Reisebusse bringen Flüchtlinge aus dem überfüllten Lager in andere Quartiere.
Die Misere um die Unterbringung von Flüchtlingen hat sich auch am Mittwoch nicht gebessert. Zwar trat der Aufnahmestopp im Lager Traiskirchen in Kraft, doch der Streit um neue Quartiere ging unvermindert weiter. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) besuchte Bayern und empfahl den heimischen Bundesländern die dortigen Traglufthallen als Asylwerber-Quartiere.
Lage "unerträglich"
Im völlig überfüllten Erstaufnahmezentrum im niederösterreichischen Traiskirchen trat um Mitternacht der vom Land verfügte Aufnahmestopp in Kraft. Erste Asylwerber wurden mit Autobussen in andere Quartiere gebracht. Dass die Lage dort vor allem für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge "unerträglich" sei, unterstrich am Mittwoch auch Volksanwalt Günther Kräuter.
In einer Pressekonferenz der Volksanwaltschaft wurde (auf Grundlage einer Prüfung Mitte Juli) ein schauerliches Bild der Lage gezeichnet. Es war von Mängeln bei der Hygiene und der medizinischen Nachsorge die Rede, viele Menschen müssten im Freien schlafenden. "Da fressen sie die Gelsen", so der inspizierende Rechtsanwalt Franjo Schruiff. Am Donnerstag steht eine weitere Überprüfung an, diesmal kommt amnesty international.
Neue Quartiere
Das Hickhack zwischen Bund, Ländern und Gemeinden rund um die Schaffung von Quartieren ging indes unvermindert weiter. Mikl-Leitner warf Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) Doppelbödigkeit vor, er habe es selbst in der Hand, Quartiere zu schaffen. Kaiser hatte zuvor die geplante Zeltstadt in St. Georgen am Längsee kritisiert. Der Aufbau dieser Unterkünfte verzögerte sich am Mittwoch.
Im Burgenland kritisierten SPÖ-Kommunalpolitiker das geplante Durchgriffsrecht der Bundesregierung bei Widmungen zur Schaffung von Quartieren. In Innsbruck gab die Baupolizei grünes Licht für das Asylnotquartier nahe des Tivolistadions. Berichte über eine angebliche Überfüllung (statt 160 rund 300 Personen) und sanitäre Probleme hatten sie auf den Plan gerufen.
Mikl-Leitner empfahl den Ländern Traglufthallen zur Unterbringung von Asylwerbern. Sie sah darin eine eindeutige Verbesserung zu Containern und vor allem Zelten. Bei einem Treffen mit ihrem bayerischen Amtskollegen Joachim Herrmann (CSU) besichtigte sie eine solche nahe München. Die mobilen kuppelartigen Quartiere seien "eine sehr gute Alternative zu festen Quartieren", sagte sie bei einer Pressekonferenz.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte angesichts der bevorstehenden Wien-Wahl einen Flüchtlingsaufnahmestopp in der Bundeshauptstadt. Die Grünen verlangten hingegen den Abbau bürokratischer Hürden bei der Unterbringung in Privatunterkünften und eine Task Force in jedem Bundesland.
Der massiv angestiegenen Zahl der Asylanträge entsprechend wurden in Österreich im ersten Halbjahr 2015 schon fast so viele Asylentscheidungen getroffen wie im gesamten Vorjahr. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hat nach eigenen Angaben von Jänner bis Ende Juni 17.472 Asylentscheidungen gefällt, im gesamten Vorjahr waren es 18.196.