ÖVP, SPÖ & Fritz
Tiroler Landtag segnet Reform der Tourismusabgabe ab
02.10.2024Mit Stimmen von ÖVP, SPÖ und Liste Fritz - die Kurtaxe wird im Gegenzug angehoben.
Der Tiroler Landtag hat am Mittwoch die Novelle der Tourismusfinanzierung - und damit auch der Tourismusabgabe - beschlossen. Durch eine Senkung der Abgabe soll die Wirtschaft ab 1. Jänner 2025 um rund zwölf Mio. Euro entlastet werden, erklärte Tourismuslandesrat Mario Gerber (ÖVP). Gleichzeitig werde die Kurtaxe wie geplant angehoben. Neben den Koalitionsfraktionen ÖVP und SPÖ stimmte auch die oppositionelle Liste Fritz für die Novelle, FPÖ, Grüne und NEOS hingegen dagegen.
Die Tourismusabgabe wird in Tirol von allen Unternehmen, die direkten oder indirekten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus ziehen, seit 1927 eingehoben. Die Novelle des Tourismusgesetzes sowie des Aufenthaltsabgabengesetzes war von der schwarz-roten Landesregierung im September auf den Weg gebracht worden. Die unteren fünf von insgesamt sieben Beitragsgruppen sollen demnach im Schnitt um 24 Prozent entlastet werden, teilweise fallen die Hälfte der Beiträge weg. Der Mindestsatz der Aufenthaltsabgabe wird im Gegenzug pro Gast und Nacht von 1 Euro auf 2,6 Euro angehoben. Nach Kritik wird diese Erhöhung jedoch nun erst nach der laufenden Wintersaison durchgeführt.
Der auch für Wirtschaft zuständige Gerber betonte in der Debatte vor dem Beschluss die Wichtigkeit der Tourismusfinanzierung und ein durch sie geschaffenes "solides Fundament" für die Branche im Bundesland. Ohne eine solche könnte die dementsprechende Infrastruktur "nicht am Leben erhalten werden". Man habe die Tourismusabgabe jedoch nun "entrümpelt" und Beiträge gesenkt. Gäste wiederum würden "stärker zur Kasse gebeten werden" und dadurch ein vormals bestehendes "Ungleichgewicht" beseitigt.
Zufriedener Koalitionspartner SPÖ
Zufrieden zeigte sich auch der Koalitionspartner SPÖ. Eine Vielzahl an Unternehmen werde entlastet, erklärte Tourismussprecherin Christian Kovacevic. Vor allem Klein- und mittelgroße Unternehmen würden von der Reform profitieren. Es handle sich dabei um "deutlich geringere Beiträge" als vorher. Ob die Reform ein großer Wurf sei oder nicht, interessiere ihn nicht: "Mich interessieren nur Verbesserungen."
FPÖ-Tourismussprecher Alexander Gamper ging indes in seiner Rede mit der Novelle scharf ins Gericht. Wenn Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) behaupte, dass damit die "Quadratur des Kreises" gelungen sei, dann zeige das: "Der gute Mann hat von Tourismus überhaupt keine Ahnung." Das "Thema Beitragsgruppen" sei "überhaupt nicht gelöst" und hinsichtlich der Freistellung der Tourismusabgabe für Kleinstbetriebe frage er sich: "Wen wollt ihr da entlasten. Die 'Strickliesel' vielleicht."
"Keinen großen Wurf" in einer auf nur zwei Seiten vorgelegten Reform sah indes Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint. "Wer vom Tourismus profitiert, soll zahlen", meinte der Klubobmann, jedoch solle es keine "Tourismussteuer für jeden Tiroler" geben. So seien in weiterhin rund 600 Beitragsgruppen etwa auch Bestatter enthalten und zur Zahlung der Abgabe verpflichtet, kritisierte Sint - im Gegensatz zu Bauern, von denen manche Flächen für Lifte verpachten würden. Es seien aber "Erleichterungen" für bestimmte Beitragszahler in der Reform vorgesehen, weshalb seine Partei dem Vorschlag zustimme.
