Das Justizministerium prüft "religiös motivierte Handlungen".
Das umstrittene Wiener Totschlag-Urteil könnte über kurz oder lang eine Gesetzesänderung nach sich ziehen. Die Sprecherin von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) bestätigte "Überlegungen" zu Justierungen im Strafrecht, indem man sich "religiös motivierte Handlungen", die Gewalt oder Nötigung darstellen, ansehen will.
Religiös motivierte Handlungen prüfen
Es gebe derzeit "diverse
Überlegungen, wie Gewalt in der Familie strafrechtlich stärker geahndet
werden kann", hieß es. Hier wolle man auch "religiös
motivierte Handlungen, die nach österreichischen Recht als Gewalt oder
schwere Nötigung zu qualifizieren sind", prüfen.
Empörung über Urteil
Hintergrund der Debatte ist das
Urteil des Wiener Straflandesgerichts, mit dem einem gebürtigen Türken, der
seine scheidungswillige
Ehefrau niedergestochen hatte, eine "allgemein begreifliche,
heftige Gemütsbewegung" zugestanden wurde. Die Empörung
war allerorten so groß gewesen, dass das Ministerium schließlich
per Erlass an sämtliche Oberlandesgerichte und Oberstaatsanwaltschaften
klarstellte, "dass nach Lehre und Rechtsprechung weder die
Ausländereigenschaft im Allgemeinen noch die Herkunft aus einem bestimmten
Land für sich genommen den Grad der Heftigkeit einer Gemütsbewegung und die
allgemeine Begreiflichkeit einer heftigen Gemütsbewegung zu begründen
vermögen".
"Kulturdelikte" unwahrscheinlich
Eher unwahrscheinlich
scheinen freilich nach wie vor die Chancen, dass neue "Kulturdelikte",
wie es Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) schon 2008 genannt hatte, neu ins
Strafrecht eingeführt werden. Juristen haben wiederholt darauf hingewiesen,
dass für solche Delikte ausreichend Strafnormen bestehen.