Kämpfer für Syrien
Terror-Pate in Graz verhaftet
05.06.2014Am Montag wurde Visit D. in Graz verhaftet. - Fünf weitere verächtig
Jahrelang verbreitete Visit D. (41) ungehindert seine Hassbotschaften in Österreich. Jahrelang rief er als Imam zum Dschihad („heiliger Krieg“) auf und schickte acht junge Männer in den Bürgerkrieg nach Syrien. Vier von ihnen schlossen sich der berüchtigten Al-Nusra-Front an und zahlten ihren religiösen Fanatismus mit dem Leben. Am Montag klickten für Visit D. (41) die Handschellen.
Experte: "Tawhid-Moschee ist seit Langem berüchtigt"
Bereits am 24. April war die Wirkungsstätte des tschetschenischen Terror-Paten, der Islamische Glaubensverein Tawhid, durchsucht worden. Das Ergebnis: Insgesamt fünf weitere tschetschenische Mitglieder des Vereins sind tatverdächtig, eine terroristische Vereinigung gegründet und Terror-Akte im Ausland unterstützt zu haben.
Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Trotzdem waren für Chef-Prediger Visit D. die Beweise schon jetzt derart erdrückend, dass am Donnerstag die U-Haft über ihn verhängt wurde. Bis zu zehn Jahre Haft drohen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Überraschend aber war die Verhaftung nicht. „Unter Insidern war die Arbeit der Tawhid-Moschee bereits seit Jahren berüchtigt“, erklärt Terrorismus-Experte Amer Albayati in ÖSTERREICH. Und weiter: „Neben Wien ist Graz das Zentrum des radikalen Islam in Österreich.“
100 Kämpfer aus Österreich reisten zum Syrien-Krieg
Auch gegen die Furkan-Moschee in der steirischen Hauptstadt wird schon seit Monaten ermittelt. Möglich also, dass noch weitere Verhaftungen folgen werden.
Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im März sollen jedenfalls 100 Kämpfer aus Österreich an Kampfhandlungen beteiligt sein.
(mud, küe)
Innenministerium-Sprecher Karl-Heinz Grundböck im Gespräch mit ÖSTERREICH
ÖSTERREICH: Wie gefährlich ist das Terror-Netzwerk in Österreich wirklich?
Karl-Heinz Grundböck: Man muss unterscheiden zwischen Rekrutierungsraum und Abwehrraum. Und rekrutiert wird in Österreich, das ist richtig. Eine Gefahr entsteht daraus nicht zwingend, weil diese Islamisten ja zum Kämpfen in ein anderes Land fahren. Man darf aber nicht naiv sein, denn es gibt auch das Phänomen der Rückkehrer.
ÖSTERREICH: Wie viele radikale Islamisten aus Österreich sind derzeit im Syrien-Krieg?
Grundböck: Für ganz Europa kann man sagen: etwa 2.000. Für Österreich haben wir keine ganz genauen Zahlen.
ÖSTERREICH: Hier werden teils Minderjährige in den Tod geschickt – sind die Gesetze ausreichend?
Grundböck: Das sind natürlich große Herausforderungen für die Behörden. Aber es gibt rechtliche Möglichkeiten – auch der Fall in Graz zeigt, dass diese gut anwendbar sind.
B. Haas
Reisebüro des Todes: 200 Dollar & eine Kalaschnikow
Über 100 „heilige Krieger“ aus Österreich kämpfen in Syrien. Das wird ihnen versprochen.
- Anreise. Die Reisekosten werden zur Gänze von den Islamisten übernommen. Die Route führt zuerst von Wien nach Istanbul. Nach kurzer Einschulung in „Sammelzentren“ geht es mit Bus oder Flugzeug weiter in die Grenzstädte Hatay, Gaziantep, Sanliurfa oder Reyhanli an der türkisch-syrischen Grenze.
- Schleuser. Die Grenze wird zwar scharf von der türkischen Armee überwacht. Aber: Für 500 bis 700 Dollar bringen Schleuser die „Heiligen Krieger“ über die „grüne Grenze“ nach Syrien. Die Kosten übernehmen wiederum die Islamisten.
- Lohn. Im Vordergrund steht natürlich die Religion und der „Heilige Krieg“. Dennoch werden die Kämpfer auch bezahlt: Zwischen 100 und 200 Dollar erhalten sie für ihre tödliche Mission.
- Waffen. Eine russische Kalaschnikow kostet 1.500. Dollar (chinesische oder ägyptische sind billiger). Viele „Gotteskämpfer“ kaufen sich ihre Waffe selbst vom Ersparten.
- Falsche Versprechen. Die Imame predigen vom Kriegsparadies. Versprochen werden eine Villa, Swimmingpool und ein Geländewagen als Belohnung für besonders tapferen Einsatz. Reine Lügen, die Kämpfer hausen meist in Kriegsruinen.
- Truppen. Die meisten „Dschihadisten“ kommen aus Frankreich, dem arabischen Raum, Tschetschenien sowie Deutschland, Österreich. Die Gruppen sind meist streng getrennt.
K. Wendl