ÖVP dagegen

U-Ausschuss lädt über 260 Zeugen vor

14.03.2008

Der U-Ausschuss zur Affäre im Innenministerium hat gegen die Stimmen der ÖVP sein Arbeitsprogramm beschlossen. Über 260 Zeugen werden befragt.

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© APA, Die Abstimmung zur Einsetzung des U-Ausschusses
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Der Untersuchungsausschuss zur Innenministeriums-Affäre hat am Freitag das erwartete Monsterprogramm beschlossen: 260 Zeugenladungen (viele müssen mehrmals aussagen), Sitzungstermine bis Ende September und eine detaillierte Liste mit Aktenanforderungen an fünf Ministerien. Gleich zwei Verfahrensanwälte sollen über die Einhaltung der Spielregeln wachen. Ausschuss-Vorsitzender Peter Fichtenbauer (F) nannte das Programm schlicht "gewaltig". Abgesegnet wurde es mit den Stimmen von SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ. Die ÖVP stimmte trotz Zugeständnissen der anderen Fraktionen dagegen.

Namhafte Zeugen geladen
Die Ladungsliste liest sich wie ein Who is Who von Politik und Verwaltung: Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) und seine Vorgänger Wolfgang Schüssel (V), Viktor Klima (S) und Franz Vranitzky (S), Vizekanzler Wilhelm Molterer (V), Innenminister Günther Platter (V), sein Vorgänger Ernst Strasser (V), Justizministerin Maria Berger (S), die früheren Minister Karl-Heinz Grasser (V) und Karin Gastinger, EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner (V) sowie zahlreiche weitere Politiker, Kabinetts-Mitarbeiter und Spitzenbeamte sollen aussagen. Dazu noch Privatpersonen wie der einflussreiche Industrielle Martin Schlaff.

Auslöser: Haidinger-Vorwürfe
Entsprechend lang ist auch die Liste der Themen, die sich der Ausschuss vorgenommen hat: An erster Stelle steht die Aufklärung der vom früheren Kripo-Chef Herwig Haidinger losgetretenen Vorwürfe um angeblichen Machtmissbrauch der ÖVP im Innenministerium (sie soll u.a. versucht haben, von der Polizei Wahlkampfmunition gegen die SPÖ zu erhalten und Ermittlungspannen im Entführungsfall Kampusch unter der Decke zu halten). Nachgegangen wird aber auch Parteibuchwirtschaft bei Postenbesetzungen, der Tätigkeit des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA), den Parteienfinanzierungs-Vorwürfen gegen die SPÖ im Zusammenhang mit der BAWAG-Affäre, der "Visa-Affäre" sowie Polit-Interventionen im Zusammenhang mit einem Steyr-Waffendeal im Iran und mit öffentlichen Auftragsvergaben.

Insgesamt hat der Ausschuss acht "Beweisthemen" abzuarbeiten. Vorsitzender Peter Fichtenbauer rechnet mit zumindest 40 achtstündigen Sitzungen, was rund sechs Monate dauern könnte. Eine 61 Punkte umfassende Liste mit Akten-Anforderungen wurde am Freitag an die fünf involvierten Ministerien (Inneres, Justiz, Finanzen, Äußeres und Verteidigung) geschickt. Über Ostern sollen die ersten Unterlagen studiert werden, die ersten konkreten Zeugenladungen kann es dann bei der nächsten Sitzung am 2. April geben. Über die Einhaltung der Spielregeln wachen sollen gleich zwei Verfahrensanwälte, die ehemaligen Generalprokuratoren Gottfried Strasser und Walter Presslauer.

Tauziehen um Beweisanträge
Dem Beschluss war ein vierstündiges Tauziehen um Beweisanträge und Auskunftspersonen vorangegangen. Die ÖVP wollte rund 100 der 250 Zeugenladungen streichen. ÖVP-Fraktionschef Helmut Kukacka hatte schon vor der Sitzung von einem "Kraut und Rüben-Ausschuss" gesprochen und beklagte im Anschluss, dass vorwiegend ÖVP-nahe Zeugen geladen werden sollen. Das Nein seiner Fraktion begründete er mit Datenschutzbedenken. Sein Wunsch, den Beschluss zu vertagen und den Beweisantrag von den Verfahrensanwälten prüfen zu lassen, wurde jedoch abgelehnt - allerdings setzten die anderen Fraktionen einige von der ÖVP gewünschte Zeugen auf die Liste, die Parteienfinanzierungs-Vorwürfe gegen die SPÖ wurden im Zeitplan vorgezogen.