Mahnung vor Ökologisierung im Tourismus
Der Tourismus "macht gerne Geschäfte mir der schönen Natur", gebe aber wenig zurück, meinte die grüne Landtagsabgeordnete Petra Wohlfahrtstätter. Sie mahnte eine Ökologisierung im Tourismus angesichts der Erderwärmung und eine "Weichenstellung für die Zukunft" ein. Selbst die Industriellenvereinigung (IV) frage sich, ob wirklich jeder Betrieb abgabepflichtig sei, verwies Wohlfahrtstätter hinsichtlich der Tourismusabgabe auf eine Stellungnahme der IV. Sie schlug etwa vor, dass Unternehmer mitentscheiden könnten, wohin die eigenen Beiträge fließen.
NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer meldete sich indes in seiner letzten Landtagssitzung vor dem Wechsel in den Nationalrat zu Wort. Die "gepriesene" Reform werde von allen Sozialpartnern - von Arbeiterkammer über Industriellenvereinigung bis hin zur Wirtschaftskammer - kritisiert, meinte Oberhofer und ortete "Ungerechtigkeit". "Diese Reform ist gescheitert", man müsse "zurück an den Start". Zum Abschied lobte Oberhofer indes unter anderem die Debattenkultur im Tiroler Landtag, die auch daran liege, dass die Landes-FPÖ "konstruktiv und anständig" sei. Oberhofer wird mit Ende Oktober sein Mandat zurücklegen, die Tiroler JUNOS-Landesvorsitzende Susanna Riedlsperger in den Landtag nachrücken. Landtagsabgeordnete Birgit Obermüller soll die NEOS-Klubführung übernehmen. Ab Jahresbeginn werde dann auch die Wahl eines neuen Landessprechers bzw. einer Landessprecherin vorbereitet, die im Sommer abgeschlossen sein soll.
ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf verteidigte die Novelle und meinte, ein "erfolgreiches Tiroler Tourismusgesetz" müsse man nicht "total auf den Kopf stellen". Man müsse es "modernisieren und den Gegebenheiten anpassen". Das sei geschehen.
Unternehmens-Umsatz für Berechnung
Als Berechnungsgrundlage für die Tourismusabgabe wird der Umsatz des jeweiligen Unternehmens herangezogen. Die Abgabe war in den vergangenen Jahren - auch da sie in dieser Form österreichweit einzigartig ist - in die Kritik geraten. Vor allem die regierende ÖVP verwies aber stets darauf, dass es sich bei der Tourismusabgabe um "ein nachhaltiges und von vielen beneidetes Tourismusfinanzierungssystem" handle mit dem beispielsweise Gästewerbung, öffentlicher Verkehr oder Freizeitattraktionen finanziert werden. Besonders schlagzeilenträchtig: Der bekannte Autor Felix Mitterer hatte Tirol mutmaßlich aufgrund der auch für ihn zu entrichtenden Tourismusabgabe den Rücken gekehrt, jedoch mittlerweile wieder eine geplante Rückkehr angekündigt.
Vor der Debatte über die Tourismusnovelle war in der "Fragestunde" des Landtags unter anderem die Änderungen bei den Angeboten und Preisen infolge der angedrohten Klage des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) wegen der Wohnsitz-Regelung beim Freizeitticket Tirol Thema. FPÖ-Landtagsabgeordneter Patrick Haslwanter warnte vor dem Aus für die Einheimischen-Tarife. Landeshauptmann Mattle legte indes ein "klares Bekenntnis" zu ebendiesen ab und kritisierte "Bürokraten", die sich dies als Thema ausgesucht hätten. Auch die künftige österreichische Bundesregierung müsste sich darum kümmern, forderte der Landeschef. Er werde sich jedenfalls auf EU-Ebene ebenfalls für eine dementsprechende Lösung einsetzen und verwies auch auf den designierten EU-Kommissar Magnus Brunner (ÖVP). Er arbeite jedenfalls "intensiv" an einem Fortbestand von Einheimischen-Tarifen. Regierung und Opposition zeigten sich bezüglich dieses Ziels jedenfalls in der Debatte einig.