Entspannung

Türkei lockert NATO-Blockade

08.03.2018

Cavusoglu bei Kneissl: "Müssen schauen, dass wir die Probleme vom Tisch bekommen"

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© APA/ROBERT JAEGER
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Die Entkrampfung des politischen Verhältnisses zwischen Österreich und der Türkei geht weiter - und zwar "auf mehreren Ebenen", wie Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) am Donnerstag anlässlich eines Besuches ihres türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu erklärte. Ankara setzt dazu eine weitere konkrete Maßnahme, indem es die Blockade österreichischer Kooperationen mit der NATO teilweise beendet.

Während vor dem Außenministerium einige Dutzend kurdischstämmiger Demonstranten - umringt von deutlich mehr Polizisten - mit Transparenten gegen "Mörder (Präsident Recep Tayyip) Erdogan und Cavusoglu" protestierten, wurde im Inneren auch demonstriert - allerdings vor allem das Bemühen, die jahrelang verkrampften bilateralen Beziehungen wieder in konsensuale Bahnen zu lenken: "Wir müssen schauen, dass wir die Probleme vom Tisch bekommen", gab sich Cavusoglu pragmatisch. Und Kneissl freute sich, dass ihre "Besuchsdiplomatie" nun auch auf andere Ressorts ausgeweitet werde. So werde demnächst auch der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci nach Wien kommen - ihm war im Sommer des Vorjahres noch die Einreise verweigert worden, um bei einer Gedenkveranstaltung zur Niederschlagung des türkischen Putschversuchs teilzunehmen.

Weitere Entspannungsmaßnahme

Nach der bereits nach dem ersten Treffen der beiden Minister in Istanbul vereinbarten Wiederaufnahme der österreichischen Grabungen in der antiken Stadt Ephesos setzt die Türkei, wie Cavusoglu und Kneissl auf einer gemeinsamen Pressekonferenz berichteten, eine weitere Maßnahme der Entspannung: Die bisherige Blockade österreichischer Kooperationen mit der NATO im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" wird zwar nicht komplett, aber immerhin für den zivilen Bereich beendet, wodurch Österreichs Vertreter im Brüsseler NATO-Hauptquartier wieder akkreditiert werden kann.

Cavusoglu machte allerdings auch klar, dass "man nicht erwarten kann, dass solche Schritte nur von der Türkei gesetzt werden". In diesem Sinn habe man sich auch auf bilaterale Maßnahmen geeinigt. Der Antwort auf die Frage, wie in diesem Zusammenhang österreichische Maßnahmen aussehen könnten, wichen allerdings beide Minister elegant aus. Kneissl machte nur klar, was nicht dazugehört: Ein Abgehen Wiens von der Forderung nach einem Ende der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara. "Diese Frage haben wir ganz bewusst ausgeklammert und uns auf bilaterale Fragen konzentriert."

Cavusoglu hatte dazu allerdings doch anzumerken, dass Ankara "wie jedes andere Land auch" behandelt werden wolle. Es könne nicht sein, dass die Beitrittsfrage von "populistischen Politikern ausgenützt" werde. "Wenn wir die Kriterien erfüllen, soll das nächste Verhandlungskapitel eröffnet werden - wenn nicht, dann nicht." Vom österreichischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 erwarte man, diese Frage "ehrlich, objektiv und gerecht" anzugehen

Gegenseitige Wünsche

Dass die Demonstranten vor dem Außenministerium auch Fahnen mit dem Bild von PKK-Führer Abdullah Öcalan schwenken konnten, sollte für Cavusoglu im Übrigen nicht möglich sein: "Terroristen sollten sich hier nicht wie im Himmel fühlen", forderte ein er Verbot von Symbolen der auch von der EU als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans.

Auch vonseiten Österreichs gibt es Wünsche: Was die Ausbildung von türkischstämmigen Imamen in Österreich betrifft - das Islamgesetz setzt ja den Abschluss eines islamisch-theologischen Studiums oder eine gleichwertige Ausbildung sowie Deutschkenntnisse auf Maturaniveau voraus - "wissen wir die türkischen Bemühungen sehr zu schätzen", sagte Kneissl und verwies auf ein "wechselseitiges Interesse, dass die theologische Ausbildung mit Betonung auf Theologie und nicht eines politischen Konzeptes geht."

Cavusoglu bekräftigte das Interesse Ankaras, "dass der Islam von den richtigen Quellen aus gelehrt wird", dafür werde die staatliche Religionsbehörde wie auch der türkisch-islamische Verein ATIB - der größte Betreiber von Gebetshäusern in Österreich - im Sinne einer Unterstützung gegen Radikalismus arbeiten. Cavusoglu stellte auch die Gründung einer eigenen Fakultät für islamische Theologie in Österreich in den Raum.
 

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