SPÖ-Parteienfinanzierung wird nicht behandelt
Der Forderung Kukackas, die Parteienfinanzierungs-Vorwürfe gegen die SPÖ gemeinsam mit den Machtmissbrauchs-Vorwürfen gegen die ÖVP zu verhandeln, konnte man laut Ausschuss-Vorsitzendem Fichtenbauer aber nicht nachkommen. "Um das Gleichgewicht des Schreckens herzustellen, kann nicht die innewohnende Logik des Untersuchungsausschusses gestört werden", argumentierte der FP-Justizsprecher. Die ÖVP sei nun einmal von den Vorwürfen "am meisten betroffen". Es werde aber "keine Polit-Show" geben, versicherte Fichtenbauer.

"Dr. No"
Die anderen Fraktionen fanden schärfere Worte für das Verhalten der ÖVP: BZÖ-Obmann Peter Westenthaler sprach von "Obstruktion" und bezeichnete Kukacka als "Dr. No". "Im Gegensatz dazu wird das BZÖ für volle Aufklärung im Sinne des Prüfauftrages sorgen", so Westenthaler. SP-Fraktionschef Rudolf Parnigoni kritisierte, die ÖVP "hat sich einer Mitarbeit entzogen". Und Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz sieht im Nein der Volkspartei den Beweis, dass SPÖ und ÖVP nicht miteinander können.

Folgende Zeugen werden beim Ausschuss vorgeladen:

Die Liste:

1. Machtmissbrauch

Erster Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Philipp Ita
Wolfgang Gattringer
Johannes Rauch
Andreas Pilsl
Bernhard Treibenreif
Helmut Salomon
Erik Buxbaum
Gerhard Schneider

Zweiter Themenkomplex:
Karin Gastinger
Karl-Heinz Grasser
Matthias Winkler
Heinrich Traumüller
Kurt Pribil
Andreas Pilsl

Dritter Themenkomplex:
Wilhelm Molterer
Herwig Haidinger
Philipp Ita

Vierter Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Benita Ferrero-Waldner
Martin Schlaff
Erich Zwettler
Mathias Wechner
Günther Platter
Maria Berger
Wilhelm Molterer
Christian Switak
Albin Dearing
Ralf Böckle
Franz Lang
Erik Buxbaum

Fünfter Themenkomplex:
Günther Platter
Alois Lissl
Iris Müller-Guttenbrunn
Christian Switak
Mathias Wechner
Bernhard Treibenreif
Mathias Vogl
Andreas Pilsl
Martin Kreutner
Karl Hutter
Günther Simonitsch

Sechster Themenkomplex:
Erwin Pröll
Gerhard Karner
Martin Kreutner
Günther Platter
Christian Switak
Mathias Wechner
Bernhard Treibenreif

Siebter Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Georg Bürstmayr
Martin Kreutner
Christoph Ulmer
Peter Webinger
Ernst Strasser
Nadja Lorenz
Andrea Ranninger

Achter Themenkomplex:
Oskar Gallop
Josef Bodner
Hermann Wallensteiner
Martin Kreutner

Neunter Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Philipp Ita
Doris Ita
Martin Kreutner
Franz Lang
Erik Buxbaum
Peter Goldgruber
Roland Horngacher

Zehnter Themenkomplex:
Friedrich Alexander König
Peter Gildemeister
Werner Pleischl
Gerhard Pürstl
Maria Berger
Albin Dearing
Thomas Geiblinger

2. Besetzungen

Herwig Haidinger
Wolfgang Jung
Thomas Mais
Rainer Holenia
Gert Polli
Martin Kreutner
Christoph Ulmer
Franz Schnabl
Johannes Rauch
Michael Kloibmüller
Oskar Gallop
Andreas Pilsl
Mathias Vogl
Gerhard Karner
Norbert Darabos
Stefan Kammerhof
Albin Dearing
Ernst Strasser
Christian Switak
Oskar Strohmayer
Franz Einzinger
Herbert Anderl
Hans Stefan Hintner
Bernd Toms
Klaus Schneeberger
Michael Spindelegger
Maria Fekter
Erwin Pröll
Liane Machtlinger-Schweda
Ernst Strasser
Günther Platter
Maria Berger

