Der AK-Präsident fordert mehr Steuern für die "obersten zehn Prozent".
Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel hat am Sonntag in der ORF-TV-"Pressestunde" neuerlich für "Steuergerechtigkeit" plädiert. Seine zentralen Forderungen dazu sind die Vermögensbesteuerung für die "obersten zehn Prozent" und der Kampf gegen Steuerhinterziehung - um die steuerliche Belastung der Arbeit reduzieren zu können. "In Bälde" will Tumpel gemeinsam mit ÖGB-Präsident Erich Foglar ein Steuerkonzept vorlegen.
Freigrenze vorstellbar
In der "Pressestunde" nannte Tumpel ein paar Zahlen: Bei der Vermögensbesteuerung kann er sich eine Freigrenze von einer Mio. Euro vorstellen - wobei es ihm um Finanzvermögen und Grundstücke geht und nicht um "Schnüffeln, ob jemand einen Pelzmantel hat". Wie viel man damit einnehmen könnte, bezifferte er nicht; er erwartet aber ein "beträchtliches Aufkommen" durch Vermögenssteuer und das Schließen von Steuerlücken etwa bei Stiftungen. Die Finanztransaktionssteuer - auf deren Einführung er ebenfalls drängte - könnte 1,8 Mrd. bringen und durch den Kampf gegen Steuerhinterziehung könnte man "mindestens zwei Mrd." aufbringen, schätzte der AK-Präsident.
Die Vermögenssteuer solle nicht den Mittelstand treffen, meinte Tumpel, angesprochen auf die ÖVP-Vorbehalte. Ihm gehe es um jene zehn Prozent an der Spitze, die 60 Prozent des Finanzvolumens und 85 Prozent des Grundvermögens halten. Das sei "nicht der Mittelstand", sondern "weit davon entfernt". Diese obersten zehn Prozent würden 40 Prozent der Abgabenbelastung tragen, die untersten zehn Prozent 37 Prozent - "das ist nicht gerecht".
"Wichtiges Thema"
Tumpel hält die "Frage der sozialen Gerechtigkeit" für ein "ganz wichtiges Thema" - auch im Hinblick auf die Politik der SPÖ und die guten Umfragewerte der FPÖ. Er riet der Sozialdemokratie und der Regierungsmannschaft zu einer Politik, bei der die Arbeitnehmer erkennen, "dass sie zu ihrem Wohl ist". Von einer Koalition der SPÖ mit der FPÖ würde Tumpel wenig halten, er sieht dafür keine Andockpunkte.
Zum Thema Pensionen verwies Tumpel auf die laufenden Sozialpartnerverhandlungen über Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Antrittsalters. Demnächst sollte ein Experten-Bericht vorliegen, dann werde man sehen, ob man Übereinstimmungen findet.
Kritik von fast allen Seiten
Von fast allen Seiten - ausgenommen die SPÖ - kam Kritik für Tumpels Ausführungen. Die ÖVP unterstrich einmal mehr ihr Nein zu einer neuen Vermögensbesteuerung.
"Mit dem Wirtschaftsbund und der ÖVP werden keine neuen Vermögenssteuern eingeführt werden, die unserem Wirtschaftsstandort massiv schaden und zu Lasten des Mittelstandes gehen", betonte VP-Abg. und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Vermögensbezogene Steuern würden den Mittelstand und Familien belasten, meinte ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl.
Christoph Neumayer, der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, attestierte Tumpel "Klassenkampfrhethorik" - und hielt der Arbeiterkammer vor, nur bei neuen Belastungen der Leistungsträger und Unternehmen kreativ zu sein.
Tumpel sei als "Pflichtverteidiger der Stillstandsregierung" aufgetreten, meinte hingegen FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl, der von "phantasielosen und langweiligen" Ausführungen sprach. "Oberflächlichkeit und Ideenlosigkeit" warf die Grüne ArbeitnehmerInnensprecherin Birgit Schatz dem AK-Präsidenten vor, er habe nur "Themen aus der Sozialpartnerurzeit lauwarm wiedergekaut". "Dieser AK-Präsident ist einfach ideen- und visionslos", befand BZÖ-Arbeitnehmersprecher Sigisbert Dolinschek.