ÖSTERREICH
Umfrage: Mehrheit ist für Wehrpflicht!
06.10.2010Nur 38% für Berufsheer. Aber: Mehrheit will Volksbefragung.
Überaschendes Ergebnis: In der aktuellen Gallup-Umfrage sprechen sich 43 Prozent für die Beibehaltung der Wehrpflicht aus.
Abschaffung 2011
Der Polit-Streit um die Wehrpflicht wird immer heftiger. Die ÖVP wirft der SPÖ "reine Wahlkampf-Gags" vor, weil die Roten neuerdings für eine Volksbefragung über die Abschaffung der Wehrpflicht sind. Diese soll – wie berichtet – 2011 kommen.
Die erste Umfrage nach dem SPÖ-Vorstoß für eine Volksbefragung über ein Wehrpflicht-Aus sorgt indes für eine Überraschung: Die Gallup-Umfrage (800 Telefon-Interviews, durchgeführt diese Woche) zeigt nämlich:
- Nur 39 % sind derzeit "für die Abschaffung der Wehrpflicht" sind. 43 Prozent der Befragten sprechen sich hingegen gegen die Abschaffung aus.
- In der Gallup-Umfrage vom 25. Juli waren noch 50 Prozent für die Abschaffung der Wehrpflicht. 43 % lehnten ein Berufsheer ab.
Mehrheit findet Volksbefragung "gut"
Für SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos ist das Ergebnis keine Überraschung. Denn er hält trotz SPÖ-Schwenks an der Wehrpflicht fest. Er würde in einer Volksbefragung "für die Wehrpflicht stimmen", sagte er gestern im Interview.
Die von Wiens (wahlkämpfenden) SP-Bürgermeister Michael Häupl forcierte Forderung einer Volksbefragung über die künftige Heeresform empfinden aber immerhin 45 Prozent der Befragten für "eine gute Idee". 42 Prozent können einer Volksbefragung nichts abgewinnen.
Männer und Junge für die Wehrpflicht
In der neuen Umfrage zeigt sich, dass Männer mit 45 % stärker gegen das Wehrpflicht-Aus sind als Frauen (41 %). Auch nach Partei-Präferenzen und Berufsgruppen gegliedert, gibt es klare Unterschiede:
- Die größten Gegner eines Berufsheers sind mit 61 Prozent VP-Wähler. Die stärksten Fans für ein Wehrpflicht-Ende finden sich mit 64 Prozent unter Grün-Votern.
- Mit 55 Prozent sind die "Hausfrauen" die größten Befürworter der Abschaffung. "Arbeiter" lehnen sie mit 57 Prozent am klarsten ab.
- Erstaunlich ist auch, dass 52 Prozent der unter 30-jährigen gegen ein Wehrpflicht-Aus sind. Während immerhin 40 Prozent der über 50-jährigen für eine Abschaffung wären.
Wie eine Volksbefragung 2011 über die Wehrpflicht tatsächlich ausgehen würde, bleibt also spannend.
Gerald Karner: So desolat ist unsere Armee
Der renommierte Militär-Experte Gerald Karner analysier den Zustand des Bundesheeres: ein vernichtendes Urteil.
Gerald Karner, (c) TZ Österreich/Bruna/Kernmayer
Über den Zustand der Kasernen:
"Die meisten Kasernen sind in einem katastrophalen Zustand. Das ist auch ein Grund, warum es vernünftig wäre, die Wehrpflicht aufzugeben. Allerdings müsste sich die Republik im Falle einer Abschaffung der Wehrpflicht von der überflüssig gewordenen Infrastruktur wirklich trennen. Schafft sie das nicht, wäre das extrem unökonomisch."
Über die Ausrüstung des Bundesheeres:
"Uniformen, Bedarfsartikel & Co. sind ja nur Peanuts. Das größte Problem ist derzeit, dass das Heer nicht in der Lage ist, das hochmoderne Gerät, das es ja gibt, zu betreiben. Es fehlt etwa an Mitteln für Treibstoff. Stattdessen soll das Gerät eingemottet werden. Das ist Wahnsinn."
Über den Zustand der Waffen:
"Wir haben etwa 114 hochmoderne Kampfpanzer der Type Leopard 2 und 110 Schützenpanzer Ulan angeschafft, die sind alle technisch am neusten NATO-Standard. Und das Schlimme ist: Sie liegen brach."
Über elektronische Ausrüstung:
"Mit unserer derzeitigen technischen Ausrüstung wären wir nicht in der Lage, effektiv gegen Cyber-War-Angriffe vorzugehen. Das Bundesheer müsste umrüsten und investieren, um potenzielle elektronische Bedrohungen tatsächlich abwehren zu können. Dazu gibt es aber derzeit eindeutig zu wenig Budget."
Über den Personalstand:
"Mit einem deutlich geringeren Personalstand würde auch ein Großteil der teuren Infrastruktur überflüssig werden. Man könnte mehr Geld in weniger und dafür effizientere Infrastruktur investieren."