3. Verdacht von Vertuschung

Erster Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Hans-Peter Kronawetter
Walter Pöckhacker
Zeugin 21-Jahre
Max Friedrich
Karl Mahrer
Nickolaus Koch
Franz Lang
Erik Buxbaum
Norbert Leitner
Ludwig Adamovich
Karl Schlögl
Petra Woller
Philipp Ita
Bernhard Treibenreif
Andreas Pilsl
Martin Kreutner
Günther Platter
Christian Switak

Zweiter Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Roland Horngacher
Gerhard Pürstl
Ernst Geiger
Ernst Strasser
Peter Stiedl
Erik Buxbaum
Philipp Ita
Friedrich Alexander König
Adolf Wala
Adi Kirchov
Roland Frühwirth
Helmut Elsner
Martin Schlaff
Martin Kreutner
Franz Wohlfahrt
Grete Laska

Dritter Themenkomplex:
Dieter Böhmdorfer
Ernst Strasser
Michael Klackl
Erich Wetzer
Stefan Erdei
Roland Horngacher
Leopold Mayerhofer
Jörg Haider
Ewald Stadler
Josef Kleindienst

 

4. BIA

Erster Themenkomplex:
Herwig Haidinger
Martin Kreutner
Patrik Kutschi
Philipp Ita
Heinz Gehl
Georg Krakow
Herwig van Staa
Walter Pupp
Markus Wilhelm
Heinz-Jürgen Mastalier

Zweite Themenkomplex:
Michael Sika
Oswald Kessler
Caspar Einem
Karl Schlögl
Franz Löschnak
Bassam al Taher
Robert Sturm
Peter Heindl
Sigrun Tretter
Fritz Maringer

Dritter Themenkomplex:
Walter Unger
Martin Kreutner
Kurt Mitterberger
Gert Polli
Theodor Thanner
Michael Kloibmüller
Adolf Winkler
Franz Widrich
Robert Pelousek
Martin Platzer

Vierter Themenkomplex:
Werner Pürstl
Martin Kreutner
Patrik Kutschi
Georg Krakow
Peter Gildemeister
Werner Pleischl

5. Parteienfinanzierung

Erster Themenkomplex:
Walter Flöttl sen.
Helmut Elsner
Fritz Verzetnitsch
Franz Vranitzky
Viktor Klima
Alfred Gusenbauer
Rudolf Hundstorfer
Gerhard Müldner
Clemens Schneider
Günter Wenninger
Herbert Tumpel
Erich Foglar
Fritz Neugebauer
Alexander Czauderna
Manfred Felix
Christoph Matznetter

Zweiter Themenkomplex:
Walter Flöttl sen.
Helmut Elsner
Johann Hartl
Wolfgang Flöttl
Georg Krakow

6. VISA

Berndt Körner
Eva Neumann
Peter Widermann
Peter Wilfling
Karl August Lux
Otto Gumpinger
Johannes Dullnig
Benita Ferrero-Waldner
Karl Schlögl
Andrea Sandhacker
Helmut Edelmayer
Friedrich Alexander König
Manfred Ortner
Karin Gastinger
Peter Stolz
Manuela Stolz
Ursula Plassnik
Peter Jankowitsch

7. Waffenlieferungen

Herwig Haidinger
Philipp Ita
Wolfgang Fürlinger
Wolfgang Schüssel
Günther Platter
Ursula Plassnik
Martin Falb
Walter Grosinger
Gert Polli
Thomas Mayr-Harting
Matthias Vogl

8. Auftragsvergaben

Herwig Haidinger

Adonis:
Martin Katzer
Hansjörg Tengg
Andreas Palffy
Dietmar Appeltauer
Elisabeth Profanter
Oliver Schmerold
Stefan Semlegger
Hans-Joachim Wirth
Bernhard Krumpel
Wolfgang Gattringer
Andrea Varga
Ernst Strasser

Mauthausen:
Philipp Ita
Doris Ita
Jaroslav Chomiak
Herwig Mayer
Helmut Prugger

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