Der Streit um das Pensionspaket spitzt sich zu: Die ÖVP will nicht neu verhandeln und spricht Kanzler Gusenbauer die Führungskompetenz ab.
Der Koalitionsfriede währte nur kurz: Die Regierung streitet wieder heftig. Nach dem Beschluss des SPÖ-Parteipräsidiums, wonach über das Pensionspaket noch einmal verhandelt werden soll, verweigert die ÖVP Gespräche darüber. Eine Änderung des Verhandlungsergebnisses zwischen SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger und ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein kommt für die Volkspartei nicht infrage. Bei der Regierungsklausur nach dem Ministerrat am morgigen Mittwoch sollte das Pensionspaket beschlossen werden. Nun ist wieder alles offen.
Attacke auf Kanzler
„Derzeit kochen die Emotionen. Die ÖVP nützt
die SPÖ-internen Streitigkeiten aus, um Gusenbauer als Umfaller der Nation
darzustellen. Das behauptet die ÖVP ohnehin seit Langem – jetzt passt es
genau in das Bild“, analysiert Politberater Thomas Hofer die Situation.
Alles, was Rang und Namen habe, sei von Seiten der ÖVP aufgeboten worden, um
Gusenbauers Schwäche zu thematisieren, so Hofer. Auffällig: Sogar
ÖVP-Regierungskoordinator Josef Pröll, dessen Job Streit schlichten in der
Regierung ist, fährt scharfe Geschütze gegen den Kanzler auf. Im
ÖSTERREICH-Interview appelliert er an die rote Basis, das Führungsvakuum
wieder aufzufüllen. Anderenfalls „wissen wir nicht, wer unser
Ansprechpartner ist. Sachen, die wir mit Alfred Gusenbauer ausmachen, halten
einfach nicht. Das zeugt nicht von Führungsstärke“. Und Pröll betont, wie
ernst die Situation sei – auf Dauer sei es keine geeignete Basis, wenn die
Partei ihrem Führer Gusenbauer nicht folgen wolle.
Dramatik im Oktober
„Im Herbst, wenn das Budget und die
Steuerreform verhandelt werden, könnte es für die Koalition noch ernster
werden“, meint Hofer. Tatsächlich hat Gusenbauer den Termin für den
SPÖ-Parteitag, an dem er sich der Wahl der Basis stellt, für den 9. / 10.
Oktober festgelegt. Also vor der Budgetrede am 22. Oktober im Parlament, bis
zu der die Steuerreform und das Budget politisch fertig verhandelt sein
müssen. Denn der Kanzler weiß: Bringt er hier nichts zustande, braucht er
gar nicht erst zur Wiederwahl antreten. Insider in der SPÖ spekulieren
damit, dass er bereits kurz vor dem Parteitag alles hinhauen könnte.
Allerdings nur dann, wenn er einen neuen Job in der Tasche hat. Einmal war
er ja bereits fest entschlossen, nach Paris auszuwandern und bei der OECD
anzuheuern. Eines ist jedenfalls sicher: Niemand wird im Oktober gegen den
Kanzler kandidieren. Er müsste schon freiwillig den Sessel räumen.
SPÖ hinter Gusenbauer
Derzeit stellt sich die SPÖ offiziell
noch hinter den Kanzler: „Die ÖVP hätte gerne eine Vorsitzendendiskussion,
aber ich tue ihr den Gefallen nicht. Alfred Gusenbauer hat alles richtig
gemacht“, so der steirische Landeshauptmann Franz Voves. Nur der
oberösterreichische Landeschef Erich Haider wünscht sich für die Zukunft
eine andere Vorgehensweise: Zuerst sollten die gewählten Parteigremien mit
wichtigen Themen befasst werden und erst dann sollte man in Verhandlungen
mit der ÖVP gehen.
In der SPÖ ist man sich sicher, dass die ÖVP ihre sture Haltung nicht durchhalten könne, denn es gebe auch schwarze Abgeordnete, die bei so weitreichenden Veränderungen des Pensionssystems mitreden wollten.