Nach den Emails des Ex-ÖVP-Innenministers zu parteipolitischer Postenvergabe wurden nie ermittelt. Die Amtsmissbrauchs-Anzeige verjährte.
Erstaunliche Details über den Umgang der Staatsanwaltschaft mit den 2008 veröffentlichten "Strasser-Mails" förderte der Untersuchungsausschuss am Donnerstag zutage. Die Emails gewährten Einblick in parteipolitisch motivierte Postenbesetzungen in der Ära des früheren ÖVP-Innenministers Ernst Strasser. Ermittelt wurde von der Staatsanwaltschaft aber vor allem über die Frage, wie die Emails an die Öffentlichkeit gelangten, während der ebenfalls angezeigte Amtsmissbrauchs-Vorwurf gegen das Ministerbüro verjährte. Der Staatsanwalt gab an, die entsprechende Anzeige in seinem Akt "übersehen" zu haben.
Jobs nach Parteifarbe besetzt
Die Emails zeigen, wie
Personalentscheidungen im Kabinett Strassers in den Jahren 2001 und 2002
diskutiert wurden. So warnte Personalchef Ernst Kloibmüller den Minister vor
einem Polizisten, für den zwar ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll interveniert
hatte, der aber der SPÖ zugerechnet wurde: "der von pröll
angesprochene kandidat ist nicht unsererer!!!! (...) man sollte lh von
weiterem engagement abraten." Selbst bei der Errichtung von
Polizeidienststellen zählten demnach parteipolitische Kriterien (konkret die "Farbe"
der jeweiligen Bürgermeister).
Pilz hat kein Verständnis
Der Grüne Sicherheitssprecher
Peter Pilz, der die Emails damals veröffentlicht hatte, kritisierte den
Umgang der Staatsanwaltschaft mit dem Thema. Bei ihr gingen nämlich 2008
zwei Anzeigen ein: Eine gegen das Ministerbüro wegen Amtsmissbrauchs sowie
eine Anzeige Strassers, der von "gestohlenen Emails" sprach und
den Daten-Diebstahl geklärt wissen wollte. Pilz warf dem Staatsanwalt vor,
keine Ermittlungsschritte gesetzt zu haben, obwohl der
Amtsmissbrauchs-Verdacht bereits "akut von Verjährung bedroht war".
150 Seiten-Akt "übersehen"
Der zuständige
Staatsanwalt Christian Walzi verwies darauf, dass auch zusätzliche
Ermittlungsschritte seinerseits nach damaliger Rechtslage nichts an der
drohenden Verjährung (fünf Jahre nach der jeweiligen Postenbesetzung)
geändert hätten. Allerdings räumte Walzi ein, dass er die entsprechende, 150
Seiten starke Anzeige in dem von seinem Vorgänger übernommenen Akt "übersehen"
habe: "Mir ist dieses Email-Konvolut entgangen, bei meinen Ermittlungen."
Sehr wohl ermittelt wurde allerdings in Sachen Daten-Diebstahl - wobei Walzi einräumte, sich bei seinem Vorgehen weitgehend an die in der Anzeige geäußerten Wünsche Strassers gehalten zu haben. "Mein Ermittlungsauftrag hat sich mit den Anregungen des Dr. Strasser gedeckt, ja", sagte Walzi. Strasser hatte u.a. die Beschlagnahme des Pilz zugespielten Datenträgers mit den Emails angeregt. In der Folge bat Walzi das mit den Ermittlungen beauftragte Büro für Interne Angelegenheiten darum, eine Beschlagnahme anzuregen.
Durchgeführt wurde die Beschlagnahme schließlich nie. Möglich wäre sie laut Walzi gewesen, weil Par. 111 der Strafprozessordnung die Beschlagnahme von "Gegenständen oder Vermögenswerten, die sichergestellt werden sollen" regelt - explizit auch von Datenträgern. "Die Frage der Immunität des Abgeordneten Pilz ist mir natürlich gekommen", so Walzi - allerdings habe die Beschlagnahme ohnehin nicht stattgefunden.
Akten-Einstufung begründen
Nationalratspräsidentin Barbara
Prammer (S) hat sich mit den fünf Parlamentsparteien auf die weitere
Vorgehensweise in Sachen Akten-Geheimhaltung
geeignet. Die Weisung, wonach sämtliche an den Untersuchungsausschuss
gelieferten Unterlagen als "geheim" eingestuft werden, ist damit wieder
aufgehoben. Stattdessen sollen die Ministerien künftig genauer
unterscheiden, ob ein Akt als "vertraulich" oder als "geheim" eingestuft
wird. Ist Zweiteres der Fall, soll das künftig begründet werden.
Nachdem das Obduktionsergebnis des bei einem Alko-Unfall gestorbenen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider (B) an die Medien gelangt war, hatte das BZÖ den Verdacht in den Raum gestellt, der Akt könnte aus dem U-Ausschuss weitergegeben worden sein. Prammer erklärte daraufhin alle neu in den Ausschuss gelieferten Unterlagen bis auf weiteres zu "geheim"-Akten. Anders als "vertrauliche" Unterlagen dürfen diese Akten damit von den Abgeordneten weder kopiert noch eingescannt werden.
Nächste Sitzung: 6. Oktober
Um 18.00 Uhr wurde der Ausschuss
beendet. Die nächste Sitzung ist für 6. Oktober angesetzt.