Franz Voves. Für sein öffentliches Auftreten sei aber
jeder selbst verantwortlich. "Ich kann mir nicht aussuchen, wie jemand mit
mir umgeht", so Gusenbauer. Trotz der Startschwierigkeiten zeigte sich
Gusenbauer mit seiner neuen Position zufrieden: "Es macht mir Spaß", so
Gusenbauer am Ziel seiner Sandkisten-Träume nach einer "sehr mühsamen und
anstrengenden" Zeit.
Kritik aus der Opposition
"Gusenbauer will seine Niederlage in
der Causa Studiengebühren schön reden, wenn er von zweitbester Lösung
spricht und davon dass 'möglichst viele nicht zahlen müssen' bzw. sie 'für
einen Teil abgeschafft werden'. Tatsache ist, dass alles bleibt, wie es
ist", kritisiert Madeleine Petrovic, stv. Bundessprecherin der Grünen.
Gusenbauer habe offenbar nicht mit letzter Konsequenz versucht, die
Studiengebühren wegzuverhandeln. Vielmehr scheint er relativ rasch vor der
ÖVP eingeknickt zu sein.
BZÖ-Chef Peter Westenthaler übte heftige Kritik an Gusenbauer. "Gusenbauer zog aus, um ein Volkskanzler zu werden und steht nun als Kanzler des Wortbruchs ohne Volk da", stellte Westenthaler fest. Der Austritt von tausenden Mitgliedern aus der SPÖ - darunter auch die führenden Jugendfunktionäre - zeigt, dass sogar das engere Parteivolk dem nunmehrigen SPÖ-Chef ohne Hosen die Gefolgschaft verweigert. Dass nun auch noch weitere Details bekannt werden, wie sich der SPÖ-Chef über den Tisch ziehen hat lassen, nur um seinen Sandkistentraum zu verwirklichen, sei eine weitere Facette des Scheiterns Gusenbauers.