Am Donnerstag wurden weitere Details im Falls des Attentäters Kujtim F. bekannt.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat eine Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Pannen der Polizei und eventuell auch in der Justiz angekündigt. Die wird einiges zu untersuchen zu haben. ÖSTERREICH hat die Vorfälle recherchiert. Hier das Protokoll der Ereignisse rund um den Terroranschlag.
➜ Enthaftung. Kujtim F. wurde im September 2018 in der Türkei verhaftet. Er hatte versucht, nach Syrien auszureisen. Im April 2019 wurde er in Wien zu 22 Monaten Haft verurteilt, kam im Dezember 2019 frei. Er hatte zwei Drittel seiner Strafe abgebüßt – gezählt ab der Verhaftung in der Türkei.
➜ Info an Polizei. Die Justiz entließ F. mit Auflagen (drei Jahre Probezeit, Deradikalisierung). Die Haftanstalt, in der F. eingesessen war, informierte das Landesamt für Verfassungsschutz Wien (LVT), damit F. beobachtet werden kann. Was danach passierte, ist offen.
➜ Warnung aus Bratislava. So richtig spannend wird es dann im Juli 2020: Wie bereits berichtet, versuchte F. am 21. Juli in der Slowakei, Munition zu besorgen, hatte aber keinen Waffenschein.
Verfassungsschützer informierten Justiz nicht
F. war in Begleitung eines Freundes. Der benutzte Wagen gehörte der Mutter dieses Mannes. Nur zwei Tage später warnten die Slowaken via Europol ihre Kollegen in Wien – ÖSTERREICH hatte das Schreiben veröffentlicht. Die Warnung ging von Europol an den Verfassungsschutz BVT – ÖSTERREICH-Recherchen zufolge landete es beim LVT, dem Wien-Ableger des BVT.
➜ Keine Info an Justiz. Sicher ist: Das LVT Wien hat die Staatsanwaltschaft nicht informiert, das bestätigte deren Sprecherin Nina Bussek. Auch das ist brisant, denn der Munitionskauf hätte vielleicht gereicht, um F. wieder in U-Haft zu nehmen. Die Polizei konterte, dass die Identität von F. und seines Begleiters nicht geklärt war. Mehrere Rückfragen nach Bratislava seien nötig gewesen. „Eine Observation ist nur möglich, „wenn die Identität gesichert ist“, so Sicherheitsgeneraldirektor Franz Ruf.
➜ Info an Bratislava. Anfang September antwortete die Europol-Verbindungsstelle in Wien den Slowaken. Immerhin teilten die Wiener ihren Kollegen in Bratislava mit, dass der Mann ein gefährlicher Jihadist sei – eine Feststellung, die sich Wochen später auf so tragische Art und Weise bewahrheiten sollte. Am 16. Oktober erhielten die heimischen Behörden dann ein weiteres Schreiben aus der Slowakei. Allerdings stand laut Polizeipräsident Gerhard Pürstl „bis zum Schluss nicht fest, dass einer der Männer den Kauf der Munition versucht hatte“.
(gü)